Montag, 11.09.2017 20:58 von Alexander Coenen | Aufrufe: 3454

Uhr.de AG - das steckt wirklich dahinter

Seit Anfang des Jahres konnten sich die Aktien der uhr.de AG (ISIN DE000A14KN47) von ihrem Tief bei 0,65 Euro auf bis zu 12,80 Euro knapp verzwanzigfachen. Aktuell liegt der Kurs bei 3,40 Euro auf dem Frankfurter Parkett. Handelsvolumen und Volatilität lassen Traderherzen höher schlagen. Doch was genau steckt hinter den Kurskapriolen und lohnt sich der Einstieg noch? Ich habe ein Interview mit dem uhr.de AG Alleinvorstand Norman Mudring geführt und er hat einiges Interessantes zu berichten. Unter anderem auch über die jüngste BaFin-Warnung vor Kaufempfehlungen durch E-Mail-Börsenbriefe und über Leerverkäufe:

 

Sehr geehrter Herr Mudring, seit dem 1. Mai 2017 sind Sie Alleinvorstand der uhr.de AG. Seit Ihrem Amtsantritt ist viel passiert: der Insolvenzantrag der uhr.de AG wurde zurückgenommen, ein neuer Investor aus Hong Kong wurde gefunden und eine neue Tochtergesellschaft wurde übernommen. Dazu gehörte die uhr.de AG seit Ihrem Amtsantritt zu den volatilsten Werten am Deutschen Aktienmarkt. Aber der Reihe nach:

 

1) In welchem Zustand befand sich denn die uhr.de AG als Sie das Vorstandsmandat übernahmen und wie kamen Sie überhaupt zu dem Posten?

 

Norman Mudring: Es gab Streit zwischen dem alten Vorstand und den Investoren. Die Gesellschaft hatte kaum Schulden aber der Vorstand hatte Insolvenz angemeldet. Ich war ein Teil der Lösung weil ich bereits seit 2015 investiert bin und das Geschäft gut kenne. Der Aufsichtsrat wurde per Gerichtsbeschluss ausgetauscht, ich wurde zum neuen Vorstand bestellt, die Gelder flossen wieder und die Insolvenz wurde zurückgenommen. Im Rahmen der Sanierung wurde dann gleich alles bereinigt und ein sauberer Neustart ermöglicht.

 

2) Wie sieht die finanzielle Situation derzeit aus – wieviel liquide Mittel des Eigen- bzw. Fremdkapitals in Höhe von bis zu 1,5 Millionen Euro des neuen Investors haben Sie bereits erhalten?

 

Norman Mudring: Wir haben vertragsgemäß die ersten Gelder erhalten und möchten in diesem Jahr unser Geschäft wieder aggressiv ausbauen. Der Verbraucherschutzmitteilung der Bafin, die aufgrund von Kaufempfehlungen für unsere Aktie vor einigen Tagen veröffentlicht wurde, ist in der Sache allerdings nicht sehr hilfreich und fügt uns als Unternehmen unberechtigterweise einen großen Schaden zu.

 

3) Wie läuft das operative Geschäft, konnten die jüngst erworbenen 200.000 wertvollen Bestandskundendaten bereits eingesetzt werden?

 

Norman Mudring: Das operative Geschäft läuft seit einigen Tagen wieder an und wir haben bereits die ersten Ergebnisse erzielt. Jetzt müssen wir unseren Shop wieder neu aufbauen und frische Ware einkaufen. Das sind die nächsten operativen Schritte. Die wertvollen Leads werden dann in Kürze durch gezielte Marketingaktionen genutzt und auch die Kanäle über Facebook etc. sollen wieder aktiviert werden. Wenn wir schnell sind können wir das Weihnachtsgeschäft noch voll mitnehmen, das ist unser Ziel für dieses Jahr.

 

4) Wie geht der Relaunch des neuen Uhrenportals voran?

 

Norman Mudring: Der erste Relaunch ist abgeschlossen und es wurden Produkte von Partnern installiert, somit sind wir wieder operativ tätig. Weitere Partner z.B für Luxusuhren etc. sollen folgen, Gespräche laufen bereits. An unserem neuen Shop arbeiten wir noch. Mit der neuen Tochtergesellschaft werden jetzt neue Verträge mit Uhren- und Schmuckherstellern aufgesetzt. Dann muss in Ware und Vertrieb investiert werden.

 

5) Können Sie uns die aktuelle Firmenstruktur ein wenig skizzieren? Wie viele Tochtergesellschaften werden durch die Holding verwaltet und was macht jede einzelne von ihnen genau?

 

Norman Mudring: Derzeit verwalten wir neben der Klitsch GmbH, die sich in Abwicklung befindet, nur die Uhr.de Handelsgesellschaft mbH. Diese soll das neue Ladengeschäft und das gesamte Onlinegeschäft vollständig abwickeln. Wir brauchen keine aufwändige Struktur.

 

6) Wie sieht eigentlich die aktuelle Aktionärsstruktur der Gesellschaft aus? Wie viele Aktien liegen in festen Händen und wie viele Aktien wechseln täglich noch von einem Trader zum anderen und natürlich auch: wie viele Aktien halten Sie?

 

Norman Mudring: Es gibt eine Gruppe von Aktionären die nach eigenen Angaben deutlich über 50% der Aktien hält und mit den neuen Investoren eng verknüpft ist. Dann sind mir noch einige kleinere Aktionäre bekannt. Wir hoffen natürlich dass wir in Kürze noch weitere Finanzierungen abschließen können. In dieser Hinsicht ist der aktuelle Aktienkurs zwar von Vorteil, aber ich wünsche mir etwas weniger Volatilität in der Aktie.
Ich selbst halte über eine andere Gesellschaft ebenfalls ein kleines Paket. Zum Börsenumsatz kann ich wenig sagen, da dies nicht direkt mit dem operativen Geschäft zu tun hat.

 

7) Thema Aktien: wie eingangs bereits erwähnt gehören die Aktien der uhr.de AG sowohl zu den TOP-Performern als auch zu den mit Abstand volatilsten Werten der Deutschen Börse. Gab es in den vergangenen Wochen Leerverkäufe in Ihrer Aktie? Wenn ja, wie gehen Sie damit um?

 

Norman Mudring: Seit unserem Neustart ging es mit der Aktie um über 1.000% nach oben. Unser Business ist nun mal ein großes Wachstumsgeschäft und wir planen auch kurzfristig mit einem aggressiven Umsatzanstieg. Mit Sicherheit hat dies eine große Rolle bei der aktuellen Kursentwicklung gespielt. Aber die Aktie war aufgrund der vorhergegangenen Krise auch einfach völlig überverkauft. Es gibt nur 1.025.000 Aktien, der Firmenwert steht aktuell bei nur rund 4 Millionen Euro. Wir sind also noch sehr klein und entsprechend volatil. Wenn man sich die Kursentwicklung der letzten 3 Wochen ansieht, kann man sehr schnell zur Überzeugung kommen, dass es Leerverkäufe und Attacken auf den Aktienkurs gegeben hat, aber ich kann dies natürlich nur vermuten. Die Regularien der Börse erlauben solche destruktiven Geschäfte auf Kosten der Aktionäre und des Unternehmens leider immer noch.
Ich kann nur meinen Job machen und das Unternehmen operativ wieder auf Fahrt bringen. Wie der Markt und einzelne Akteure damit umgehen, kann ich nicht beeinflussen.

 

8) Welche Maßnahmen haben Sie im Bereich der Investor Relations geplant? Wird es einen Research und die Teilnahme auf Kapitalmarktkonferenzen geben?

 

Norman Mudring: In diesem Jahr werden wir das zeitlich wahrscheinlich nicht mehr schaffen, aber in Zukunft möchten wir uns natürlich sehr gerne vor neuen Investoren präsentieren.

 

9) Am 1. September warnte die BaFin vor Kaufempfehlungen für Aktien der uhr.de AG, da ihr Anhaltspunkte vorlägen, dass im Rahmen der Kaufempfehlungen unrichtige oder irreführende Angaben gemacht würden und/oder bestehende Interessenskonflikte pflichtwidrig verschwiegen würden. Was können Sie uns zu der BaFin-Warnung und den Kaufempfehlungen sagen?

 

Norman Mudring: Zu allererst möchte ich klarstellen, dass die Bafin nicht vor unserer Aktie warnt, sondern vor Börsenbriefempfehlungen, die wir weder beauftragt haben, noch irgendwie beeinflussen können. Ich halte einen solchen Verbraucherschutzhinweis für falsch und nicht zielführend. Geschädigt werden am Ende nämlich nur die Aktionäre die bereits Aktien gekauft haben und natürlich wir als Unternehmen, obwohl wir überhaupt gar nichts damit zu tun haben. Die BaFin sollte mit solchen Veröffentlichungen meiner Meinung nach vorsichtiger umgehen.

Soweit mir diese Börsenbriefe vorliegen kann ich allerdings auch sagen dass dort nichts Falsches drinsteht. Ich konnte jedenfalls nichts finden was unrichtig oder irreführend gewesen sein soll und der Börsenbrief weist sehr deutlich auf seine Interessenkonflikte hin. Die Meldung ist mir daher ein Rätsel. Das kuriose dabei ist, dass wir als betroffenes Unternehmen nicht einmal Informationen von der BaFin erhalten und auch gar nicht kontaktiert worden sind, um möglicherweise solche Sachverhalte aufzuklären.

Wir nehmen unsere Publikationspflichten sehr ernst, wir sind immer sehr korrekt und haben uns nichts vorzuwerfen.

Ich hoffe dass unsere Verhandlungen mit neuen Investoren dadurch nicht negativ beeinträchtigt werden und möglichst schnell wieder Ruhe in die Aktie kommt. Wir werden  selbstverständlich alles tun, um Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Ein solcher Hinweis gehört nicht ohne Rücksprache mit dem Unternehmen veröffentlicht.
Ich hoffe natürlich auch, dass die BaFin auch in Richtung Leerverkäufe ermittelt. Wir haben ja im vergangenen Jahr gesehen, wie die Wirecard Aktie von Leerverkäufern durch absichtliche Negativmeldungen abgeschossen wurde und sich anschließend wieder erholt hat. Es ist nicht auszuschließen, dass Leerverkäufe sogar eine solche BaFin Meldung für ihre eigenen Zwecke missbraucht haben. Wir sind immer erreichbar und arbeiten gerne mit der BaFin zusammen. Wir haben nichts Falsches getan.

 

10) Nennen Sie uns doch abschließend bitte ein paar gute Gründe warum man sich Ihrer Meinung nach Aktien der uhr.de AG kaufen und wenn möglich auch ein wenig behalten sollte.

 

Norman Mudring: Ich kann ihnen natürlich keine Empfehlung abgeben, aber ich kann die Fakten auf den Tisch legen. Der Uhrenmarkt und Modeschmuckhandel ist ein vielversprechender Wachstumsmarkt. Die Uhr.de AG steht finanziell so gut da wie noch nie zuvor. Durch den Neustart wurden wir auf einen Schlag fast alle Altlasten los. Wir haben viel gelernt und stehen am Anfang einer vielversprechenden Erfolgsstory. Die Kosten wurden dramatisch optimiert. Die Investoren haben uns 1,5 Millionen Euro an frischem Kapital zugesagt. Wir haben eine Top-Domain. Es gibt nur 1.025.000 Aktien, der Börsenwert der AG ist entsprechend immer noch sehr klein und bietet viel Luft nach oben. Wenn wir jetzt nach der Sanierung wieder schnell wachsen können, mache ich mir keine großen Sorgen über unsere Zukunft. Vielleicht werden wir auch eines Tages übernommen. Langfristig habe ich hohe Erwartungen an die Uhr.de AG.

 

Herr Mudring, herzlichen Dank für Ihre Zeit und die vielversprechenden Antworten.

 

 

Interessenkonflikt

Der Autor und/oder mit ihm verbundene Personen halten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung Aktien bzw. Aktienoptionen des besprochenen Unternehmens und haben eventuell die Absicht, diese – auch kurzfristig – zu kaufen oder zu veräußern bzw. auszuüben und könnten dabei insbesondere von erhöhter Handelsliquidität profitieren. Hierdurch besteht jeweils konkret und eindeutig ein Interessenkonflikt.


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Capital Lounge GmbH
Alexander Coenen begann seine Karriere im Bereich der Unternehmensbewertung. Namhafte Anlegermagazine kürten ihn mehrfach zum Small-Cap-Experten Deutschlands. Heute ist er im Bereich der Aktienanalyse und der Durchführung von Börsengängen tätig.
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