Starker Fokus auf Windkraft
Donnerstag, 08.09.2016 11:27 von | Aufrufe: 3172

Energiekonzerne Uniper und Innogy: Gelingt Eon und RWE mit den Spin-offs der Neustart?

Starker Fokus auf Windkraft - © Gilles Lougassi Shutterstock.com

Mit Handelsbeginn am Montag haben Aktionäre von Eon eine Position mehr in ihrem Depot. Ganz automatisch erhalten sie für jeweils zehn Eon-Aktien zusätzlich eine Aktie des Energiekonzerns Uniper in ihr Portfolio gebucht. Uniper ist die jene Gesellschaft, in die Eon seine Vergangenheit ausgegliedert hat: die konventionelle Stromerzeugung mit Wasser-, Gas-, Kohle- und Ölkraftwerken, den Energiehandel und die Bereiche Energiespeicherung, Vertrieb sowie kraftwerksnahe und Ingenieurs-Dienstleistungen.

Eon vollzieht damit endgültig seine Aufspaltung. Getreu dem Motto „zwei Unternehmen für zwei Energiewelten“ will der Energieriese so den gewaltigen Herausforderungen gerecht werden, denen sich die Branche in Deutschland gegenüber sieht.

Vier Großkonzerne – Eon, RWE, EnBW und Vattenfall – haben über Jahrzehnte den Strom- und Gasmarkt in Deutschland dominiert. Mit der Liberalisierung der Märkte auf europäischer Ebene änderten sich die Strukturen, unter anderem durch Regulierung des Netzbetriebes und durch stärkeren Wettbewerb um Endkunden. Wie ein Blitz traf die Konzerne 2011 die Energiewende, die nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima politische eingeleitet wurde. Strom aus Erneuerbaren Energien soll die Zukunft gehören – das einträgliche Geschäft mit Kohle, Gas und Atomstrom geriet aufs Abstellgleis.

Konventionelle Kraftwerke weniger rentabel

Eon war erst vier Jahre vor Fukushima überhaupt in das Geschäft mit erneuerbaren Energien eingetreten – mit dem Ziel einer „möglichst steilen industriellen Lernkurve“, wie es Eon-Chef Johannes Teyssen rückblickend auf der Hauptversammlung im Juni formulierte. Mit Nachdruck sollte eine Entwicklung nachgeholt werden, die zu lange verschlafen worden war. Rund zehn Milliarden Euro hat Eon seither in das Geschäft mit den Erneuerbaren investiert – vor allem in on- und offshore Windparks. Konzernweit entfielen im abgelaufenen Geschäftsjahr dennoch noch immer rund 86 Prozent der Eigenenergieerzeugung auf fossile Energieträger oder Kernenergie.

Weil in den vergangenen Jahren mehr und mehr grüner Strom konventionell erzeugten Strom verdrängt hat, sank die Auslastung vieler konventioneller Kraftwerke – und damit ihre Rentabilität. Davon seien die „Big 4“ der Branche besonders betroffen, schreiben die Professoren Heinz-Josef Bontrup und Ralf-Michael Marquardt in einer Studie, die von Greenpeace in Auftrag gegeben worden war. Nach dem Wegfall der Atomenergie werde ihr zweites Standbein des langjährigen wirtschaftlichen Erfolgs zunehmend entwertet. Das ist umso schmerzlicher, weil die Energiekonzerne überdies bei der Finanzierung des Atomausstieges in der Pflicht stehen. 17,2 Milliarden hatten sie als Rückstellungen in den Bilanzen verbucht. Dieses Geld soll gemäß dem Plan der Atomkommission in einen staatlichen Fonds fließen – plus eines Risikoaufschlags von weiteren 6,1 Milliarden Euro. Der Fonds übernimmt im Gegenzug die Kosten für Zwischen- und Endlagerung des Atommülls. Der Rückbau der Atomkraftwerke bleibt Aufgabe der Betreiber.

Die Rückstellungen in den Bilanzen sind nicht mit Rücklagen zu verwechseln. Es handelt sich um Verbindlichkeiten, die zu erwarten sind und die gebildet werden, um später zu leistende Ausgaben der Periode ihrer Entstehung zuzurechnen. Das Geld ist von den Konzernen also noch aufzubringen, was auch angesichts derzeit niedriger Großhandelspreise für Strom und den geringen Aussicht, alte Kraftwerke lukrativ verkaufen zu können, äußerst anspruchsvoll erscheint. Zudem wird Geld gebraucht für die Erschließung neuer Wachstumsfelder. Mit der Konzernspaltung versucht Eon jetzt den Befreiungsschlag. Getrennt, so die Hoffnung, haben die beiden entstehenden Unternehmen eine deutlich bessere Zukunftsperspektive als in einer Organisation.

Uniper zählt zu den größten Energieerzeugern Europas

Uniper soll nach der Aufteilung mehr sein als eine Auffanggesellschaft für Eons fossile Vergangenheit. Schon seit Jahresbeginn ist Uniper operativ selbstständig und wird seit Mitte April als Europäische Gesellschaft (SE) geführt. Der Konzern ist in mehr als 40 Ländern aktiv und einer der größten Stromerzeuger und Energiehändler Europas. Die sichere und stabile Versorgung mit Energie sei auch in Zeiten des Systemwandels „ein unentbehrliches Bedürfnis aller Länder und deswegen ein belastbares Geschäftsmodell“, sagt Teyssen. Gleichwohl sind massive Kostensenkungen und Veräußerungen geplant, um, wie es heißt, finanziellen Spielraum für die Spin-off-Phase und darüber hinaus zu sichern.

Eon ist zunächst noch mit rund 47 Prozent an Uniper beteiligt, will sich aber mittelfristig von der Beteiligung trennen und erhebt keinen Führungsanspruch. Eon ist auf Erneuerbare Energien, innovative Kundenlösungen und den Betrieb der Energienetze fokussiert. Letzterer soll dabei für stabile Erträge sorgen. Alle Altlasten wird Eon durch die Aufspaltung allerdings nicht los: In der PreussenElektra GmbH (vormals: Eon Kernkraft) hat sie das Geschäft im Bereich Kernenergie inklusive der drei verbliebenen aktiven Atomkraftwerke gebündelt. Der Ausgliederung auch der Kernenergie in Uniper hatte die Bundesregierung einen Riegel vorgeschoben.

Auch Konkurrent RWE steht vor der „wichtigsten Weichenstellung in der Geschichte“ (Vorstandschef Peter Terium), auch RWE teilt sein Geschäft auf, um mit zwei spezialisierten Konzernen bessere Chancen im Wettbewerb und am Kapitalmarkt zu haben. Welche Investor würde der mit mehr als 28 Milliarden Euro verschuldeten RWE schließlich noch Geld leihen, wenn er nicht sicher sein kann, ob die Mittel tatsächlich in Zukunftstechnologien und nicht zur Finanzierung des Atomwerke-Rückbaus verwendet wird?


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Innogy heißt die RWE-Abspaltung, die seit acht Tagen nun auch offiziell unter diesem Namen firmiert und die bereits aufwändig in TV-Spots beworben wird. Auch Innogy soll noch im laufenden Jahr an die Börse kommen. Doch trotz der Parallele macht RWE manches anders als Eon.

Innogy: Stromnetze sorgen für Umsatz

Zum einen hat RWE nicht das fossile Geschäft, sondern die Grünstromsparte inklusive Netze und Vertrieb ausgegliedert. Das vermeintlich saubere Geschäft bekommt also den neuen Namen, der Investoren möglicherweise leichter zu vermitteln ist, weil er nicht an die alte RWE erinnert. Zum anderen denkt RWE nicht daran, Innogy komplett aus der Hand zu geben. Lediglich rund zehn Prozent der Aktien sollen im Zuge einer Kapitalerhöhung platziert werden. Dennoch soll Innogy voll auf eigenen Beinen stehen: RWE betrachtet das Unternehmen als reine Finanzbeteiligung und hat angekündigt, sich operativ herauszuhalten.

Was die Herauslösung von Innogy bedeutet, zeigt auch der Blick auf die Zahlen: Von den rund 48,6 Milliarden Euro Umsatz, die RWE im vergangenen Jahr erzielte, entfallen rund 46 Milliarden Euro auf Innogy. Die Erneuerbaren Energien haben dabei mit knapp 390 Millionen Umsatz allerdings nur einen sehr geringen Anteil beigesteuert. Der Löwenanteil stammt aus den Verteilernetzen und dem Vertrieb.

Vier Wachstumsfelder hat RWE für Innogy ausgemacht: Mit frischem Geld könnte das Unternehmen sein Onshore- und Offshore-Windparks ausbauen, seine Anteile an bestehenden Projekten erhöhen, große Photovoltaik-Projekte ins Portfolio aufnehmen oder in neue Märkte einsteigen. Mit einem Renditeversprechen lockt RWE-Konzernchef Peter Terium potentielle Investoren: Terium hat angekündigt, dass Innogy künftig 70 bis 80 Prozent des bereinigten Nettogewinns an die Eigentümer ausschütten werde.

Nutznießer würde natürlich auch RWE selbst sein, weshalb auch die viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die an RWE beteiligt sind, die Ankündigung mit Interesse verfolgt haben werden. Mit den verbleibenden konventionellen Kraftwerken (Gas, Kohle, Atomkraft) dürfte die verbleibende RWE allerdings weiter unter Druck stehen. Radikale Rationalisierungsmaßnahmen und Desinvestitionen stehen dann auch künftig auf dem Plan. Bereits im ersten Halbjahr 2016 sind vor allem bei der konventionellen Stromerzeugung von RWE rund 500 Stellen weggefallen.

Am kommenden Montag ist RWE noch in der Zuschauerrolle, wenn Konkurrent Eon sein Spinn-Off Uniper an die Börse bringt. Gestern (Mittwoch) ging die Aktie von Eon entgegen dem Markttrend mit einem Minus von rund einem Prozent aus dem Handel (DAX:+0,4%). Für eine Seltenheit wird Eon am Monatg auf jeden Fall sorgen: Zwischenzeitlich wird der deutsche Leitindex DAX wegen der Abspaltung 31 statt wie gewohnt 30 Aktien führen.

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