Mit seinem unkonventionellen Rule-Breakers-Investment-Ansatz schlägt Fool-Mitbegründer David Gardner seit Jahren zuverlässig den Markt. Waschechte Rule-Breaker-Unternehmen zeichnen sich dabei durch folgende Eigenschaften aus:
1. Pionier in einer aufstrebenden Industrie und attraktiv für Konsumenten.
2. Nachhaltige Wettbewerbsvorteile und ein cleveres Management.
3. Steigende Aktienkurse und eine angebliche Überbewertung.
Nach einer sehr überzeugenden Unternehmenspräsentation auf dem Frankfurter Eigenkapitalforum trifft davon ziemlich vieles auf den deutschen Workforce-Management-Anbieter ATOSS Software zu.
Pionier in einer aufstrebenden Industrie und Attraktivität für den Konsumenten
Bereits vor über 30 Jahren gründete der heute noch immer aktive Vorstandsvorsitzende Andreas Obereder ATOSS Software und ist daher ohne Frage ein Pionier für Workforce-Management-Software. Auch 30 Jahre nach der Gründung sind derartige Systeme in vielen Unternehmen noch längst kein Standard. Meistens löst ATOSS mit seiner Software daher fehleranfällige Excel-Listen oder Laufzettel ab.
In Zeiten eines stagnierenden oder gar schrumpfenden Angebots an qualifizierten Arbeitnehmern wird eine standardisierte Software, die dafür Sorge tragen soll, die richtigen Mitarbeiter mit den richtigen Qualifikationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben, immer wichtiger. Für die zunehmende Bedeutung sprechen auch immer komplexeren Organisationsformen mit weltweit verstreuten Mitarbeitern und steigende regulatorische Anforderungen, beispielsweise zur Nachverfolgung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit.
Auch wenn die ATOSS-Produkte den Kunden einige Vorteile bieten – beispielsweise 15 % weniger Personalkosten, 70 % weniger Planungsaufwand und 11 % höhere Umsätze – ist ATOSS kein konsumentenorientiertes Unternehmen. Diesen einen Punkt der Rule-Breakers-Checkliste erfüllt man also nicht.
Nachhaltige Wettbewerbsvorteile und cleveres Management
Der größte Unterschied zu den allermeisten Wettbewerbern liegt anscheinend in den deutlich umfangreicheren Funktionalitäten der angebotenen Workforce-Management-Lösungen. Die großen Wettbewerber konzentrieren sich auf das Zeit- und Aufgabenmanagement und viele kleinere Spezialisten konzentrieren sich auf Analysetools, die Einsatzplanung und Abwesenheitsmanagement. ATOSS bietet hingegen alle Funktionalitäten aus einer Hand an und macht so die Integration unterschiedlichster Software-Angebote überflüssig. Ein großer und nachhaltiger Wettbewerbsvorteil, der durch hohe Forschungs- und Entwicklungsausgaben – 2019 voraussichtlich fast 17 % des Umsatzes – weiter ausgebaut wird.
Dabei konzentriert man sich mit drei Produkten auf unterschiedliche Kundenzielgruppen. Die Staff Efficiency Suit zielt auf große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. ATOSS Time Control hingegen auf Unternehmen mit 30 bis 1.000 Mitarbeitern und mit Crewmeister kam 2017 ein weiteres Produkt hinzu, das speziell an Unternehmen mit weniger als 30 Mitarbeitern gerichtet ist.
Das ist eine ziemlich clevere Produktstrategie, da sich die Anforderungen und die Zahlungsbereitschaft der Kundengruppe deutlich unterscheiden dürften. So werden die beiden Angebote für größere Unternehmen beispielsweise sowohl On Premise, also als Software-Lizenz auf den Kundenservern, als auch als Cloud-Lösung angeboten. Crewmeister hingegen ist ein sehr günstiges reines Cloud-Angebot, das man sogar für zwei Wochen kostenlos testen kann. Diese niedrigen Einstiegshürden lassen die Kundenzahl von 550 im Jahr 2017 auf voraussichtlich 2.600 zum Jahresende nach oben schießen.
Steigende Aktienkurse und angeblich überbewertet
Hier dürfte es wohl keine zwei Meinungen geben. Betrachtet man den Zeitraum von Oktober 2009 bis zum Oktober 2019, legte die ATOSS-Aktie um 916 % zu, während der DAXsubsector Software Performance Index lediglich 290 % schaffte.
Aber warum ist das überhaupt ein relevanter Punkt dafür, ob die ATOSS-Aktie heute eine gute Investitionsgelegenheit ist? Nun ja, Gewinner neigen dazu, weiter zu gewinnen. Das ATOSS-Management hat in den letzten zehn Jahren einiges richtig gemacht. Und aufgrund der beschriebenen Wettbewerbsvorteile und der attraktiven Branche stehen die Chancen gut, dass auch die nächsten zehn Jahre erfolgreich verlaufen.
Und die derzeitige Bewertung? Oh ja, die erscheint ohne Zweifel sehr teuer. Bei einem Kurs von 144 Euro und einer Nettoliquidität von 30,4 Mio. Euro beträgt der Unternehmenswert derzeit rund 540 Mio. Euro. Das ist das 7,7-Fache des in diesem Jahr erwarteten Umsatzes von 70,8 Mio. Euro oder das 29-Fache des erwarteten operativen Gewinns vor Zinsen und Steuern von mindestens 19 Mio. Euro.
Genau diese angebliche Überbewertung lässt sicherlich schon einige sehr lange an der Seitenlinie stehen – darunter auch mich –, die bei immer weiter gestiegenen Kursen immer wehmütiger wurden. Zum Glück, denn wenn all diejenigen, die ein Auge auf die ATOSS-Aktie geworfen haben, heute schon welche in ihrem Depot hätten, dann gäbe es keine Käufer mehr, die den Kurs in Zukunft nach oben treiben.
Und wenn es ATOSS schafft, sich Jahr für Jahr mehr zu einem globalen Anbieter von Workforce-Management-Lösungen für alle Unternehmensgrößen und Branchen zu entwickeln, dann wird sich auch die heutige Bewertung in einigen Jahren als Schnäppchen erweisen. Denn ein solches Unternehmen gibt es heute noch nicht.
In diesem Sinne, erfolgreiches Investieren und Fool on!
Offenlegung: Sven besitzt keine der erwähnten Aktien.