Siemens-Chef Kaeser trommelt dafür, dass Beschäftigte zu Aktionären werden. Wären Mitarbeiter an ihren Firmen beteiligt, könnte Altersarmut vorgebeugt werden, so sein Kalkül. Das ist jedoch ein Trugschluss. Eine Analyse.
Der Deutsche Aktienindex notiert nur wenige Prozent unter seinem Allzeithoch. In den vergangenen fünf Jahren legte er rund 70 Prozent zu, während die Nominallöhne nur um etwa zwölf Prozent gestiegen sind. Nicht zuletzt deshalb wird von vielen Politikern, nicht wenigen Ökonomen und selbst manchen Topmanagern eine zunehmende Spreizung der Gesellschaft diagnostiziert und beklagt. Kein Wunder also, dass das Thema Mitarbeiterbeteiligung wieder einmal als Patentlösung durch die Presse geistert.
Derzeit trommelt Siemens-Chef Joe Kaeser dafür, dass Beschäftigte zu Aktionären werden sollen. Würden die Belegschaften an ihren Unternehmen beteiligt, könnte drohender Altersarmut vorgebeugt, Ängsten vor Globalisierung und Digitalisierung entgegengewirkt und wachsender Vermögensungleichheit begegnet werden, glaubt er.
Doch ist seine „Ownership Culture“ wirklich solch ein Patentrezept? Neu ist die Idee jedenfalls nicht. Sie wurde in den vergangenen Dekaden schon oft unter verschiedenen Etiketten propagiert und diskutiert. Stets wurde Vermögensbildung als Patentlösung für ein jeweils aktuelles Problem gepriesen. Zunächst ging es um den Abbau von Klassengegensätzen und die Beteiligung breiter Schichten am Produktivvermögen. Dann sollte das tarifpolitische Menü vergrößert und Tarifpolitik flexibler werden. Ein anderes Mal wurden produktivitätssteigernde Motivations- und Identifikationseffekte auf das Personal unterstellt. Zudem sollten wahlweise der soziale Frieden, die Finanzierungsmöglichkeiten oder die Liquidität der Betriebe gestärkt werden.
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