"Falschspieler bei Freenet?
Der Mobilfunkanbieter will zwei Aufsichtsräte loswerden, die angeblich Drillisch- Interessen vertreten.
Geschäftlich läuft es bei dem Mobilfunkanbieter Freenet (Mobilcom, Debitel, Talkline)recht ordentlich. Der Umsatz zog sich 2011 zwar leicht auf 3,2 Milliarden Euro zusammen, das Konzernergebnis aber kletterte von 112,5 auf 144 Millionen Euro. Im Aufsichtsrat jedoch herrschen Gärung, Wirbel und Aufruhr: Wieder einmal geht es um die Drillisch AG, sowohl Aktionär als auch Wettbewerber von Freenet.
Vorwürfe richten sich gegen die Aufsichtsräte Kai Niclas Rauscher (44), Vorstand bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO, und Christof Aha (46), Anwalt der Kanzlei Beiten Burkhardt: Beide wirkten nach Meinung von Freenet-Managern den Interessen der Firma entgegen: Ein 16-seitiges, unauffällig als "Notiz" gekennzeichnetes Gutachten der Kanzlei Hengeler Mueller (HM) bekräftigt die Vorwürfe.
Freenet-Kontrolleur Aha sei auch Prozessbevollmächtigter der Drillisch AG in deren Rechtsstreit mit der Deutschen Telekom. Diese hatte 2011 ihre Verträge mit Drillisch gekündigt und mit dem Vorwurf des Provisionsbetrugs begründet. Drillisch weist dies zurück.
Sollten die Beziehungen zur Telekom beendet werden, stünde indes der Verkauf von 500 000 Kunden zur Diskussion. Unter den Interessenten: die Freenet AG.
Während Drillisch diese Kunden im Verlustfall möglichst teuer übertragen muss, will Freenet möglichst wenig für sie bezahlen: Die Interessen der Firmen, schreiben die HM-Juristen, bei denen es sich um Albrecht Conrad (44) und Stefan Richter (50) handeln soll, "stehen sich ... diametral gegenüber." Dies begründe einen "konkreten Interes-
senkonflikt, möglicherweise sogar eine Pflichtenkollision". Schon das Wissen darum, dass Freenet an einem Kauf jener Kunden interessiert und, mehr noch, welchen Betrag man zu zahlen bereit sei, könne für Drillisch wichtig sein.
Ebenfalls undurchsichtig erscheint Freenet-Managern die Rolle von Aufsichtsrat Rauscher: Weil sein Arbeitgeber, BDO, auch die Bücher von Drillisch prüft, kam es ihnen spanisch vor, dass sich Rauscher als Vorsitzender des Prüfungsausschusses der Freenet AG an deren Abschlussprüfer PwC gewandt habe, um, wie es in der HM-Notiz heißt, "im Interesse seiner Mandantin Drillisch" zu erfragen, "ob Drillisch die Handyoptionstarife nicht ebenso wie Freenet bilanzieren könne". Drillisch, habe Rauscher PwC mitgeteilt, würde eine "Bilanzierung wie bei Freenet anstreben".
PwC lehnte die Weitergabe des "konkreten Sachverhalts" jedoch ab und kam nur abermals zu dem Ergebnis, "dass bei Drillisch eine Bilanzierung von Handyoptionen wie bei Freenet nicht möglich" sei. Rauscher, heißt es im HM-Befund, habe "offensichtlich versucht, konkretes Wissen zur Bilanzierung von Handyoptionstarifen bei Freenet zu erhalten, um die Bilanzierung bei Drillisch günstiger zu gestalten" und, als dies nicht gelang, diese Art der Bilanzierung auch bei Freenet infrage gestellt. Fazit: "Ein sol-
ches Vorgehen wäre pflichtwidrig." Weder Rauscher noch Aha wollen zu den Vorwürfen im Detail Stellung nehmen. Rauscher weist auf eine "Verschwiegenheitsverpflichtung" hin; Aha deutet an, dass es sich bei dem HM-Schriftsatz möglicherweise um eine Fäl-
schung handele: "Ich kenne nur eine anonyme Notiz zu diesem Thema, die auf Briefpapier der Kanzlei Hengeler Müller ausgedruckt ist." Zumindest Rauscher zog bereits eine erste Konsequenz: Vom Amt des Prüfungsausschussvorsitzenden trat er zurück. Wie man hört, wolle er auf der Freenet-HV nicht mehr für den Aufsichtsrat kandi-
dieren."
Ein Kollege hat mir das Ding netterweise nochmal Digital zur Verfügung gestellt.
Der Artikel war so heute morgen im Manager Magazin.