Ausgehend von der Nachrichtenlage der Streetscooter dürfte das ein unbekannter Faktor sein. Keine Produktionszahlen, keine Verkaufszahlen, einzig die neueste Zahl von 2300 Mio. Euro, die die Post in diesem Jahre in die Streetscooter investiert.
Das aber ist aussagekräftiger als man meinen würde. Es ist der vollständige Einstieg in die Elektromobilität in dieser Sparte. Nicht so ein bischen nebenbei, sondern volles Rohr. Gleichzeitig lassen sich daraus und aus den vorliegenden Wachstumszahlen der Post Bedarfskriterien ablesen, für die die zukünftige Ausrichtung bereits vorgenommen wurde.
In Nr. 21397 habe ich die Wachstumsentwicklung der Post nach Gebieten aufgelistet. Damit ist auch indirekt der Anteil der benötigten Streetscooter angegeben. Der Anteil von Deutschland und Europa kann und wird von Deutschland aus ausreichend bedient werden. Zumindest vorläufig.
Der Anteil der übrigen Welt jedoch ist damit nicht zu bedienen. Was mengenmäßig in Europa noch ausreichend über die Schiene transportiert werden kann, ist in Asien nicht erreichbar. Dazu ist der Wachstumsfaktor der Post dort zu groß. Wenn man jedoch seinen ganzen Fuhrpark umstellen will, so ist der Bedarf dort so groß, dass man nicht versuchen sollte das auf die lange Bank zu schieben.
Strategisch lässt sich damit heute schon der Bedarf und die Produktion planen, die in den kommenden Jahren vorhanden sein wird. Dazu zählt zwangsläufig mindestens ein weiteres Werk in Asien, das an zentraler Stelle die umliegenden Länder bedienen muss. Das wird, wenn die politischen Rahmenbedingungen erfüllt sind, an der Ostküste Indiens der Fall sein. Von dort aus wird der größte Teil des Bedarfs an E-Bikes, E-Trikes und Works im Landesinneren Indiens bedient werden können. Die anderen Länder Asiens würden von dort aus über See angesteuert werden. Deswegen Küste.
Indien wird bei der Post auf mittlere Sicht der größte Markt in Asien werden, weil China gewisse Präferenzen in die eigene Elektromobilität und Logistik setzt, die es in Indien so nicht gibt und nicht geben wird. Gleichzeitig baut Indien seine Infrastruktur mehr und schneller als China landesweit aus. Das wird den Einsatz aller Typen der Streetscooter fördern. Vom Umfang, der für den Eigenbedarf in Asien erforderlich ist, muss diese Produktionsstätte weit größer sein, als die in Deutschland. Das Geschäftsvolumen wird sich in Asien bis 2025 an das Bevölkerungsvolumen anpassen, und das kann man dann nicht mit den Zahlen in Europa vergleichen.
Wenn der Vorstand seine Strategie 2020 richtig umsetzt, heisst das, dass er gezwungen sein wird das Wachstum der Post spätestens ab 2019 durch einen weiteren Schub an Elektromobilität zu fördern. Es ist jetzt schon erkennbar, dass selbst die jetzt noch geringe Zahl der Works ihren Einfluss auf die Zahlen der Post genommen hat. Die Zweifel am Wachstum der Post, die hier im Forum erwähnt wurden (z.B. Express) sind neben der Spur, denn wenn sich das nicht fortsetzen würde, würde die Strategie 2020 nie erreicht werden - und das schon jetzt erkennbar.
Nur, wenn sich das fortsetzt, so sind die Zahlen dazu in den Jahren 2014/2015 aufgestellt worden als es den Streetscooter nur mit 100 Stück in der Erprobungsphase gab. Jeder positive Fator würde zu den Erwartungen der Strategie 2020 noch hinzukommen. Anders als bei der IT-Umstellung im Frachtbereich, wo alles auf einmal umgestellt werden sollte und scheiterte, sind nach und nach erst wenige dann immer mehr Works in den Dienst gestellt worden, bis feststand, dass eine Umstellung riesigen Gewinn verspricht.
Wie ich erwartete sind direkte Zahlen nicht ausgegeben worden. Auch nicht Verkaufszahlen. Ich sehe darin den Umstand, dass das Wachstum der Post stärker aber ungleichmäsiger ausfällt als erwartet. Mit den 2300 Mio. dieses Jahres hat die Post in 2017 genug investiert und zu tun. Aber je früher man das in die Planungen der Folgejahre einfliessen lässt, desto reibungsloser bleibt das Wachstum. Ich bin mir auch sicher, dass damit ein gewisser Reputationsgewinn verbunden ist, der gerade von der Betrachtung des Umweltschutzes her positiv die Geschäfte begleiten wird.
Die Entwicklung in Deutschland lässt sich nicht so leicht vorhersagen, weil die maximale Kapazität von 20 000 hier noch nicht erreicht wurde, und erst dann festgestellt werden kann, ob und wie weit das auch zum Verkauf ausreicht, denn der Eigenbedarf hat natürlich den Vorrang. Und das in Nr. 21397 erwähnte Wachstum in Europa bedeutet einen höheren Eigenbedarf in den kommen den Jahren. Insgesamt besteht eine steigende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Anteil der Post als Automobilbauer mit eigenem Markt noch nicht ausreichend berücksichtigt worden ist. Selbst wenn die Nachfrage nur aus wenigen tausend Stück besteht, wird es eng, wenn die Produktion kaum den Eigenbedarf abdeckt.
Und ein Verkauf, der Vorrang vor der Umstellung hat, würde bedeuten, dass man selbst wieder (mehr) Autos einkaufen muss. Aber das geht ja gar nicht.
Für die Zweifler sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass das zweite und das dritte Quartal der Post immer sehr ähnliche Werte vorweisen konnten. Im vorherigen Jahr 752 Mio. und 755 Mio. EBIT. Rechnet man also für das dritte Quartal 2017 auch 841 Mio. wie im zweiten, so benötigt die Post nur noch 1183 Mio. im vierten Quartal um die Erwartung von 3750 Mio. zu erfüllen. Aber 1140 Mio. waren es schon 2016. Mit 3750 Mio. EBIT würde aber eine Dividnde von 1,15 locker zu erreichen sein.
Alles Gute
Der Chartlord