Hier ein Überblick des SPIEGEL.de zur Rolle von Depfa in der aktuellen HRE-Krise:
"Gefeierte Tochter stürzte Hypo Real ins Verhängnis
Der Staat bürgt mit Milliarden, die Aktie rutscht ab: Ein Überleben der Hypo Real Estate ist trotz der dramatischen Rettungsaktion nicht garantiert. Der Fast-Kollaps der Münchner Bank zeigt, wie unberechenbar die Finanzkrise inzwischen ist - noch 2007 Jahr wurde sie von Analysten bejubelt.
München - Die ersten Alarmsignale gab es Anfang des Jahres. Schon damals geriet der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate ins Gerede. Die Geschäftsführung musste riesige Abschreibungen bekanntgeben. Womöglich ist der damalige Verlust jetzt für die Liquiditätsnöte des Geldhauses mit verantwortlich. Denn solche Warnmeldungen bleiben den Anlegern in diesen unsicheren Zeiten lange in Erinnerung. Nach der Ret-
tung durch den Staat und andere Banken muss die Hypo Real Estate Chart zeigen (HRE) Finanzkreisen zufolge wohl Abschreibungen in Milliardenhöhe vornehmen müssen.
Zentrale der Hypo Real Estate: Der Crash konnte verhindert werden
Der eilends aufgestellte Notfallplan war dringend erforderlich. "Andernfalls hätten wir ein ernsthaftes Problem gehabt", sagte ein Finanzexperte in München. Die Nachricht von einem drohenden Kollaps der Hypo Real Estate hätte wohl ein Beben am Finanzplatz Deutschland ausgelöst und das Vertrauen der Kunden in ihre Banken erschüttert.
"Bei uns lässt man keine Bank vor die Wand laufen, weil es dann direkt zu einer Systemkrise kommen würde", sagte Rolf Tilmes, Leiter des Finance Departments der European Business School (EBS). Dass einer der wichtigsten Finanzkonzerne Deutschlands aber nur noch mit einem gemeinsamen Kraftakt aufgefangen werden konnte, war trotzdem ein Schock.
Gefahr für den Finanzplatz
In letzter Minute schnürten die Banken mit Rückendeckung durch den Bund ein milliardenschweres Rettungspaket. Ob es sich dabei nur um erste Hilfe handelt oder das Überleben der Bank langfristig gesichert ist, bleibt unklar. Für zusätzliche Verwirrung sorgte am Vormittag der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Torsten Albig, der von einer "geordneten Abwicklung" und einem "geordneten Untergang" der Hypo Real Estate sprach. Eine Verstaatlichung sei nicht geplant. Die Kosten, die durch die 35-Milliarden-Bürgschaft entstünden, seien noch nicht zu beziffern, fügte Albig hinzu. Belastungen für den Bundeshaushalt seien nicht ausgeschlossen.
Die Hypo Real Estate gehört im Gegensatz zu Traditionsunternehmen wie Siemens oder BMW zu den Jünglingen in der ersten deutschen Wirtschaftsliga. Entstanden war das Unternehmen erst im Jahr 2003, als die HypoVereinsbank ihr gewerbliches Immobilienfinanzierungsgeschäft abspaltete.
Im Oktober 2003 ging die Hypo Real Estate an die Börse und schaffte es dort gut zwei Jahre später in den DAX. Der Konzern beschäftigte Ende 2007 2000 Mitarbeiter, davon knapp 900 in Deutschland.
Unter dem Dach der Hypo Real Estate Holding AG tummeln sich mehrere Banken. Das Geschäft ist in drei Bereiche gegliedert. Die Sparte Commercial Real Estate Finance bietet die Finanzierung gewerblicher Immobilien wie Bürogebäude oder Hotels an. Der Bereich Public Sector & Infrastructure Finance konzentriert sich auf Infrastrukturprojekte wie die Finanzierung von Straßen, Krankenhäusern oder Eisenbahnen. Das vergleichsweise kleine Segment Capital Markets & Asset Management schließlich widmet sich den Kapitalmärkten und der Vermögenserwaltung. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt auf Europa.
Von sich reden machte Hypo Real Estate erstmals im vergangenen Sommer, als es die in Irland angesiedelte Depfa Bank für 5,7 Milliarden Euro schluckte. Durch die Übernahme der Depfa wollten die Münchner Zugang zu staatlichen Projekten bekommen, auf die die Depfa weltweit spezialiert ist. Im Visier waren unter anderem die Finanzierung großer Projekte wie Bürogebäude, Flughäfen, Brücken oder Kliniken. Angesichts klammer Kassen bei Bund, Ländern und Gemeinden galt dies als vielversprechendes Geschäftsmodell.
Zuletzt aber bekam das gute Image einige Kratzer ab: Im vergangenen Jahr fiel der Vorsteuergewinn vor allem wegen der Finanzkrise und der Übernahme der Depfa auf vergleichbarer Basis von 1,06 Milliarden Euro auf 862 Millionen Euro. Unterm Strich ging das Ergebnis von 542 auf 457 Millionen Euro zurück. Die operativen Erträge sanken von 1,84 Milliarden Euro im Vorjahr auf 1,46 Milliarden Euro.
Auch der Aktienkurs litt unter den Problemen. Nach gut 57 Euro im Jahr 2006 stand das Papier zuletzt bei knapp 13,50 Euro. Im Frühjahr nutzte der US-Investor Christopher Flowers über seine J.C. Flowers die Gunst der Stunde und stieg bei Hypo Real Estate ein. Zuletzt hielt er gut 24 Prozent an HRE. Daher drohte vor kurzem auch der Rauswurf aus der ersten Börsenliga. Denn die Mitgliedschaft im exklusiven Club der Dax-Konzerne richtet sich vor allem nach dem Börsenwert und der Höhe des Streubesitzanteils.
Aber erst wenn der Bürgschaftsrahmen in Anspruch genommen werde, sei auch der Bund betroffen. Ohne den "Garantieschirm" des Bundes hätte es aber das Rettungspaket der Privatbanken nicht gegeben. Dies hätte dann einen deutlich größeren Schaden für den deutschen Finanzplatz und den Steuerzahler gehabt. Bei dem Bürgschaftsrahmen handele es sich nicht um bereits eingetretene Verluste, wurde betont.
Die HRE sieht derweil ihren Bestand durch das milliardenschwere Rettungspaket von Banken und Bund als gesichert an. Von einer Abwicklung des Unternehmens könne keine Rede sein, sagte ein Sprecher in München. Vielmehr gehe es darum, die Refinanzierung des Konzerns wieder auf ein solides Fundament zu stellen.
Der gefürchtete Crash an den Börsen konnte durch die Rettungsaktion am Morgen zwar verhindert werden. Doch auf dem Parkett verbreite sich jetzt Panik, sagte Heino Ruland von FrankfurtFinanz Partner. Die im Leitindex Dax Chart zeigen notierte Aktie der Hypo Real Estate brach nach einer langen Talfahrt in diesem Jahr nochmals um zeitweise mehr als 70 Prozent ein und riss auch andere Bankaktien in den Strudel. Die Investoren bekämen es nun richtig mit der Angst zu tun, nachdem sich in der vergangenen Woche noch vereinzelt Zuversicht gezeigt habe. "Das sind die finalen Auswirkungen der Finanzkrise in dem Sinne, dass wir jetzt sehen werden, wer zusammenbricht und wer nicht", sagte Ruland.
Depfa-Bank-Kauf als klugen Schachzug bejubelt
Noch im vergangenen Jahr hätte niemand gedacht, dass die einst mächtige HRE einmal dazu gehören könnte. Jahrelang hatte der Immobilienfinanzierer im Schatten der großen Namen im Dax still und unauffällig an seinen Erfolgen gearbeitet. Völlig überraschend holte die ehemalige HypoVereinsbank Chart zeigen-Tochter im vergangenen Jahr dann zum großen Schlag aus und übernahm für mehr als fünf Milliarden Euro die Depfa Bank Chart zeigen, was damals als kluger Schachzug gewertet wurde. Die Hypo Real Estate bekam damit noch besseren Zugang zu staatlichen Projekten, auf die die Depfa weltweit spezialisiert ist. Angesichts klammer Kassen bei Bund, Ländern und Gemeinden galt das Geschäftsmodell als sehr vielversprechend.
Ausgerechnet die hochgelobte Tochter sorgte aber nun für den finanziellen Engpass: Weil die Depfa die Darlehen für die - in der Regel staatlich initiierten - Langfristprojekte, mit extrem kurzfristige Krediten refinanziert, kam sie durch die Unsicherheit an den Märkten nicht mehr an Geld. "Keine Bank gibt der anderen im Moment mehr Geld", sagte ein Finanzexperte.
In normalen Zeiten ist die Refinanzierung für die Depfa ein Routinegeschäft. Der jährliche Refinanzierungsbedarf der Depfa liege bei rund 250 Milliarden Euro im Jahr, aktuell ging es um rund 35 Milliarden Euro Bedarf, an die sie nicht mehr herankam. Für diese Summe springen nun die anderen Banken ein, der Bund steht mit einer Bürgschaft dahinter.
Kratzer am glänzenden Image
Zuletzt aber bekam das gute Image einige Kratzer ab. Im vergangenen Jahr schrumpfte der Vorsteuergewinn vor allem wegen der Finanzkrise und der Übernahme der Depfa auf vergleichbarer Basis von 1,06 Milliarden Euro auf 862 Millionen Euro. Unterm Strich ging das Ergebnis von 542 auf 457 Millionen Euro zurück. Auch der Aktienkurs litt unter den Problemen. Nach gut 57 Euro im Jahr 2006 stand das Papier zuletzt bei knapp 13,50 Euro. Im Frühjahr nutzte der US-Investor J.C. Flowers die Gunst der Stunde und stieg bei Hypo Real Estate ein. Zuletzt hielt er gut 24 Prozent.
Private Bankkunden sind zwar von den Problemen der HRE nicht betroffen. Allerdings hat das Institut selbst mit zahlreichen anderen Banken Geschäftsbeziehungen, die durch einen Kollaps ebenfalls um ihr Geld bangen müssten. Außerdem ist die HRE einer der wichtigsten Kreditgeber der öffentlichen Hand und finanziert unter anderem Großprojekte wie den Bau von Flughäfen oder Krankenhäusern. Auch für diese Projekte dürfte sich nach Einschätzung von Branchenkennern derzeit auf die Schnelle kein anderer Geldgeber finden."
Link zum Artikel:
www.spiegel.de/wirtschaft/0%2C1518%2C581150%2C00.html