Das Bundesfinanzministerium erhofft sich von der Steuer mehr als 17 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen.
Dienstag, 21.03.2017 15:21 von | Aufrufe: 3654

EU-Finanztransaktionssteuer: Entscheidung fällt bis Ende Mai

Das Bundesfinanzministerium erhofft sich von der Steuer mehr als 17 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen. - © istock.com / sarmoho

Schon 2011 legte die EU-Kommission einen Gesetzentwurf für die Finanztransaktionssteuer vor. Die Idee dahinter: Der Finanzsektor sollte einen Beitrag zu den enormen Belastungen im Zuge der Finanzkrise leisten. 4,6 Billionen Euro hatten die Rettungsaktionen die EU-Staaten bis dahin gekostet. Nach der Vorlage des Entwurfs tat sich zunächst wenig: 2012 scheiterte die Einführung der Steuer an Großbritannien und Schweden – kurz darauf stellten sich Luxemburg und die Niederlande gegen eine Beschränkung der Steuer auf die Euro-Zone. Derzeit verhandeln noch zehn EU-Länder über eine Einführung der Steuer. Ein zentraler Streitpunkt in den Verhandlungen ist die Frage nach den Finanzinstrumenten, die von den Abgaben betroffen sein sollen.

Österreichischer Finanzminister hält Einigung für möglich

Am Montag war Medienberichten zufolge ein Kompromiss vorgeschlagen worden, demzufolge auch Derivate durch die Finanztransaktionssteuer erfasst werden sollen – einzelne Länder sollen aber auf die Besteuerung von Derivaten verzichten können. Vor allem Belgien und die Slowakei hatten sich gegen die Derivate-Besteuerung ausgesprochen.

Bis Ende Mai müssten sich die beiden Länder jetzt entscheiden, ob sie dem Kompromiss zustimmen – ansonsten sei das Projekt „beendet“, erklärte der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling laut einem dpa-Bericht heute in Brüssel. Schelling, der die Verhandlungen über die Finanztransaktionssteuer leitet, zeigte sich „optimistisch und zuversichtlich“, dass innerhalb der Frist eine Einigung erzielt werde.

Aktienhandel soll mit 0,1 Prozent besteuert werden

Die Finanztransaktionssteuer sieht vor, Wertpapiertransaktionen mit 0,1 bis 0,01 Prozent zu besteuern. Demnach sollen 0,01 Prozent für den Handel mit Derivaten berechnet werden – der Aktienhandel würde mit 0,1 Prozent zu Buche schlagen. In Deutschland werden laut einer vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegebenen Studie, über die die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hatte, jährlich Aktien im Wert von etwa 275 Billionen Euro gehandelt – mehr als 17 Milliarden Euro pro Jahr könnten durch die Steuer jährlich in die Staatskasse fließen. Doch das Gutachten nennt auch Probleme: Ausweichbewegungen der Anleger in Länder ohne Transaktionssteuer könnten laut der dänischen Beratungsgesellschaft „Copenhagen Economics“ die Folge sein. Zu erwarten sei den Experten zufolge außerdem, dass neue, gering besteuerte Derivate an die Stelle bestimmter Wertpapiere treten.

Auch die EU-Länder, die derzeit über die Einführung der Finanztransaktionssteuer verhandeln, sehen mögliche Standortnachteile mit Sorge. Im Zuge des Brexit verlagern Banken – beispielsweise die Londoner Großbank HSBC, die im Januar den Umzug von 1000 Arbeitsplätzen nach Paris angekündigt hatte – ihren Schwerpunkt nach Kontinentaleuropa. EU-Länder, welche die Finanztransaktionssteuer erheben, könnten bei diesem Prozess gegenüber anderen Staaten der Europäischen Union ins Hintertreffen geraten.

Sollten Belgien und die Slowakei dem nun erarbeiteten Kompromiss zustimmen, könnte die Finanztransaktionssteuer ab dem kommenden Jahr in zehn EU-Ländern erhoben werden – Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte zuletzt 2018 als möglichen Zeitpunkt für die Einführung der Steuer genannt.


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