Aluminium: Hält der "Bullenmarkt" an?
Donnerstag, 17.07.2008 06:52 von Marc Nitzsche, Rohstoff-Trader
Ab und an muss man sich angesichts
der Kurs-Entwicklung an manchen Märkten schon verwundert die Augen reiben: Vor
einiger Zeit beispielsweise kostete Aluminium weniger als Blei. Mittlerweile ist
dieser fast schon paradox anmutende Umstand wieder „Geschichte“, was einerseits
am dramatischen Preiseinbruch bei Blei liegt zum anderen aber auch an der
bemerkenswerten „Rallye“, die Aluminium in den vergangenen Monaten aufs
Börsenparkett gelegt hat. Aber wie viel Aufwärtspotenzial hat das begehrte
Leichtmetall auf dem derzeitigen Niveau noch oder droht gar das baldige Ende der
Zwischen-Hausse?
Stetig steigende
Lagerbestände
Vor dem Hintergrund der gut
30prozentigen Verteuerung seit Jahresbeginn könnte man annehmen, Aluminium sei
momentan außerordentlich knapp. Dem ist jedoch ganz und gar nicht so.
Tatsächlich weist der Markt eher ein Überangebot auf, welches in den deutlich
gestiegenen Lagerbeständen an der London Metal Exchange zum Ausdruck kommt. Zur
Stunde bewegen diese sich im Bereich von 1,1 Millionen Tonnen. Gegenüber den
Tiefstständen von November 2006 bei etwa 650.000 Tonnen entspricht das einem
Plus von annähernd 70 Prozent.
Höhere Nachfrage
möglich
Dabei präsentierte sich die
Nachfrage in den letzten Jahren durchaus robust und für die Zukunft erwarten wir
hier sogar noch moderate Anstiege, selbst wenn sich das Wirtschaftswachstum in
den etablierten Industriestaaten merklich abkühlen sollte. Impulse dürften in
diesem Zusammenhang vor allem aus der Automobil-Branche kommen. Wir können uns
in Anbetracht der kaum noch zu bezahlenden Benzinpreise vorstellen, dass immer
mehr Hersteller verstärkt zu einer Leichtbauweise umschwenken. Denn weniger
Gewicht bedeutet weniger Verbrauch. Um dennoch ein hohes Maß an Sicherheit zu
gewährleisten, halten wir es für wahrscheinlich, dass künftig vermehrt Aluminium
verbaut wird. Dadurch könnte der auf Grund eines möglichen konjunkturellen
Abschwungs ausgelöste Nachfrage-Rückgang überkompensiert
werden.
Chinesische
„Aluminium-Schwemme“
Der entscheidende Faktor für die
Entwicklung der Aluminium-Notierungen ist aber weniger die Nachfrage- als
vielmehr die Angebotsseite. Anders als bei den meisten übrigen Rohstoffen tritt
bei Aluminium China nicht als der „unersättliche Drache“ auf, der die Märkte
leer kauft, sondern eher als eine Art Vulkan, der das Leichtmetall in unsagbar
großen Mengen ausspeit. Immerhin ist das Riesenreich mit einigem Abstand der
weltweit bedeutendste Aluminium-Produzent. Kein Wunder also, dass die
chinesischen Exporte immer weiter zunehmen. Im Juni steigen die Ausfuhren
gegenüber dem Vormonat um satte elf Prozent auf 300.000 Tonnen. Das entspricht
dem höchsten Niveau seit 2004. Doch damit könnte es nun demnächst vorbei
sein.
Deutliche Produktions-Kürzungen
beschlossen
Die chinesische Regierung hat
nämlich angekündigt, den Output mit sofortiger Wirkung um fünf bis zehn Prozent
zu reduzieren. Dies hätte zur Folge, dass dem Markt auf Jahressicht 1,2
Millionen Tonnen fehlen würden. Hintergrund der Maßnahme sind Engpässe bei der
Stromversorgung. Da man zumindest während der Olympischen Spiele die
Luftverschmutzung so gering wie möglich halten möchte, sollen fossile Kraftwerke
nicht auf Hochtouren laufen. Folglich muss Energie gespart werden und eine gute
Möglichkeit dazu ist die Absenkung der Aluminium-Erzeugung. Ob die
Administration dieses Ziel aber erreicht, ist zumindest fraglich. Schließlich
hatten die Chinesen derartige Pläne in der Vergangenheit mehrfach angekündigt.
Durchsetzen ließ sich dieses Vorhaben letztlich dann aber doch nicht, weil die
Wachstumsdynamik im „Reich der Mitte“ so hoch ist, dass sogar ein totalitäres
Regime es nicht zu bändigen vermag. Insofern würden wir diese Ankündigung
sicherlich nicht überbewerten.
Energiepreise als stützender Faktor
für Aluminium
Zu einem massiven Preiseinbruch wird
es bei Aluminium aber trotzdem sicherlich nicht kommen. Dafür ist die
Herstellung einfach viel zu energieintensiv und damit heutzutage zu teuer. Die
steigenden Herstellungskosten werden – wie eigentlich immer – an die Abnehmer
weitergereicht. Spätestens wenn die Preise so stark gefallen sind, dass eine
rentable Herstellung nicht mehr möglich ist, wird der Output merklich
zurückgehen, was die Preise wieder steigen lässt. Letztlich kann man es also
drehen und wenden, wie man will: Solange die Energiepreise so hoch bleiben, kann
Aluminium dauerhaft nicht merklich billiger werden.
Korrekturen gut
möglich
Sollte China tatsächlich seine
Produktionsmenge kürzen, können wir uns sogar einen weiteren Preisanstieg
vorstellen. Allerdings ist diese Spekulation in Anbetracht der hohen
Lagerbestände und der Unsicherheiten bezüglich der Wirksamkeit der geplanten
Reduzierungsmaßnahme mit nicht zu unterschätzenden Risiken verbunden. Nach der
deutlichen Verteuerung in den letzten Wochen ist eine Korrektur in jedem Fall
nicht auszuschließen. Bekanntlich heißt es an den Börsen: Buy the rumor, sell
the fact. Nachdem China die Pläne hinsichtlich einer Verringerung des
Aluminium-Outputs jetzt offiziell bestätigt hat, könnten durchaus erst einmal
Gewinnmitnahmen einsetzen
Klassische
„Bullenfalle“
Die Annahme kurzfristiger Rücksetzer
legt mittlerweile auch der Blick auf die Charttechnik nahe. Zwar ist der seit
Jahresbeginn vorherrschende Aufwärtstrend unverändert intakt. Aber leider
entpuppte sich der Ausbruchversuch über die Widerstandsmarke bei 1,50 US-Dollar
je Pound bislang als „Bullenfalle“. Unmittelbar im Anschluss setzten Verkäufe
ein, die den Kurs mittlerweile sogar in den Bereich der 18-Tage-Linie gedrückt
haben. Da sowohl der MACD als auch die Stochastik ein Verkaufssignal generieren
und sich zudem der RSI auf dem Rückzug befindet, ist erst einmal mit weiteren
Abgaben zu rechnen. Entscheidend ist dann, ob die wichtige Unterstützung bei
1,45 US-Dollar hält. Fällt diese nachhaltig, muss mit erheblich tieferen
Notierungen gerechnet werden.
Erfolgreiche Rohstoff-Trades wünscht
Ihre
http://www.rohstoff-trader.de