Goldbarren auf einer Waage.
Dienstag, 23.04.2019 10:16 von | Aufrufe: 4336

Nachhaltigkeit und Gold: Können Anleger mit gutem Gewissen investieren?

Goldbarren auf einer Waage. - © gmutlu/E+/Getty Images www.gettyimages.de

Trinken Sie Kaffee? Vielleicht achten Sie dann beim Einkauf darauf, dass Ihr Kaffee fair gehandelt wurde und dass Produzenten die Erntearbeiter nicht ausnutzen und keine Kinder bei der Ernte beschäftigen. Fair gehandelt werden heute diverse Produkte, nicht nur Kaffee, sondern unter anderem auch Kakao, Obst, Säfte, Schokolade, Baumwollprodukte und Wein. Und auch Gold: Zumindest bezeichnen einige Anbieter von Trauringen ihre Produkte so, weil sie aus recyceltem Gold hergestellt werden. Denn Umweltschützer kritisieren seit langem den großen Einsatz von Chemikalien beim Goldabbau.

Nicht zuletzt die geringe Korrelation mit anderen Anlageklassen macht Gold als Beimischung im Depot für private Anleger interessant. Gold bringt keine Zinsen ein. Gold wirft keine Dividenden ab. Und dennoch ist Gold als Wertanlage immer ein Thema, es ist die traditionelle Ersatzwährung schlechthin. Das Edelmetall erfüllt seit jeher diese Funktion, eine Zeit lang sogar selbst für die Notenbanken, die bis heute große Reserven Gold halten.

So hielten die USA im Jahr 2018 mehr als 8.000 Tonnen, Deutschland verfügt über immerhin noch etwas mehr als 3.300 Tonnen Gold. Gefördert wurden im vergangenen Jahr nach Angaben des World Gold Councils rund 3.365 Tonnen des Edelmetalls, soviel wie nie zuvor. Rund 2.200 Tonnen der Fördermenge wurden zu Schmuck verarbeitet, von dem etwa die Hälfte allein von China und Indien nachgefragt wird. Die Technologiebranche benötigte insgesamt knapp 335 Tonnen Gold. Es wird unter anderem in der Produktion von Smartphones und Computern verwendet.

Umweltverschmutzung wird oft in Kauf genommen

Das meiste Gold wurde laut Statista im vergangenen Jahr in China gefördert, rund 400 Tonnen, gefolgt von Australien mit 310 Tonnen und Russland mit 295 Tonnen. Länder wie Peru, Ghana oder Südafrika förderten immerhin noch zwischen 100 und 150 Tonnen des Edelmetalls. Doch die Goldförderung bedeutet gleichzeitig eine große Belastung für die Umwelt.

So werden für den Abbau von Golderz riesige Minen angelegt, die meist mehrere Quadratkilometer groß sind. In Peru beispielsweise werden die Minen oft inmitten des Regenwaldes angelegt. Nach Angaben des Vereins Rettet den Regenwald hat die Abholzung und Nutzung der Goldfördergebiete nicht nur negative Auswirkungen auf die dort lebende Tier- und Pflanzenwelt, sondern auch auf indigene Völker und ihren Lebensraum. Ist eine Mine dann einmal angelegt, werden nach der Sprengung und Zerkleinerung des Gesteins Chemikalien wie Zyanid oder Quecksilber eingesetzt, um das Gold vom Gestein zu lösen. Gelangt die Zyanidlauge in die Umwelt, werden Boden, Flüsse und Trinkwasser vergiftet. Das Gestein gibt auch Jahrzehnte nach der Stilllegung einer Mine noch Zyanid an die Umwelt ab.

Auch die lokale Bevölkerung ist betroffen

Quecksilber wird oft von Kleinschürfern verwendet und mit dem gesiebten Goldstaub zu Amalgam verarbeitet, welches dann erhitzt wird. Übrig bleibt am Ende das reine Gold. Vor allem für Goldwäscher in ärmeren Ländern gibt es meist keine Schutzanzüge oder andere Sicherheitsmaßnahmen, die vor einer Vergiftung schützen. Sie atmen die giftigen Dämpfe ein, der Rest gelangt ungefiltert in die Luft. In ärmeren Goldförderländern werden zudem Kinder für die Arbeit eingesetzt, da sie aufgrund ihrer Größe einfacher in die Schächte klettern können.

Neben den Risiken der Arbeit in den Minen leiden Goldwäscher oft noch jahrelang unter den Folgen der Schwermetallbelastung. Wenn das Grundwasser vergiftet wird, ist auch die Bevölkerung in der Umgebung betroffen. Diese nimmt das Quecksilber oder das Zyanid mit dem Trinkwasser auf oder bewässert damit ihre Felder, sodass die Schwermetalle in die Nahrung gelangen. Die Beratungsgesellschaft Adelphi berichtet in Folge dessen von Krebserkrankungen, hormonellen Störungen oder Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems.

Gold als nachhaltiges Investment?

Diese Schattenseiten bei der Goldförderung werden bei Investments in Goldbarren gern übersehen. Der Abbau in Minen ist nach wie vor die Hauptquelle des Goldangebots. Nach Angaben des Vergleichsportals Gold.de lag der Anteil von recyceltem Gold - also Gold, dass von Scheideanstalten aus goldhaltigen Produkten gewonnen wird - am gesamten Goldangebot im Zeitraum zwischen 1995 und 2016 im Schnitt nur bei einem Drittel. Gemessen an allem Gold, das jemals gefördert wurde, sei das Recycling-Volumen winzig.

Ob Gold unter diesen Voraussetzungen als ethisches und nachhaltiges Rohstoff-Investment angesehen werden kann, bleibt somit fraglich. Gleichzeitig sind jedoch Konzerne, die Gold für die Herstellung ihrer Produkte benötigen, in vielen Nachhaltigkeitsindizes zu finden. Beim MSCI World SRI Index - einem der bekanntesten Nachhaltigkeitsindizes weltweit - machen Unternehmen aus der Informationstechnologie knapp 20 Prozent des Indexgewichtes aus. Mit Intel und ST Microelectronics sind zwei der größten Chiphersteller dabei, außerdem der Grafikprozessor-Spezialist Nvidia sowie bekannte Hersteller von Computern und Unterhaltungselektronik wie IBM, Sony, Panasonic, Nintendo oder Fujitsu.


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Mit Newcrest ist sogar die Aktie eines Goldminenbetreibers im MSCI World SRI Index enthalten. Dabei werden laut Indexbetreiber keine Unternehmen in dieses Börsenbarometer aufgenommen, "deren Produkte negative soziale oder ökologische Auswirkungen haben". Stattdessen sollen im Index die Aktien von Konzernen enthalten sein, die sich durch ein positives Rating bei den ESG-Kriterien auffallen, also in Umweltfragen, bei sozialen Aspekten und in der Unternehmensführung (ESG steht für "Environment, Social und Governance").

In der Tat hat Newcrest umfangreiche Unternehmensleitlinien entwickelt und sich unter anderem der Fürsorge für seine Mitarbeiter, dem möglichst klimaschonenden Einsatz von Energie, der Zusammenarbeit mit lokalen Einrichtungen und einem möglichst umweltschonenden Betrieb der Goldminen verpflichtet. Ist der Abbau von Bodenschätzen aber überhaupt nachhaltig, also unter Bewahrung der natürlichen Regenerationsfähigkeit des Ökosystems, möglich?

Hinzu kommt: Die ESG-Kriterien unterliegen derzeit noch keinen einheitlichen Standards und Finanzinstitute können die Bewertung von Anlagen noch selbst vornehmen. Zudem werden bei der Bewertung oft die Wirtschaftlichkeit sowie die Auswirkung der direkten Praxis des Unternehmens auf die Menschen und die Umwelt berücksichtigt, nicht aber weitergreifende Effekte, die beispielsweise bei der Rohstoffgewinnung für die Produktion entstehen.

Ein weites Spektrum von Kriterien decken hingegen einige Indizes ab, die unter relativ strengen Auflagen hinsichtlich der Nachhaltigkeit ihrer Unternehmen verwaltet werden. Diese umfassen jedoch meist eine geringere Anzahl von Unternehmen und werden daher als volatiler angesehen. Aber die Auswahl an nachhaltigen Investments wächst stetig. Bleibt nur der Tipp: Anleger sollten sich aufgrund dessen einen genauen Überblick über mögliche nachhaltige Investments verschaffen und überlegen, welcher Grad an Nachhaltigkeit für sie selbst wichtig ist.

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