Wenn du dich für Angebot und Nachfrage am Ölmarkt interessierst kann ich dir die Oil Reports der IEA (International Energy Agency) empfehlen. Die IEA ist sowas wie der Goldstandard wenn es um Energiestatistiken geht. Hier deren Oil Report 2021 (inkl Prognosen bis 2026):
www.iea.org/reports/oil-2021
Schauen wir uns mal weltweit Angebot und Nachfrage 2019 an:
Total Supply 2019: 100,5
Total Demand 2019: 99,7
War also mehr oder weniger ausgewogen (Supply hat im Normalfall einen leichten Überhang, da es ansonsten ja zu einer Knappheit kommen würde.
Dann kam Corona:
Total Supply Q1 2020: 100,2
Total Demand Q1 2020: 93,8
Du hast recht, das Angebot ist beim Öl sehr schleppend und braucht immer seine Zeit sich an die Nachfrage anzupassen. Q1 2020 war diesbezüglich ein klassisches Beispiel, da die Nachfrage plötzlich weg war, aber Öl ja nicht aus dem Wasserhahn kommt den man mal eben abdrehen kann. Das ist auch der Grund warum man z.B. in der ersten Jahreshälfte 2020 mit Aktien von Firmen die sich auf Öltanker spezialisiert haben eine goldene Nase verdienen konnte. Die Saudis wussten nicht mehr wohin mit dem Zeug und haben sich jeden Suezmax-Tanker angemietet den sie bekommen konnten, weil man das Zeug nun mal nicht einfach ins Meer leiten kann, wenn man keinen Abnehmer hat. Die Tanker ankerten dann einfach im Golf ohne Zielhafen.
Genauso wenig wie man das Angebot von einen auf den anderen Tag zurückfahren konnte funktioniert es, wenn die Nachfrage plötzlich wieder steigt:
Total Supply Q4 2020: 92,4
Total Demand Q4 2020: 94,7
Plötzlich zieht die Nachfrage wieder an, aber das Angebot kommt nicht mehr hinterher. Grund hierfür ist schlichtweg, dass niemand 2020 auch nur einen Cent in die Erschließung neuer Ölquellen bzw. Projekte investiert hat. Warum auch, wenn man weiß, dass man dann dafür am Ende des Tages bezahlen muss, damit man den Dreck in einen Suezmax-Tanker pumpen darf der dann am Hafen ankert. Heißt auch, dass die weltweiten Ölreserven Rückläufig sind (und zwar genauer gesagt seit Q3 2020 wo sich das Verhältnis erstmal gedreht hat und die Nachfrage höher war als das Angebot).
Und die Nachfrage wird auch keinesfalls geringer:
Total Demand 2021: 96,5
Total Demand 2022: 99,4
Nächstes Jahr wird die Nachfrage wieder fast genau das Niveau von 2019 erreicht haben und bis 2026 wird sie jedes Jahr weiter steigen. Grund hierfür sind nicht Europa oder die USA wo die Nachfrage stagniert und dann aufgrund der Klimapolitik rückläufig wird, sondern vielmehr Asien (und hier nicht nur China sondern viel mehr Indien, das es sich noch nicht leisten kann auf erneuerbare Energien zu setzen).
Shell braucht sich darum was die Ölnachfrage betrifft keine Sorgen machen. Noch weniger braucht sich Shell um die Gaspreise sorgen, die sich ebenfalls zu seinen Gunsten entwickeln. Ja, die Nachfrage nach Öl wird irgendwann fallen, aber für die nächsten 5 Jahre wird das weltweit mit Sicherheit nicht der Fall sein. Die Einnahmen aus den alten Energien sprudeln jetzt schon wieder und mit den Einnahmen daraus lässt sich auch ordentlich was in erneuerbare Energien investieren - das tut man bereits jetzt und baut hier weiter aus. Wer es nicht glaubt, der soll sich einfach die Quartalsberichte reinziehen, denn sofern das Unternehmen nicht seine Bilanzen fälscht und Gewinne erfindet wo laut vielen Skeptikern keine sein sollten habe ich mit meinen Aussagen recht. Und sofern die IEA sich ihre Statistiken nicht aus den Fingern saugt habe ich auch recht was die Zukunftsprognose betrifft (und die IEA ist alles andere als eine Institution der Öl-Lobby).
Alles in allem ist Shell schon sehr gut aufgestellt. Selbst da wo man sich eher schwächere Märkte erwartet sagen die Statistiken etwas anderes - siehe eben Öl.
Buy & Hold ist angesagt, dann kann nichts schief gehen. ;-)
Liebe Grüße,
stksat
(Verkleinert auf 39%)