Dienstag, 20.04.2021 11:19 von Frankfurter Börsenexperten | Aufrufe: 585

pfp Advisory: "Es läuft in den Unternehmen besser, als viele denken"

Fondsmanager Peeters blickt auf die Verfassung der deutschen Wirtschaft in Zeiten der Pandemie. 

19. April 2021. FRANKFURT (pfp Adisory). Seit über einem Jahr prägt das Pandemiegeschehen unseren Alltag. Wir wachen morgens auf, hören und lesen oft zuerst die zahllosen Statistiken zum Infektionsgeschehen. Wir leben unseren von den Beschränkungen geprägten Alltag mit viel Homeoffice und wenig sozialen Kontakten. Ermüdung und Frustration über sich kaum ändernde Umstände, lediglich durch erste nennenswerte Fortschritte beim Impfen geprägt, prägen die Stimmung breiter Schichten der Gesellschaft.

Dieses Grundgerüst des Alltags, mehr oder minder unverändert seit nunmehr einem Jahr, prägt die Sicht vieler Menschen, und nicht wenige „Corona-Müde“ wundern sich, warum im Kontrast zum mitunter weiter tristen Alltag die Aktienindizes sich nicht nur deutlich erholt haben, sondern in vielen Fällen auf oder nahe der Allzeithochs notieren. Naheliegend die Frage, ob das einzig der objektiv vorhandenen Geldschwemme zuzuschreiben ist oder vielleicht doch noch mehr dahinter steckt. In dieser Gemengelage verwundert es nicht, dass die seit Wochen mit am häufigsten an mich gerichtete Frage ungefähr wie folgt lautet: „Sag mal, Ihr seid doch als Stock-Picker in direktem Austausch mit etlichen Firmen aus unterschiedlichen Sektoren. Wie geht es denn der Wirtschaft wirklich?“

Sehr vitale Unternehmenslandschaft

Und in der Tat würde ich auch unter Betrachtung der laufenden Berichtssaison ein positiveres Bild malen, als es viele vielleicht intuitiv erwarten. Natürlich gibt es unverändert viele hart getroffene Wirtschaftszweige, vom stationären Einzelhandel über Hotellerie bis hin zur Tourismusindustrie. Aber so prominent wie diese Sektoren in der privaten Wahrnehmung eines Konsumenten verankert sind, so gewichtig ist ihre Rolle ökonomisch wiederum nicht. An der Börse, dies kommt für die Frage einer möglichen Entkopplung der Märkte noch hinzu, ist die Relevanz noch mal kleiner.

Von diesen Bereichen abgesehen erlebe ich vielmehr eine sehr vitale Unternehmenslandschaft. Von zahlreichen fokussierten Mittelständlern bis hin zu großen Schwergewichten aus dem Leitindex DAX: Sehr viele, insbesondere industrielastige Konzerne berichten derzeit über eine hohe Auslastung und volle Auftragsbücher. Ich arbeite seit rund 25 Jahren am Kapitalmarkt und kann sagen, eine derartige Häufung von Anpassungen der Jahresprognosen nach oben wie ich sie in den letzten Wochen sah, halte ich in dieser frühen Phase des Jahres für absolut ungewöhnlich.

Die Erklärungen der Firmenlenker ähneln sich: In den großen Märkten in Fernost und auch zunehmend in den USA wird in der wirtschaftlichen Welt bereits „post Covid“ agiert.  Die durch die massiven Liquiditätsinjektionen gepushten Ökonomien laufen auf Hochtouren, wie etwa auch die jüngsten und beeindruckenden Wachstumsraten aus China zeigen. Wirklich interessant die seit Monaten teilweise steil anziehenden Preise für sehr viele Rohstoffe oder auch die anhaltend faszinierenden Zahlen aus der Containerschifffahrt. Zudem besteht seit geraumer Zeit das Problem, dass viele Vorprodukte aufgrund von Lieferengpässen allmählich knapp werden. Das gilt weit über so prominente Beispiele wie etwa Halbleiter im KFZ-Umfeld hinaus und illustriert deutlich, dass „es brummt“. 

Zündet ein Wirtschaftsaufschwung?

Ähnlich bemerkenswert wie die bestehende Lage der Blick nach vorne gemessen daran, ob sich Unternehmen auch wieder Erweiterungsinvestitionen oder sogar Übernahmen von Wettbewerbern zutrauen. Auch hier scheint die Attitüde der Lenker deutlich anders zu sein als vor ziemlich genau einem Jahr, als kaum jemand wusste, was auf uns zukommt und Vorsicht überwog.

Doch was ist die Konsequenz für die Märkte: Zündet ein Wirtschaftsaufschwung nun zwingend die nächste Stufe auf dem Börsenparkett? Mit diesem Rückschluss wäre ich etwas vorsichtig. Einerseits preisen die Märkte ja immer die Zukunft ein, haben also das momentane Geschehen bereits antizipiert und mit der Hausse stieg zudem auch die Fallhöhe. Ebenso vermag niemand zu sagen, ob die mittlerweile doch recht deutlich erkennbaren inflationären Tendenzen nicht doch zu einem Umdenken der Notenbanken führen werden. Kurzum: Frei von Risiken sind Märkte nie und somit auch jetzt überhaupt nicht. Aber die Sorge, dass es in der gesamten Wirtschaft in breitem Umfang kriselt, die habe zumindest ich momentan wirklich nicht.

von: Roger Peeters
19. April 2021, © pfp Advisory


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