Doomsday komprimiert auf Zeitungsformat

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Doomsday komprimiert auf Zeitungsformat Happy End
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Doomsday komprimiert auf Zeitungsformat

 
10.02.02 01:59
#1
Ausstellung über die europäische Presse nach dem 11. September

Die Terroranschläge in den USA haben nicht nur die Welt verändert, sondern auch die Medien an ihre Grenzen geführt. Während viele Menschen noch wissen, was sie am 11. September gerade taten, als sie von den Anschlägen erfuhren, sind Titelblätter oder Seiten der europäischen Presse in Vergessenheit geraten. Eine am letzten Wochenende in Aachen eröffnete Ausstellung nimmt sich dieser Wissenslücke an. Gezeigt werden rund 70 Exponate, alle erschienen nach dem "Doomsday".
 
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Norbert Küpper, Initiator des "European Newspaper Award" und Mitorganisator der Ausstellung bei der Ausstellungseröffnung.
     
Gegen 16 Uhr mitteleuropäischer Zeit berichteten am 11. September nahezu alle elektronischen Medien über die Terroranschläge in den USA. Gegen 18 Uhr erschienen die ersten Sonderausgaben europäischer Zeitungen.  Express & Star (Wolverhampton, Großbritannien) titelte im "Disaster Special" plump "Doomsday", die  Nordwest Zeitung aus Oldenburg ausführlicher "Terrorkrieg in USA: Tausende Todesopfer". Anhand von Schlagzeilen und der Verwendung von Bildern und Texten stehen beide Blätter exemplarisch für den Unterschied von Boulevard- und seriös genannten Zeitungen. Letztere setzen mehr auf Textinformationen, die Revolverblätter auf riesige Fotos und Schlagworte.

Bis zum 16. März noch zeigt das  Internationale Zeitungsmuseum der Stadt Aachen die Ausstellung "Der 11. September 2001 - Ein Tag verändert die Welt". Die ausgestellten Zeitungsseiten resultieren aus den Einsendungen für den  European Newspaper Award, er wurde am Wochenende zum dritten Mal verliehenen. Die Jury, die normalerweise ästhetische Aspekte der ihr unaufgefordert zugeschickten Blätter bewertet, habe "die grundsätzliche Frage" zu beantworten gehabt, so der Pressetext, "ob diese schrecklichen Ereignisse überhaupt in irgendeiner üblichen Kategorie bewertet werden können". Letztlich entschied man sich für die Schau.

Sollten indes Betrachter die Jurorenrolle selbst einnehmen wollen, so würde sicher die griechische Zeitung "Ta Nea" zu den Preisträgern gehören. Ihr Titelblatt am 12. September war ähnlich einer Todesanzeige gestaltet, mit weißer Schrift auf schwarzem Grund, dazu ein kleines Bild des explodierenden World Trade Center (WTC).

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Auf ungewohntes stießen auch die Leser der  Neue Zürcher Zeitung oder der Frankfurter Allgemeinen (  FAZ). Beide druckten am 12. September Fotos auf ihren Titelseiten. Die FAZ hatte das bis zu jenem Tag nur nach dem Tod von Konrad Adenauer und der Mondlandung getan. Wirkliche neu war hingegen, dass zwei Bilder auf dem oft als Bleiwüste gescholtenen Blatt zu sehen waren. Dafür erschien die Schlagzeile - "Angriff auf Amerika" - fast winzig, während einen das Kölner Revolverblatt  Express in riesigen Lettern anbrüllte: "Krieg gegen Amerika". Neben dem Bild des explodierenden WTC zeigte ein weiteres und sehr viel kleineres jubelnde Palästinenser: "...und Palästina lacht und feiert".

Norbert Küpper, Initiator des "European Newspaper Award" und Mitorganisator der Ausstellung, sowie Museumsleiter Christof Spuler wiesen bei der Eröffnung darauf hin, dass die Exponate in ihrer ganzen Wucht und Dramatik ein bis dahin unvorstellbares Attentat dokumentieren. Indes falle es mit dem zeitlichen Abstand schwer, die unmittelbare Betroffenheit der ersten Tage wiederzugewinnen. Auch ohne Prämierung hält Küppers einige Seiten der zwischen dem 11. und 15. September datierten Regionalzeitungen, Qualitäts- und Boulevardblätter aus ganz Europa für bemerkenswert. Etwa die Doppelseite im Innenteil der  Neue Presse (Hannover), die am 13. September eine Satellitenaufnahme der rauchenden Trümmer des WTC füllt.

Wortkarg erschien am 12. September  The Guardian. Die Titelseite füllte ein Bild von dem Explosionsinferno beim Einschlag des zweiten Jumbos in einen der Zwillingstürme. Bildunterzeile in Schlagzeilengröße: "Manhattan, 2001". Oberhalb des Fotos in kleinen Lettern zur Ergänzung: "The day the earth stood still".

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Der Guardian war nicht das einzige Blatt, das mit Begriffen aus dem Genre des Science Fiction- oder Katastrophenfilms arbeitete. Möglicherweise erlaubt dies die Spekulation, dass selbst hart gesottene Zeitungsmacher nicht glauben konnten, was ihnen die TV-Kollegen in den immergleichen Bildern vorführten. Der  Kurier aus Österreich titelte etwa später "The day after". Und nach rund zwanzigstündiger Dauerschicht reichte Express & Star nach diversen Extraausgaben - vier variierenden Zeitungen gelangten bis zum 12. September in den Verkauf - ein biblisches "Armageddon" nach. Zudem die Kurzinfo: "The day the forces of evil declared war on the free world".

Wie groß nach fast fünf Monaten die Distanz zu den menschenverachtenden Terroranschlägen schon ist, verdeutlicht die Bild-Zeitung. "Großer Gott, steh uns bei!" titelte das Boulevardblatt aus Hamburg ähnlich eines Stoßgebets. Darüber lässt sich heute fast schon amüsiert frotzeln, ebenso wie über eine Express & Star-Seite unter der Überschrift: "The fireman who fell 83 floors - and lived". Die großflächig das Bild des einstürzenden WTC zeigenden Titelblätter der Zeitungen Avui (Barcelona) oder  De Morgen (Brüssel) wirken indes heute fast schon wie ein Filmplakat. Nicht zuletzt deshalb, weil De Morgen titelte: "Apokalypse now".

Die Ausstellung soll in weiteren europäischen Städten gezeigt werden. Eine Auswahl der Motive soll im Internet veröffentlicht werden, über ein Buch oder eine Broschüre wird nachgedacht. Fraglich nur, ob dann auch der vom  Deutschen Presserat missbilligte Titel einer Boulevardzeitung vom 13. September dokumentiert sein wird. Zu einem Bild von Usama bin Ladin krakeelt die Schlagzeile: "Jagt ihn! 10 Millionen für seinen Kopf". Da so etwas Redaktionen sicher nicht freiwillig für einen Design-Wettbewerb einreichen, erfährt man hierüber leider nichts in der Ausstellung.
Doomsday komprimiert auf Zeitungsformat Texas_Blue

sehr interessant, aber nicht neu, doch trotzdem gu

 
#2


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