US-Dollar-Noten.
Mittwoch, 18.09.2013 11:23 von | Aufrufe: 2172

Legt die Fed heute das Ruder um?

US-Dollar-Noten. pixabay.com

Heute entscheidet die US-Notenbank Fed über den weiteren Kurs ihrer Geldpolitik. Beobachter rechnen damit, dass die amerikanischen Währungshüter nun mit dem beginnen werden, was sie im Sommer bereits in Aussicht gestellt hatten: dem Zurückfahren ihrer Anleihenkäufe. Die Entscheidung dürfte nicht nur für den Devisenmarkt von Interesse sein, sondern auch den Rohstoff- und den Aktienmarkt betreffen.

Kiel, 18.09.2013 (ARIVA.DE / es) Wenn ambitionierte Ausdauersportler kurz vor einem Wettkampf ihre Trainingsbelastung herunterfahren, damit ihre Körper bis zum Start noch einmal Kräfte sammeln können, sprechen Sportwissenschaftler gern von „Tapering“. Doch „Tapering“ – übersetzt heißt das soviel wie „ausdünnen“ oder „reduzieren“ – dieser Begriff ist derzeit auch in der Finanzwelt allgegenwärtig. Gespannt schauen Investoren heute nach Washington, wo die US-Währungshüter zu ihrer Ratssitzung zusammenkommen. Die geldpolitische Frage, die alle bewegt: Beginnt die Fed jetzt mit dem „Tapering“?

Seit Monaten fährt die US-Notenbank Fed einen extrem expansiven Kurs in der Geldpolitik. Monat für Monat kauft sie Schuldverschreibungen in hoher zweistelliger Milliardenhöhe auf, um damit die langfristigen Zinsen zu drücken und die Wirtschaft anzukurbeln. Doch im Sommer hatte der scheidende Fed-Chef Ben Bernanke erstmals ein Ende dieses Aufkaufprogramms für Ende des Jahres in Aussicht gestellt. „Nachdem seine achtjährige Amtszeit durch eine in der Geschichte beispiellose Nullzinspolitik sowie eine Geldschöpfung durch Wertpapierkäufe in riesigem Umfang geprägt wurde, scheint es nun an der Zeit, den Geist in die Flasche zurückzubugsieren“, meint Investmentanalyst Dr. Berndt Fernow von der LBBW.

Wie nicht wenige seiner Kollegen rechnet auch Rob Wood, Chief UK Economist bei Berenberg, damit, dass die Fed heute das sukzessive Ende der Anleihenkäufe verkündet. Nach den jüngsten Statements aus den USA geht man bei Berenberg von einer moderaten monatlichen Reduzierung um 15 Milliarden US-Dollar aus.

Die Fed hatte das Ende der Anleihenläufe stets an die Bedingung geknüpft, dass sich die Aussichten auf dem US-Arbeitsmarkt nachhaltig verbessern. Tatsächlich ist die Arbeitslosenquote seit Juni von 7,6 Prozent auf 7,3 Prozent gesunken. Allerdings zeigt die Statistik auch: Ingesamt nehmen heute nur noch 63,2 Prozent der US-Amerikaner überhaupt am Arbeitsmarkt teil – so wenig wie seit Ende der 70er Jahre nicht mehr. Die Frage, die sich die Fed demnach stellen dürfte, ist, ob der Rückgang der Arbeitslosenquote auf einen demografischen Faktor und die langsame Erholung der Wirtschaft zurückzuführen ist, oder möglicherweise auch darauf, dass Menschen die Suche nach einem Job frustriert aufgeben und dadurch aus der Statistik fallen.

Warum die Finanzmärkte heute gespannt auf die Fed-Entscheidung warten, erklärt ein anderer Zusammenhang. Die extrem expansive Geldpolitik der USA hat dazu geführt, dass Kapital in großen Mengen aus dem US-Dollar in Währungen der Schwellenländer und in Rohstoffe geflossen ist. Vollzieht die Fed, wenn auch langsam, eine Wende, würde das den Dollar stärken, und die Kapitalströme könnten sich weiter umdrehen.

So passt es ins Bild, dass die Notenbank Indonesiens vor wenigen Tagen ihren Leitzins angehoben hat - zum vierten Mal seit Juni. Grund: Aus dem aufstrebenden Land ziehen Investoren Geld ab, was die Währung massiv unter Druck setzt. Gegenüber dem Euro wertete die indonesische Rupiah in den vergangenen drei Monaten um rund 14 Prozent ab. Auch Brasilien und Indien sehen sich mit einer starken Abwertung ihrer Währungen konfrontiert – ein Thema, dass eigentlich auf dem G20-Gipfel in Russland stärker im Mittelpunkt hätte stehen sollen, dann aber von dem Krieg in Syrien überlagert wurde.

Doch nicht nur für den Devisenmarkt dürfte die Fed-Entscheidung von Bedeutung sein. Die schweizerische Bank Vontobel berichtet, dass an der US-Terminbörse Comex die Wetten auf steigende Goldpreise zuletzt deutlich zurückgegangen sind. Zieht die Konjunktur in den USA an und mit ihr der Dollar-Kurs, büßt Gold als sicherer Hafen an Attraktivität ein. Insofern dürften auch Privatanleger mit Interesse verfolgen, was in Washington passiert.

Für die deutsche Wirtschaft wäre ein stärkerer US-Dollar Fluch und Segen zugleich. Fluch deswegen, weil zahlreiche Rohstoffe in der Leitwährung gehandelt werden und sich damit für Nicht-Amerikaner verteuern. Andererseits sind die USA für viele Konzerne etwa aus dem Automobilsektor oder dem Maschinenbau ein wichtiger Absatzmarkt, und deutsche Produkte würden für US-Kunden günstiger, wenn der Dollar gegenüber dem Euro an Wert gewinnt. Günstig wäre in diesem Zusammenhang zudem, wenn die Konsum- und Investitionsfreude in den USA steigen würde.


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Auf den Aktienmärkten herrscht vor der Fed-Entscheidung derweil Zurückhaltung. Eines steht jedoch schon fest: Selbst wenn die Notenbanker heute mit dem „Tapering“ beginnen – die Zeit des billigen Geldes ist damit noch nicht vorbei. Der Leitzins in den USA liegt weiter nahe Null, und eine Erhöhung dürfte für die Fed in den kommenden Monaten noch kein Thema sein.

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