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Zypern hat nach Angaben eines hochrangigen zypriotischen Regierungsangehörigen mit der Troika eine Einigung bei den Sonderabgaben auf Bankeneinlagen erzielt.
Man habe sich verständigt, eine einmalige Abgabe in Höhe von 20 Prozent auf Einlagen bei der Bank of Cyprus von mehr als 100.000 Euro zu erheben, sagte der Regierungsangehörige am Samstag über die in Gesprächen mit EZB, IWF und EU-Kommission gefundene Vereinbarung. Vier Prozent würden auf die Einlagen über 100.000 Euro bei den anderen zypriotischen Finanzinstituten verlangt. Der Pensionsfonds wird demnach nicht angetastet, um die Voraussetzungen für die zehn Mrd. Euro umfassenden EU-Hilfen zu schaffen.
Zuvor hatte sich Finanzminister Michalis Sarris positiv über den Verlauf der Gespräche mit der Troika geäußert. „Es gibt wahrhaftig Fortschritte. Wir haben ein umfassendes Programm vorgelegt“, sagte er.
Frist bis Montagabend
Die EZB hat Zypern eine Frist bis Montagabend gesetzt. Bis dahin muss der eigene Beitrag stehen. 5,8 Mrd. Euro sollen aus dem Finanzsektor kommen, erst dann können die zehn Mrd. Euro von EU und IWF freigegeben werden. Im Mittelpunkt der Gespräche Zyperns mit der Troika stand die Zwangsabgabe auf Geldeinlagen des größten zypriotischen Geldinstituts, der Cyprus Bank. Dort sollen russische Oligarchen Milliarden geparkt haben. Nikosia schlug ursprünglich eine Zwangsabgabe von 25 Prozent auf Spareinlagen über 100.000 Euro vor.
Es wird erwartet, dass das zypriotische Parlament am Sonntagabend über die Zwangsabgabe entscheidet. Ebenfalls am Sonntag (ab 18:00 Uhr) wollen die Finanzminister der Eurogruppe die Zypern-Frage in einer Krisensitzung erörtern. Das teilte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem am Samstag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Nach inoffiziellen Angaben wurde auch Zyperns Staatschef Anastasiades in Brüssel erwartet, um den Alternativplan vorzustellen, mit dem Zypern seinen Anteil am Rettungsplan der Geldgeber aufbringen will.
Brüssel drängt auf Einigung am Sonntag
Die EU-Kommission pochte auf eine Einigung noch Sonntagabend - offenbar auch mit Blick auf die Finanzmärkte. Es sei von fundamentaler Bedeutung, dass bei den Verhandlungen der Eurogruppe in Brüssel „eine Einigung auf ein finanzielles Hilfsprogramm für Zypern erreicht“ werde, erklärte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn am Samstag.
„Die Ereignisse der vergangenen Tage haben zu einer Situation geführt, in der unglücklicherweise keine optimalen Lösungen mehr zur Verfügung stehen“, erklärte Rehn. Nun gebe es „nur noch schwierige“ Möglichkeiten.
38 Milliarden betroffen
Am Dienstag sollen die seit Samstag vor einer Woche geschlossenen Banken wieder öffnen. Derzeit gibt es auf der Insel Bargeld nur vom Bankautomaten. Die zypriotischen Banken verwalten rund 68 Mrd. Euro an Einlagen, davon 38 Mrd. auf Konten, auf denen mehr als 100.000 Euro liegen. Viele der größten Einlagen gehören Ausländern, insbesondere Russen. Die Summe der russischen Einlagen in Banken auf Zypern werden auf 27 Mrd. Dollar (20,9 Mrd. Euro) geschätzt.
Alternativplan teilweise gebilligt
Nachdem das zypriotische Parlament am vergangenen Dienstag einen mit der Euro-Gruppe vereinbarten Rettungsplan abgelehnt hatte, stimmten die Abgeordneten am Freitagabend ersten Maßnahmen eines Alternativplans zu, darunter einem Gesetz zur Bankensanierung und der Einrichtung eines nationalen Solidaritätsfonds.
Asmussen verteidigt Zwangsabgabe
Jörg Asmussen, Mitglied im Direktorium der EZB, verteidigte unterdessen eine Beteiligung der Sparer an der Rettung der zypriotischen Banken. In einem Gastbeitrag für die Wochenendausgabe der Zeitung „taz“ schreibt Asmussen, Privatisierungen alleine würden nicht ausreichen. Deshalb sei eine „einmalige Sonderabgabe auf Einlagen“ nötig. Aber die EZB sei mehr als offen für eine Lösung, die Kleinsparer nicht belaste.
Der frühere Chefvolkswirt der EZB, Jürgen Stark, hat unterdessen das Ultimatum der EZB an Zypern kritisiert. So könnten politische Institutionen vorgehen, nicht aber eine „unabhängige Zentralbank“, sagte Stark der Zeitung „Die Welt“ (Samstag-Ausgabe). „Die EZB macht sich dadurch politisch sehr angreifbar.“ Eine Notenbank dürfe sich nie in die Lage bringen, dass sie für den Kollaps eines Finanzwesens verantwortlich sei, führte der Ex-Chefvolkswirt aus.