Zwischenzeitlich habe ich einen Anruf der Investor Relations Abteilung erhalten.
1. Provisionszahlungen Aggregate Holdings:
Mir wurde versichert, dass Provisionen u.a. für das Fürst-Projekt vollständig bezahlt wurden.
Die zum 30.09. ausgewiesenen Forderungen ggü. verbundenen Unternehmen i.H.v. 19,7 Mio € setzen sich aus einer Vielzahl kleinerer Teilbeträge (u.a. Alignment Capital) zusammen. Meine Befürchtung, hinter diesem Saldo verberge sich eine Provisionsforderung ggü. Aggregate Holdings war offenbar unzutreffend.
2. Mezzanine Kapital:
Es ist weiterhin unsicher, ob die bereits zum 30.09. avisierten Tilgungsbeträge i.H.v. ca. 50 Mio € tatsächlich noch vor Jahresende eingehen werden. Es handelt sich um kurzfristige Zwischenfinanzierungen für Grundstücksentwicklungsprojekte, deren Verzinsung im Bereich von 20% p.a. liegt. Man geht unverändert davon aus, dass die Liquiditätsnot einzelner Schuldner (z.B. Adler Group und Aggregate Holdings) lediglich vorübergehend ist und Corestate das ausgeliehene Kapital inkl. aufgelaufener Zinsen vollständig zurück erhält.
3. Verkauf Gießen
Aktuell ist man noch guter Hoffnung, einen Vertragsabschluss vor Weihnachten erreichen zu können.
Mit dem endgültigen Abschluss ("closing"), d.h. Kaufpreiszahlung + Grundbucheintrag, ist im ersten Quartal zu rechnen. Meine Befürchtung, dass es allein aus zeitlichen Gründen nicht gelingen dürfte, vor Jahresende einen Zahlungseingang aus diesem Grundstücksverkauf zu erzielen, wird sich demnach aller Wahrscheinlichkeit nach realisieren. Wenn man die Nettoverschuldung allein anhand der Banksalden misst, wäre das Entschuldungsziel bei Kaufpreiszahlung nach dem 31.12.2021 verfehlt.
Die IFRS erlauben nach Aussage der Investor Relations Abteilung allerdings die Einbeziehung einer Kaufpreisforderung in die Ermittlung der Nettoverschuldung, sofern der Vertragsabschluss in 2021 erfolgt ist und der Zahlungseingang im Zeitraum der "besseren Erkenntnis" (-> vor Aufstellung des Konzernabschlusses 2021) erfolgt. Bilanztechnisch sei das Schuldenreduktionsziel also auch dann noch erreichbar, wenn der Vertragsabschluss wie erhofft vor Weihnachten gelingt, Kaufpreiszahlung und Eigentumsumschreibung im Grundbuch aber erst im Januar 2022 erfolgen. Betriebswirtschaftlich macht es sicherlich kaum einen Unterschied, ob bspw. der Gießen-Verkauf noch im Dezember 2021 oder erst im Januar 2022 abgeschlossen wird. Angesichts der noch immer nicht abgeschlossenen Umbaumaßnahmen und einer Vermietungsquote von lediglich 75% wäre es im Hinblick auf die Höhe des Kaufpreises vermutlich sogar deutlich besser, den Zeitdruck aus den Verhandlungen herauszunehmen und sich zunächst prioritär auf den Abschluss des Umbaus und die Vermietung leerstehender Räumlichkeiten zu fokussieren. Nach Aussage der Investor Relations Abteilung verhandele man mit einem sehr vertrauenswürdigen Kaufinteressenten, der bereit sei, das Objekt zu einem Corestates Preisvorstellungen einigermaßen nahe kommenden Kaufpreis zu übernehmen. Einen Verkauf des Einkaufscenters Gießen zu einem Firesale-Ramschpreis müssen wir demnach wohl nicht befürchten...
4. Umschuldung Anleihen
Corestate hat bereits Kontakt zu diversen institutionellen Anleihegläubigern aufgenommen, um eine Umschuldung der 2022/2023 fällig werdenden Anleihen i.H.v. 500 Mio € vorzubereiten. Ob des ungünstigen Fälligkeitsprofils steht u.a. die Option im Raum, beide Anleihen z.B. durch Umtausch in eine neue Anleihe gemeinsam umzuschulden.
5. Transparenz der Berichterstattung
Ich hatte u.a. moniert, dass in der Q3-Mitteilung weder eine Cashflowrechnung noch ein gesonderter Ausweis der Q3-Zahlen enthalten ist. Obwohl dies im Einklang mit den Regularien der Dt. Börse betreffend die Q1 und Q3 Quartalsmitteilungen steht, bin ich der Auffassung, dass es angesichts des riesigen Vertrauensverlusts ein geradezu verheerendes Signal in den Markt sendet, die Corestate Kapitalmarktberichterstattung am absoluten Mindestmaß der Transparenzpflichten auszurichten.
Man hat mir zugesichert, die Kritik ernst zu nehmen und für zukünftige Quartalsberichte u.a. einen gesonderten Ausweis der Quartalszahlen in Erwägung zu ziehen.
Fazit:
Stand heute ist eine Aussage, ob bzw. inwieweit die Jahresziele erreicht werden, nicht möglich. Mein Eindruck aus dem Telefonat ist, dass das Corestate-Management tatsächlich sehr bemüht ist, das Ruder herumzureißen und dass man die Kritik der Aktionäre tatsächlich sehr ernst nimmt. Die Erfüllung der Jahresziele 2021 - insbesondere in Bezug auf das Entschuldungsziel - hängt allerdings maßgeblich an Parametern, die Corestate kaum beeinflussen kann.