Hebelzertifikate gehören zu den „heißen Eisen“ des Börsengeschäftes. Es sind keine Anlagen und Investitionen sondern reine Wetten, nicht anders als wenn man beim Buchmacher auf ein Pferderennen setzt oder bei Totto auf eine Fußballmannschaft. Wetten versprechen den schnellen Gewinn in den Werbebroschüren, oft aber enden sie mit dem schnellen Verlust. Wenn man damit reich werden könnte, würde es jeder machen, außerdem müssen Verluste und Gewinne sich ungefähr die Waage halten, damit die Buchmacher nicht nur rote Zahlen schreiben. Die Buchmacher, das sind hier die Banken und sog. Emittenten, z. B. Wertpapierhandelshäuser wie Lang & Schwartz, Quotrix usw. Beim Kauf von Zertifikaten besteht grundsätzlich das sog. Emittentenrisiko, d.h. wenn der Emittent Konkurs geht sind die Papiere wertlos. Daher sollten diese auch nicht über lange Zeiträume gehalten werden und vorher sollte man sich das Rating des Handelshauses anschauen. Nicht selten ist das Rating ein B oder sogar C.
Bevor man sich auf dieses heiße Pflaster wagt sollte man die Finanzprodukte mit denen man wettet genau anschauen und vollständig verstanden haben. Dazu werden Broschüren bereit gehalten, die ausführlich erklären welche Chancen und Risiken bestehen. Die Häuser sind dazu gesetzlich verpflichtet auch auf die Risiken einzugehen. Wettscheine gehören zur höchsten Risikoklasse, einige bedeuten nur den Totalverlust des eingesetzten Geldes, bei anderen kann es passieren, dass Sie nachzahlen müssen. Von letzteren (CFDs, Future Handel): Finger weg!
Hat man das Produkt verstanden sollte man sich ein Musterdepot zulegen, was viele Broker und Banken anbieten. In diesem Musterdepot kann man mit Spielgeld üben und schauen wie erfolgreich man ist. Zeitgleich legt man sich ein Money Management zurecht, d.h. wie viel Geld investiert man und wie viel Verlust darf entstehen. Dieser Plan darf unter keinen Umständen verlassen werden, auch nicht mit dem Gedanken „Jetzt hole ich mir das verlorene Geld wieder!“, denn das ist der gefährliche Weg in den Ruin. Wetten können Spielsucht auslösen, dazu gehören auch Börsenwetten. Je tiefer man ins Minus rutscht, desto höher wird die Risikobereitschaft, desto weniger rational handelt man. Es gibt abertausende Zocker, die sich so ruiniert haben.
Erst wenn man im Musterdepot sicher im Sattel sitzt, sollte man mit echtem Geld wetten.
Ich selbst habe viele dieser Grundsätze missachtet: Als ich vor einem halben Jahr anfingt mich für die Börse zu interessieren, kam ich irgendwann zu den Derivaten und Zertifikaten. Sofort entstand der Gedanke: Damit machst Du das große Geld!
Das große Geld machten andere: Nach rund zwei Monaten hatte ich Stück für Stück rund 3000€ verspielt, davon 1500€ an einem einzigen Tag. Das schien doch so einfach, man wettete entweder auf steigende oder fallende Kurse. Nach den ersten Gewinnen wurden die Einsätze immer größer, schließlich stieg ich mit bis zu 5000€ und Hebel 25 in den Markt ein. Das ist so als kaufe man für 125.000€ Aktien. Es war kein Geld mehr sondern nur noch Zahlen.
Als ich eines Morgens auf den DAX schaute stand ich dick im Plus, nahm den Gewinn aber nicht mit, sondern ging zur Arbeit und freute mich der Dinge. Leichtsinn machte sich breit. Wozu ein Stop Loss? Abends dann der große Schock, ich hatte bei plötzlichen 300 Punkten Kursanstieg 1500€ verloren, der Wettschein wurde ausgeknockt während ich auf der Autobahn nach Hause war. Es war nicht existenzbedrohend aber sehr schmerzhaft.
Erst nach diesem traumatischen Erlebnis begann ich systematisch vorzugehen und vor allem ein effektives Money Management einzuführen. D.h. bevor man in den Markt geht muss alles klar sein: Welche Zertifikate werden gekauft, wie viele, welcher Hebel, wo sitzt der Stop Loss, welches Chance/Risiko Verhältnis besteht, wann steige ich aus. Das muss alles vorher klar sein, denn wenn man erst mal die Position aufgebaut hat, ist der Kopf nicht mehr klar, dann läuft die Uhr. Grundsatz: Ein einmal gesetzter Stop Loss wird nicht mehr verändert, niemals! Der Verlust wird realisiert und basta, keine Spielereien den Stop Loss noch etwas höher zu ziehen in der Hoffnung der Kurs falle oder steige wieder.
Wie Hebelzertifikate funktionieren ist hier beschrieben:
www.godmode-trader.de/wissen/index.php/Hebelzertifikate:GrundlagenEs gibt sie von einer Vielzahl von Handelshäusern und Banken. Sie haben so wohlklingende Namen wie „Mini Turbo“ oder „Wave XXL“. Es gibt sie für steigende und fallende Kurse. Von einer Spekulation mit Optionsscheinen rate ich ab, da deren Wert von einer Vielzahl von Parametern abhängt, es durchaus sein kann dass der Optionsschein im Wert sinkt, obwohl der Kurs in die richtige Richtung läuft. Der Vorteil ist nur, dass der Optionsschein nicht wertlos verfällt, wenn er aus dem Geld ist. Überlassen Sie das den Profis wie diese gehandhabt werden.
Hebelzertifikate sind sehr einfach zu handhaben, man sollte aber über ein Depot verfügen, welches Intraday Trading erlaubt. Ein normales Aktiendepot bei der Sparkasse kann das nicht, außerdem sind dort die Transaktionskosten viel zu hoch. Wenn mehr als 6 € pro Trade verlangt werden ist das teuer, denn die Kaufs- und Verkaufskosten müssen immer reingeholt werden.
Wenn man intraday handelt, also Daytrading betreibt, dann dauert ein Trade oft nur wenige Minuten bis ein paar Stunden. Dazu benötigt man Real-Time Charts, die oft kostenpflichtig sind. Alle anderen sind verzögert. Kostenlose Charts gibt es auf
www.godmode-Trader.de, diese sind rund drei Sekunden, was technisch bedingt ist.
In dieser kurzen Zeit sind Kursverläufe so gut wie nicht berechenbar, da sie von allerlei Parameter abhängen. Sie können nur geschätzt werden anhand der Nachrichtenlage und dass es an Widerständen mit Wahrscheinlichkeit runter geht und an Unterstützungen wieder rauf. Diese Unterstützungen und Widerstände werden anhand der Charttechnik ermittelt und sind jeden Tag auf
www.godmode-Trader.de zu lesen, morgens werden sie veröffentlicht. Ich würde es als Spielcasino bezeichnen und nicht jeden Tag gibt es Tradingchancen. An manchen Tagen aber, wenn sich der DAX schön langsam neigt kann man damit durchaus Erfolg haben.
Ich behaupte daher, dass das sog. Daytrading nur etwas für Profis ist und selbst Profis haben dabei schon Haus und Hof verloren. Von CFDs und Futures an Terminbörsen sollte man die Finger lassen, da der Verlust über den Einsatz hinaus reichen kann, er ist theoretisch unbegrenzt.
Allgemein sollte oder besser muss man sich mit der Charttechnik befassen, da sie wertvolle Informationen liefert. Besonders wichtig sind die sog. Kerzencharts, man sollte wissen was ein RSI Indikator ist und was ein Momentum, was ein Trendkanal oder Bollinger Band ist. Der RSI ist wichtig da er überkaufte oder überverkaufte Märkte anzeigt, d.h. es ist eine Konsolidierung zu erwarten bei stark steigenden Kursen oder ein scharfer Anstieg nach stark fallenden Kursen. Es gibt viele Seiten im Internet wo Charts erklärt werden.
Grundsätzlich gilt: „Short“ geht man nur am oberen Rand des Trendkanals in den Markt, „long“ nur an den unteren Rändern. Dazwischen bestimmt oftmals nur der Zufall wohin es geht.
Viel besser und mit weniger Risiko behaftet ist das Positions- oder Trendtrading, also eine Position wird über einige Tage offen gehalten, mit kleinem Hebel, dafür aber mit einem größeren Betrag. Man begnügt sich mit kleinen Gewinnen. Das Sprichwort „The trend is your friend“ spielt dabei eine Rolle, denn Trends laufen trotz des Auf und Ab Intraday langfristig in die gleiche Richtung. Das beste Beispiel ist die derzeitige Bärenmarkt Ralley, die trotz teils schwerer Einbrüche stetig weiter nach oben lief. Hätte man bei 3600 Punkten einen Long-Schein erworben, hätte man sich nur zurücklehnen brauchen, und konnte zuschauen wie er das Geld verdient.
Die Berechnung eines Hebelzertifikates möchte ich an folgendem Beispiel erläutern:
Der Wettschein
BN19BK von der BNP Paribas Bank ist ein Short auf den DAX. Er hat folgende
Parameter:
Basispreis: 5.853 Punkte
Stop Loss: 5794 Punkte
Bezugsverhältnis: 0,01
Laufzeit: open end
Hebel: 5,17 (bei einem DAX von ca 4916)
Aktueller Preis: 9,45€ (bei einem DAX von ca 4916)
Der Preis lässt sich sehr einfach berechnen:
Kaufpreis = (Basispreis – aktueller DAX) * 0,01
Der Basispreis ist der Preis auf den der Schein kalkuliert wird. Der Stop ist automatisch, d.h. sie brauchen nicht zu verkaufen, der Schein wird automatisch entwertet. In der Regel setzt man aber eigene Stop Loss, da der automatische erst einsetzt, wenn schon 90% des Geldes verloren sind. Die Laufzeit ist unbegrenzt, er verfällt nur dann wenn er ausgeknockt wird.
Der Schein bewegt sich durch das Bezugsverhältnis von 1:100 mit 1 Cent / DAX Punkt, wie alle anderen Scheine dieser Art auch. Der eigentliche Hebel entsteht durch den Abstand des aktuellen DAX Wertes zum Basispreis. Je näher der DAX sich dem Basispreis nähert, desto billiger wird der Schein, desto stärker wirkt sich eine Änderung prozentual aus. Kostet der Schein nur noch 10c, so können Sie für 100€ zwar 1000 Stück erwerben aber diese 100€ sind sofort verloren, wenn der DAX auch nur 10 Punkte steigt. Fällt er dagegen um 10 Punkte, so werden aus 100€ dann 200€, Ein enormer Hebel also. Es gibt solche Scheine bis Hebel 100, d.h. 1% DAX Veränderung bewirken 100% Gewinn oder den Totalverlust.
Am besten kalkuliert man so: Wieviel Euro möchte ich gewinnen, wenn der DAX sich um 1 Punkt bewegt? Soll es 1 Euro sein, so kauft man 100 Scheine, so viele wie das Bezugsverhältnis angibt. In diesem Fall müssten Sie 945€ bezahlen. Diese 945€ werden zu einem großen Teil verloren sein, wenn der DAX das Stop Loss Limit erreicht, also 5794 Punkte. Es bleibt Ihnen ein Restwert pro Schein von 5853-5794 / 100 = 0,59€. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der DAX aber blitzschnell von 4916 auf 5794 bewegt ist nahezu Null, daher haben Sie genügend Zeit den Wettschein per Hand zu stoppen. Die nächste Überlegung ist wie viel man maximal verlieren möchte. Dort wird der Stop Loss gesetzt. Sind das z.B. 50 DAX Punkte in die falsche Richtung, so subtrahiert man bei einem Short Schein 50 Cent vom Kaufpreis. Multipliziert mit der Anzahl der Scheine ergibt das den Maximalverlust. Der innere Hebel des Papiers spielt in dem Fall keine Rolle, gehebelt wird nur über die Anzahl der Scheine. Ob sie mit 50€ und Hebel 100 einsteigen oder mit 5000€ und Hebel 1 ist egal, der absolute Gewinn oder Verlust pro Wegstrecke des DAX bleibt gleich. Je kleiner der Hebel, desto weiter ist der Basiswert vom aktuellen DAX Stand entfernt, desto kleiner die Wahrscheinlichkeit, dass der Schein ausgeknockt wird.
Meine Empfehlung: Kaufen Sie die Scheine so, dass der automatische Stop Loss möglichst weit weg ist, auch wenn Sie dafür mehr Geld bewegen müssen. Überhebeln Sie nicht, indem Sie zu viele Scheine kaufen: 100 Stück = 1€/Punkt, 200 Stück = 2€/Punkt usw. Läuft der Kurs gegen Sie haben keinen Stop Loss gesetzt so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es an einem der nächsten Handelstage wieder bergab geht in die Konsolidierung, natürlich nur, wenn Sie bei einem Short am oberen Widerstand eingestiegen sind. In den meisten Fällen wo ich panisch verkauft habe, hätte ich kurze Zeit später mindestens zu Null verkaufen können. Runter geht es meist schneller als rauf. Das ist natürlich keine Garantie, wer sicher gehen will nimmt den kleinen Verlust in Kauf bevor es ein großer Verlust wird.
Solche Wettscheine gibt es natürlich nicht nur für den DAX sondern auf nahezu alle Aktien, die short verkauft werden dürfen. Sie selbst brauchen keine Leerverkäufe zu machen, das macht der Emittent für sie.
Der Kauf und Verkauf geschieht ausschließlich über den Emittenten im Direkthandel, Sie können die Scheine nicht an den Börsen kaufen und verkaufen.
Zum Schluss noch einige Tipps:
Der Basiswert wird jeden Tag etwas angepasst, damit der Emittent sein Geld verdient, denn er muss das Risiko abfedern was er eingeht. Er zieht also etwas vom Wert der Scheine ab, das ist aber in der Regel nicht viel, ein paar Punkte pro Tag.
Kaufen Sie niemals in einen illiquiden Markt, beispielsweise an Feiertagen oder spät abends. Die Wahrscheinlichkeit, dass mit wenig Geld große Kursschwankungen erzeugt werden können ist sehr hoch. Nach Börsenschluss stellen die Emittenten eigene Kurse und diese sind nicht an die Börse gebunden. De facto können sie diese Kurse nach Belieben variieren, nur würden ihnen dann die Kunden davonlaufen.
Achten Sie unbedingt auf den Spread, also das Verhältnis von Briefkurs und Geldkurs. Dieser sollte maximal 2 Cent betragen, alles darüber ist Wucher. Je billiger der Wettschein und je höher der Hebel desto höher ist prozentual der Spread. Bei 100 Scheinen verdient der Emittent damit 2€ sofort. Die Emittenten erhöhen gern in illiquiden Märkten den Spread, das heißt Sie verlieren schon beim Kauf mehr Geld.
Emittenten sind keine Wohltäter sondern Wettbüros, die nach Profitmaximierung arbeiten. Rechnen Sie also damit, dass diese die Kurse in eine für sie günstige Richtung bewegen wollen. Sie sehen alle Stop Loss Kurse, die auf ihren Computern geparkt sind und können genau berechnen wie viel sie verdienen, wenn sie mal eben für ein paar Millionen Aktien kaufen und sofort wieder verkaufen. Ein einziger Peak im DAX rasiert alle Stop Loss ab. Rechnen Sie auch damit, dass bei plötzlichen Kursbewegungen der Emittent nicht per Internet erreichbar ist. Es gibt böse Zungen, die behaupten, dass die Computer in diesem Falle kurz abgeschaltet werden. Die Emittenten selbst sprechen von Überlastung.
Beachten Sie das sog. Overnight-Risiko, nämlich dass die Kurse morgens mit einem Gap (Lücke) „aufwachen“ können, der Sie ausstoppt. Daher sollte der Stop Loss nicht zu knapp gesetzt werden.
Sie werden Geld verlieren, das ist unabdingbar. Die Kunst besteht darin mehr Geld zu gewinnen als zu verlieren.
Es sollte immer nur mit Geld spekuliert werden, was übrig ist, niemals mit Geld was man zum Leben braucht. Menschen, die sehr viel Geld haben, haben einen Vorteil: Es tut ihn nicht weh, wenn sie etwas verlieren. Menschen die wenig Geld haben werden aber das bisschen was sie haben auch noch verlieren, weil sie emotional derart unter Druck stehen, dass es schief gehen muss.