Hallo,
bekanntlich wird die Entwicklung des DAX nicht nur von den erwarteten Unternehmensgewinnen, sondern auch von anderen Faktoren maßgeblich beeinflusst.
Anleger haben bei Anlageentscheidungen im Wesentlich drei Alternativen:
1. Anleihen und Tagesgeld
2. Immobilien
3. Aktien
Die Attraktivität der Alternativen 1 und 2 hat merklich abgenommen. Die Anleihenrenditen sind extrem niedrig, so dass ein erhebliches Kursrisiko besteht. Der Immobilienmarkt ist in vielen Ländern von zunehmenden Leerständen im gewerblichen Immobilienbereich geprägt.
Zu beobachten ist, dass die Auflösung von Aktienbeständen in Richtung Staatsanleihen gestoppt ist. Davon zeugt nicht nur die Seitwärtsbewegung in den letzten Monaten, sondern auch die rückläufigen Börsenumsätze.
Während im Oktober am Aktienmarkt praktisch alles, insbesondere aber auch die sehr liquiden Aktien verkauft wurden, guckt der Markt nun verstärkt auf die Unternehmensmeldungen.
Hier zeigt sich eine erhebliche Divergenz: So hat Amazon nach sehr guten Quartalsergebnissen zuletzt wieder zugelegt, während sich Ebay nach schwachen Ergebnissen auf Talfahrt befindet.
Vergleicht man General Electric mit Siemens oder yahoo mit google, sieht man, dass der Markt wieder differenzieren kann. Dieser Situation haben wir zu verdanken, dass die Talfahrt zum Beispiel im DAX sich seit Oktober von der volkswirtschaftlichen Talfahrt abgekoppelt hat.
Wie geht es nun weiter ? Ich kann die Frage nicht abschließend beantworten. Folgende Punkte sind aber zu beachten:
1. Die volkswirtschaftlichen Daten haben sich seit dem Oktober-Low massiv verschlechtert. Spiegelt der DAX diese Entwicklung zumindest mittelfristig wieder, spricht diese Tatsache für Abwärtspotential.
2. Die Gewinnsituation von defensiven Aktien droht sich mittelfristig massiv zu verschlechtern:
So ist der Strompreis-Future 2010 in EURO seit Juli con ca 88 auf ca 50 gefallen. Da die 2009er-Produktion bereits größenteils verkauft ist, dürften die Erlöse der Versorger erst im Jahre 2010 zurückgehen. Der Aktienmarkt könnte diese Entwicklung vorwegnehmen.
3. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass viele Konzerne im Vergleich zum Dax-Low in den Jahren 2003/04 besser aufgestellt sind:
- So hat die Deutsche Telekom ihre massiven Abschreibungen (zB voicestream) hinter sich und weist eine solide Ertragsentwicklung auf.
- Siemens hat die zyklische Automotiv-Sparte rechtzeitig abgestoßen und ist in zukunfsträchtigen weniger zyklischen Bereichen tätig.
- Ähnlich ist Bayer nach der Schering-Übernahme wesentlich besser aufgestellt, um das Jahr 2003 drückte erheblich ein Arzneimittelskandal, der inzwischen ausgestanden ist.
- Auch FMC weist solide Gewinnsteigerungen auf. Hinzu kommt demnächst Fresenius VZ. Um das Jahr 2003 herum war FMC sehr angeschlagen, weil in den USA Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe gegen diesen Konzern anhängig waren.
- Extrem zyklische Branchen wie die Autozulieferer sind im DAX nicht mehr vertreten.
4. Aus den Ausführungen unter 3. egibt sich schon, dass der DAX im Vergleich zu früher immer weniger die Gesamtwirtschaft repräsentiert: Automobilzulieferer sind nicht vertreten, dafür demnächst Fresenius als Dialysespezialist gleich zweimal. Der Maschinenbau ist dagegen nur wenig vertreten. TUI als Repräsentant der Reisebranche ist draußen.
5. Technisch ist zu konstatieren, dass die überwiegende Zahl der Aktien zurzeit deutlich über ihren Lows des Jahres 2008 notieren.
Als Charttechniker meldete sich gestern in der FAZ Wieland Staud zu Wort mit folgendem Fazit: "Noch hat der Dax die Trendwende nicht vollzogen". Mein Fazit nach Lesen des Beitrages: Wie üblich sind die Charttechniker unsicher und wollen sich nicht festelegen.
Mein Fazit: Es spricht zwar einiges dafür, dass die 4000 Punkte-Marke im Dax unterschritten wird.
Sicher ist dies aber nicht, noch unsicherer ist der Zeitpunkt, vielleicht am ehesten im Herbst.
Sollte der Index die 4000 Punkte unterschreiten, könnte die Auflösung von Stopp-Loss-Postitionen einen Kursrutsch um 10 Prozent innerhalb von zwei Tagen auslösen. Anschließend dürfte es aber wenn überhaupt nur noch mit stark angezogener Bremse bergab gehen.
Bären müssten auch bedenken, dass es nicht auszuschließen ist, dass in den USA der Dow von staatlichen Stellen oder auf Veranlassung staatlicher Stellen bei 8000 Punkte gestützt wird. Es tauchen gelegentlich derartige Gerüchte auf.
Beste Grüße von Tormenta