Edelmetalle: Ausblick 2008
Veröffentlich am 14.01.2008 14:59 Uhr von Eugen Weinberg
Die Edelmetalle zeigten im vergangenen Jahr ein gemischtes Bild. Nachdem sie bis zur Jahresmitte einen engen Gleichlauf aufwiesen, stellte die Subprime-Krise, welche im August ihren Höhepunkt erreichte, eine wichtige Zäsur dar. Das Jahr 2008 dürfte ein gutes Jahr für die Edelmetalle werden. Niedrige Realzinsen, hohe Inflation sowie die Angst vor einem Wirtschaftsabschwung begünstigen weiteres Investoreninteresse.
Während die primär industriell verwendeten Edelmetalle Silber, Platin und Palladium deutliche Einbrüche erleiden mussten, wurde Gold seiner Rolle als sicherer Hafen in unruhigen Zeiten gerecht. Das gestiegene Sicherheitsbedürfnis der Anleger führte beim Goldpreis zu einem Anstieg von knapp 200 USD von den Tiefstständen im August. Bei den übrigen Edelmetallen konnte sich vor allem Platin besonders hervortun, da hier das Angebot aus den südafrikanischen Minen voraussichtlich zum ersten Mal seit sieben Jahren zurückgehen wird und die Nachfrage getrieben durch die boomende Autonachfrage in den Schwellenländern weiter hoch bleiben sollte.
Gold
Wir rechnen damit, dass das erste Quartal des neuen Jahres wieder von denselben Faktoren getrieben werden dürfte wie die zweite Hälfte des Jahres 2007: Inflationsangst, niedrige Realzinsen und hohe Risikoaversion der Investoren.
Die US-Realzinsen befinden sich aktuell nahe Null. Der Vorteil von zinstragenden Wertpapieren gegenüber einem Goldinvestment ist aus Investorensicht somit stark reduziert. Darüber hinaus hat die Inflationsangst durch die gestiegenen Rohstoffpreise, insbesondere im Agrarsektor, die Medien und das breite Publikum erreicht. Anlagen in Gold erscheinen angesichts der Performance von knapp 32% auf Dollarbasis in 2007 nun nicht mehr nur für Außenseiter interessant, was sich auch in den im vergangenen Jahr stark gestiegenen Volumen der ETFs sowie der Ausweitung des Open-Interest an der New Yorker Terminbörse COMEX zeigt.
Die Risikoaversion der Anleger, welche sich im Zuge der Subprime-, Immobilien- und Bankenkrise ab Mitte 2007 drastisch erhöhte, hält weiter an und dürfte zumindest in den ersten beiden Quartalen Goldinvestments weiter positiv beeinflussen. So wurden in Deutschland im Jahr 2007 bis Ende November laut BVI knapp 14,6 Mrd. EUR aus Aktienfonds abgezogen, aus Rentenfonds sogar 15 Mrd. Dieses Geld wurde nun großteils (26 Mrd. Zuflüsse) in Geldmarktfonds investiert.
Zentralbankverkäufe
Wie rechnen abermals damit, dass das Kontingent der Zentralbanken nach dem CBGA nicht ausgeschöpft wird. Viele Zentralbanken, insbesondere die Bank of England und die Schweizer Nationalbank müssen sich heute schon fragen lassen, warum sie zu Tiefstpreisen ihre Goldbestände verkauft haben. Eine bessere Vermögensanlage stellen festverzinsliche Fremdwährungsanleihen in den vergangenen sechs Jahren mit Sicherheit nicht dar. Die EZB hat im November bereite 42 Tonnen verkauft, Frankreich im Oktober 20 Tonnen. Die Niederlande im Oktober 16,5 Tonnen. Die Schweiz hat von Juli bis November sogar knapp 110 Tonnen Gold verkauft! Währendessen kaufte Russland im August 10,08 t, im September10,3 Tonnen und im Oktober9,7 Tonnen des gelben Metalls. Der StreetTracks Gold ETF hat zum Jahresende die Zentralbank der Niederlande als siebtgrößte Goldhalter abgelöst. Wir rechnen damit, dass sich die Privatisierung der Goldbestände in 2008 weiter fortsetzten wird, jedoch die Verkäufe der westlichen Notenbanken deutlich nierdriger ausfallen dürften ais vom Markt erwartet und die Zentralbanken der Schwellenländer weiterhin ihre anschwellenden Devisenreserven mir der Alternativwährung Gold diversifizieren werden.
Realzinsen
Im August haben wir unsere Kunden bereits darauf hingewiesen, dass eine niedrige bzw. negative Realverzinsung ein sehr guter Indikator für steigende Goldpreise ist und deutlich steigende Preise vorhersagt. Laut unseren Volkswirten wird die Realverzinsung in den USA über das erste Quartal anhalten und Anfang des zweiten Quartals das Tief erreichen und daraufhin das ganze Jahr hindurch anziehen. Im Zuge dessen erwarten wir die Ausbildung eines mittelfristigen Hochs des Goldpreises Ende des ersten Quartals.
Saisonalität
Diese Tendenz wird auch von dem typischen saisonalen Verlauf (Grafik 2) bestätigt. Der Goldpreis neigt gewöhnlich nach einer Stärkephase zu Anfang des Jahres im zweiten Quartal zu einer Korrektur welche erst Mitte des dritten Quartals bzw. zum Jahresende wieder zu höheren Preisen führt.
Fazit
Wir rechnen für das Jahr 2008 mit einem guten Start und halten im ersten Quartal kurzfristig sogar Preise von 1.000 USD für realistisch.Wir glauben jedoch nicht daran, dass sich dieses Niveau über das Jaht halten kann, sondern sehen, ähnlich wie beim Ölmarkt, die runde Zahl als mittelfristiges Ende der Fahnenstange. Aud Grund dieser Tatsache, dass Goldinvestments von vielen Investoren seit Mitte 2007 erstmals nach dem Ende der Hausse Anfang der 1980er Jahre wieder als ernstzunehmende Anlageklasse angesehen werden und relativ viel kurzfristig orientiertes Kapital in diesem Sektor allokiert wurde, erwarten wir in diesem Jahr eine erhöhte Volatilität des Goldpreises sowie einen höheren Gleichlauf mit anderen Anlageklassen. Dies war in 2007 insbesondere an der hohen Sensitivität des Goldpreises zum Wechselkurs USD/JPY bereits zu erkennen. Der Goldpreis sollte unserer Meinung jedoch bereits Ende des ersten Quartals/Anfang des zweiten Quartals sein Jahreshoch markieren, da die nachlassende Inflation und damit einhergehend steigende Realzinsen die Attraktivität von Goldanlagen mindern. Nach einer kurzfristigen Korrektur und Beruhigung des Marktes halten wir aufgrund der saisonal bedingt steigenden Nachfrage für das vierte Quartal wierder Preissteigerungen in den Bereich von 900 USD für möglich.
Silber
Der Silberpreis dürfte in diesem Jahr wieder in groben Zügen dem Verlauf des Goldes folgen. Wir erwarten für 2008 einen weiterhin sehr hohen Einfluss der Investoren auf den Silberpreis.
Trotz eines Anstiegs von 15% im Verlauf des vergangenen Jahres hinkt Silber seinem großen Bruder Gold deutlich hinterher. Silber wurde wie der Edelmetallsektor im Allgemeinen von der starken Investmentnachfrage getrieben. Der Silberpreis wurde in 2007 weniger der zugrundeliegenden Angebots-Nachfrage-Situation als vielmehr, durch die Investoren bestimmt. So erwartet CPM für das Jahr 2007, wie bereits das Jahr davor, einen Angebotsüberschuss, welcher jedoch als Investorennachfrage angesehen wird. Obwohl die Industrienachfrage abermals gestiegen ist, waren die Nachfrage für Schmuck und Photografie wieter rückläufig. Auf der Angebotsseite sind die Verkäufe von offiziellen Stellen stark zurückgegangen und auch das Recycling von Altschrott hat abgenommen. Demgegenüber ist die Minenproduktion leicht angestiegen. Der Anstieg der Minenproduktion lag innerhalb der Erwartungen von GFMS bei knapp 4%. Wir erwarten für 2008 ein hinter den Erwartungen von GFMS zurückbleibendes Wachstum der Minenproduktion von weniger als 7%. Knapp 75% des geförderten Silbers wird als Bleiprodukt gewonnen und viele Basismetallprodukte mit hohem Silberanteil haben in 2007 bereits starke Erschöpfungserscheinungen erzeigt.
Darüber hinaus dürfte bei den meisten reinen Silberprojekten der Kostendruck, ähnlich wie bei Gold, deutlich zunehmen und neue Projekte deshalb problematisch machen.
Silber hat in der Krisensituation des vergangenen Jahres aber auch gezeigt, dass es primär als Industriemetall wahrgenommen wird und eine Verschiebung der Risikoaversion zu starken Rücksetzern am Silbermarkt führen kann. Wir glauben allerdings, dass Silber sich im ersten Quartal im Schatten des Goldpreises nach oben bewegen wird und kurzfristig bis zu 18 USD erreichen kann. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Silber exzessive Anstiege und massive Intraday-Reversals am Ende von Aufwärtsbewegungen aufweist. Es ist daher sehr wohl möglich, dass der Silberpreis im Verlauf des Jahres an die 20-USD-Marke anstößt bzw. diese kurz überwinden kann. Wir rechnen für das Gesamtjahr mit einer positiven Entwicklung des Silberpreises, gleichwohl sich Investoren auf eine hohe Volatilität vorbereiten sollten.
Platin
Viele wichtige Trends aus 2007 für den Platinmarkt werden uns auch im Jahr 2008 begleiten, gleichwohl wir damit rechnen, dass das stark gestiegene Preisniveau sich auf einige Sektoren auswirken sollte. Die Nachfrage nach Katalysatoren sollte auch 2008 ein Wachstumstreiber für die Platinnachfrage bleiben. Insbesondere die Einführung der nächsten Stufe der EU-Vorschriften Ende 2008 sowie verschärfte Vorschriften in den USA in 2010 sollten zu einer größeren Nachfrage von Platin zur Verwendung in Katakysatoren führen. Darüber hinaus dürfte auch das starke Wachstum in den Schwellenländern und die Einführung von sehr günstigen Automobilen am indischen Markt die Nachfrage nach Platin weiter positiv beeinflussen.
Die hohen Preise für Platin sollten jedoch zu einem verstärkten Angebot von Platin-Schmuck-Schrott aus Asien, besonders China und Japan, führen. Die Nachfrage nach Schmuck sollte trotzdem hoch bleiben, da sich das Interesse der Konsumenten auch in 2007 äußerst robust gezeigt hat und der Wohlstand in den Schwellenländern weiter schnell steigt.
Auch die Rolle der Investoren am Platinmarkt darf nicht unterschätzt werden. Die Einführung von diversen börsengehandelten Fonds in Europa sowie geplante Produkte in Asien und Nordamerika haben besonders durch die hohen Preise im vierten Quartal die Anleger angelockt und somit die Nachfrage verstärkt. Wir rechnen auch in 2008 mit hohem Interesse der Anleger, da viele Investoren eine Diversifizierungsmöglichkeit im Edelmetallsektor neben Gold suchen.
Das Minenangebot aus Südafrika sollte weiterhin durch die Sicherheitsproblematik und Streiks belastet werden. Wir glauben jedoch, dass besonders neue Unternehmen signifikante Produktionssteigerungen aufweisen werden. Der Schlüssel dür das russische Angebot in 2008 wird sein, ob Norilsk Nickel die Produktion so stark erhöhen können wird, um etwaige Ausfällein Südafrika sowie eine gestiegenen Nachfrage zu befriedigen.
Palladium
Obwohl die wirtschaftlichen Aussichten für das neue Jahr etwas schwächer aussehen, dürfte die Palladiumnachfrage auch in 2008 weiter ansteigen. Rund um das aktuelle Preisniveau stellt Palladium ein interessantes Katalysatorenmetall für die Autoindustrie dar. Der Substitutionsprozess bei Benzinkatalysatorenbefindet sich bereits seit Jahrenim Gang und auch 2008 sollte sichdadurch die Palladiumnachfrage erhöhen. Jedoch dürfte sich die Substitutionsrate vermindern, da der Anteil der verbliebenen Nachfrager zum Tausch zurückgehtund ein Teil auch weiterhin auf Platin setzen dürfte.
Positives Wachstumspotential für die Palladiumnachfrage ist in zahlreichen Sektoren vorhanden. Trotz des hohen Recyclingangebots durch Altschmuck dürfte die Netto-Schmucknachfrage hoch bleiben. Darüber hinaus dürfte der gestiegene Wohlstand in den Schwellenländern auch die Nachfrage bei Schmuck weiter antreiben.
Das Wachstum am Elektronikmarkt dürfte im nächsten Jahr etwas geringer ausfallen. Die Substitution von Palladium wird sich fortsetzen, jedoch audgrund der steigenden Absätze in diesem Bereich weiterhin wachsen.
Der Markt für physische Investmentsin Palladiumsollte sich weiter konsolidieren. Es scheint ein nachhaltiges Anlegerinteresse in Münzen und Barren von Privatanlegern sowie ETFs zu bestehen. Wir rechnen mit einem Nachfrageüberschuss bei Investments von 200 Tsd. Unzen, dies sollte die Nachfrage in 2008 stützen.
Auf der Angebotsseite rechnen wir auch bei Palladium mit Risiken für die südafrikanische Minenproduktion. Die Risiken für den Preis liegen auf der Angebotsseite beim Ausbleiben von Streiks und von weiteren Sicherheitsmängeln in den Minen. Die russische Produktion, welche hauptsächlich aus den Minen von Norilsk Nickel stammt, sollte auf dem Niveau von 3 Mio. Unzenbleiben. Ais Risiko für das gesamte Angebot ist jedoch die Möglichkeit von substantiellen Palladiumexporten aus russischen Lagerbeständen zu werten.
Von Seiten der Angebots-Nachfrage-Situation ist jedoch auch für 2008 mit einem Überschuss zu rechnen, was von der fundamentalen Seite wenig Preisspielraum nach oben lässt. Allerdings rechnen wir damit, dass der Einfluss von Finanzinvestoren den Preis nach oben treiben sollte; insbesondere auf Grund des immensen Spreads zwischen Platin und Palladium sowie der Tatache, dass Palladium im Vergleich zum Allzeithoch optisch günstig erscheint. Sollte es also nicht zu einem allgemeinem Verfall der Rohstoffpreise im Jahr 2008 kommen, sollte der Pallladiumpreis in den Bereich von 425 bis 450 USD ansteigen können.
Unsere Prognosen auf einen Blick
© Eugen Weinberg
Senior Commodity Analyst
Quelle: "Rohstoffe kompakt", Commerzbank AG
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