George Soros auf dem World Economic Forum 2011.
Freitag, 02.11.2018 13:27 von | Aufrufe: 2271

Vom Philosophen, der an die Wall Street wollte – ein Porträt über George Soros

George Soros auf dem World Economic Forum 2011. - © World Economic Forum (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:George_Soros_-_World_Economic_Forum_Annual_Meeting_2011.jpg), „George Soros - World Economic Forum Annual Meeting 2011“, Zuschnitt von ARIVA.DE von ARIVA.DE, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/legalcode

Der „Schwarze Mittwoch“ war wahrscheinlich einer seiner erfolgreichsten Tage als Finanzinvestor. Am 16. September 1992 brachte George Soros die Bank of England zu Fall und gewann damit Milliarden. Zwei Jahre nach dem Eintritt Großbritanniens in den Europäischen Wechselkursmechanismus war das britische Pfund im Jahr 1992 stark überbewertet. George Soros spekulierte auf einen baldigen Zusammenbruch des britischen Währungssystems – und sollte Recht behalten. Er hatte Anteile am britischen Pfund in Höhe von zehn Milliarden US-Dollar gekauft, um sie dann Stück für Stück zu verkaufen. Damit nahm die Abwertung ihren Lauf. Die Bank of England versuchte dagegen zu halten und kaufte selbst massenweise Währungsanteile – jedoch ohne Erfolg. Soros gewann an dem Tag rund eine Milliarde US-Dollar.

Vom Philosophen zum Finanzinvestor

Der Spekulant Soros wurde 1930 als Sohn jüdischer Eltern in Ungarn geboren. Während der Zeit des Nationalsozialismus sah er sich gezwungen das Land zu verlassen und wanderte mit siebzehn Jahren allein nach London aus. Zwei Jahre später schrieb er sich an der London School of Economics ein, an der er 1953 seinen Abschluss in Philosophie machte. Nur drei Jahre später beschloss er, sein Glück in den USA zu versuchen und ging nach New York. Sein großes Ziel waren die Finanzmärkte. Soros arbeitete zunächst als Arbitrageur und Analyst und wurde später zum Experten für europäische Wertpapiere. 1970 gründete er zusammen mit Jim Rogers seinen Hedge Fund Soros Fund Management, der einer der erfolgreichsten Hedge Fonds in der Geschichte ist.

Soros Fund Management ist einer der erfolgreichsten Fonds der Welt

Rund ein Jahr nach der Gründung des Fonds war dieser bereits 12,5 Millionen US-Dollar wert, 1972 waren es 20,1 Millionen US-Dollar. In den ersten zehn Jahren seit der Gründung legte der Fonds über 3.000 Prozent an Wert zu und war im Jahr 1980 bereits 381 Millionen US-Dollar schwer. Der Hedgefonds-Manager Soros selbst soll zu dem Zeitpunkt bereits ein Vermögen von 100 Millionen US-Dollar angehäuft haben. In den ersten Jahren des Fonds setzte Soros vor allem auf Rüstungs- und Technologieunternehmen und schlug damit die Performance des Dow Jones bei Weitem. Im Jahr 1978 erzielte der Fonds eine Rendite von 55,1 Prozent, 1979 waren es 59,1 Prozent. Der Dow Jones verzeichnete im Jahr 1978 ein Minus von rund 3,2 Prozent. Ein Jahr später lag er mit 4,2 Prozent im Plus. 1979 wurde Soros Fund Management zu Quantum Funds umbenannt. Das einzige Mal, dass der Fonds von George Soros auf Jahressicht keine Gewinne einfuhr war 1981 – in dem Jahr verlor der Quantum Fund 22,9 Prozent an Wert.

Makroanalyse und Reflexivität bescherten ihm Milliarden

US-Milliardär George Soros ist bekannt für seine Investmentstrategien. In seinen Anfängen als Investor hat er oft Wetten auf fallende (oder auch steigende) Kurse mit Hilfe von Leerverkäufen und starken Hebeln abgeschlossen. So auch 1992, als er die Bank of England geschlagen hat. Die Wetten auf fallende Kurse beendete er später und setzt mittlerweile nur noch auf steigende Kurse. Seine zweite Strategie beruht auf der Analyse der makroökonomischen Situation des Marktes („global macro strategy“). Dazu gehört die Auseinandersetzung mit der internationalen Politik sowie der Finanzsituation, wie beispielsweise Inflations- oder Zinsraten. Zusammengefasst wird die Strategie des Investors George Soros als Reflexivität bezeichnet. Soros basiert seine Investmententscheidungen auf der Idee, dass Investoren ein gewisses Bild von der Realität haben und dementsprechend handeln. Soros ist jedoch der Ansicht, dass dieses Realitätsbild verzerrt ist und Anleger so falsche Entscheidungen an der Börse treffen. Diese falschen Entscheidungen beeinflussen sie wiederum selbst, da so Situationen entstehen können, die von den Investoren so nicht geplant waren, wie beispielsweise Blasen. Sie unterliegen somit einem sich selbst verstärkendem Effekt, der das Gleichgewicht an der Börse stört und unter anderem auch Finanzkrisen entstehen lässt.

Auch ein Soros verkalkuliert sich mal

Soros machte nicht nur mit seiner Wette gegen das britische Pfund auf sich aufmerksam. Er wurde in der Vergangenheit auch immer wieder beschuldigt, eine Mitschuld an der asiatischen Finanzkrise von 1997 gehabt zu haben. Er soll den malaysischen Ringgit und den thailändischen Baht massenhaft gekauft und dann auf einen Kursverfall spekuliert haben. Aber auch ein George Soros liegt mit seinen Wetten nicht immer richtig. Zu Beginn der Finanzkrise von 2008 kaufte der US-Investor die Aktien der Investmentbank Bear Stearns für 54 US-Dollar pro Aktie. Soros setzte darauf, dass die bankrotte Bank versteigert werden würde. Stattdessen wurde sie von JPMorgan Chase für zwei US-Dollar pro Aktie aufgekauft und Soros verlor viel Geld.

George Soros als einer der größten Philanthropen unserer Zeit?

Bereits in den späten 1970er Jahren hat George Soros angefangen sich sozial zu engagieren. Seine Stiftungen laufen in der Gruppe Open Society Foundations zusammen, in die er seit der Gründung insgesamt mehr als 32 Milliarden US-Dollar investiert hat. Mit der Soros-Stiftung hat er unter anderem Stipendien an Südafrikaner während der Zeit der Apartheid vergeben und den Ideenaustausch im Kommunismus in den Ostblockstaaten gefördert. Nach dem Fall der Berliner Mauer hat er die Central European University in Budapest gegründet, mit der er das kritische Denken und den Austausch der Studenten untereinander unterstützen will. Seit den frühen 2000er Jahren setzt sich Soros zudem für die Gleichberechtigung von homosexuellen Paaren und für die Anerkennung der Roma in Europa ein. Neben seinen Spendenaktivitäten hat Milliardär Soros auch diverse Bücher geschrieben, die sich beispielsweise mit dem Kapitalismus oder der Globalisierung auseinandersetzen.

Obwohl George Soros in der Vergangenheit vorgeworfen wurde, illegale Geschäfte gemacht und ganze Ökonomien zu Fall gebracht zu haben, kann man ihm nicht vorwerfen, ein sehr egoistischer Mensch zu sein. Mit seinen Spenden in Milliardenhöhe kann er durchaus mit Leuten wie Bill Gates oder Warren Buffett mithalten, die ebenfalls bereits einen großen Teil ihres Vermögens gespendet haben. Mit seinen derzeit 88 Jahren ist er zudem immer noch politisch aktiv und plant, sich auch weiterhin für Gleichberechtigung einzusetzen, da er selbst bereits Diskriminierung aufgrund seiner Herkunft erlebt hat. Während seines Studiums hat der österreichisch-britische Philosoph Karl Popper einen großen Eindruck auf den jungen Soros hinterlassen. Popper vertrat die Ideen, dass Demokratie und Gleichberechtigung notwendig sind, damit sich Gesellschaften entwickeln können. Soros hat diese Ideen in seine Open Society Foundations übernommen. Sein politisches Engagement brachte ihn jüngst in einen Konflikt mit dem ungarischen Präsidenten Viktor Orbán, der ihm vorwarf, gezielt Migranten nach Europa zu bringen und die Staatengemeinschaft damit zu destabilisieren. Nach dem Konflikt mit der ungarischen Regierung will sich Soros mit seiner Stiftung aus Ungarn zurückziehen. Zudem sagt er den Zerfall der EU voraus und kritisiert den Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union nach dem Brexit-Referendum.


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