Mittwoch, 09.10.2019 16:26 von Frankfurter Börsenexperten | Aufrufe: 428

Marktstimmung: "Subventionierter Optimismus"

Obwohl sich der Markt nicht wirklich erholt hat, sind etliche professionelle Anleger auf die Long-Seite gewechselt und haben Gewinne aus den Short-Positionen mitgenommen. Ob das schon den Markt bedrängen kann, ohne zuvor echte Kursgewinne gesehen zu haben?

9. Oktober 2019. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Es sind immer wieder die gleichen Muster, mit denen die Börsianer in letzter Zeit konfrontiert werden. Da gab es in der vergangenen Woche eine Serie negativer Fundamentaldaten, wie etwa die Einkaufsmanager-Indizes dies- und jenseits des Atlantiks. Und die Aktienmärkte reagierten darauf mit saftigen Abschlägen. Dann reichte vordergründig ein halbwegs ordentlicher US-Arbeitsmarktbericht am vergangenen Freitag aus, um etwaige Ängste vor einer schwächelnden Weltwirtschaft in den Hintergrund treten zu lassen. Bei den US-Aktienmärkten blieb zum Wochenschluss – gemessen am breit gestreuten S&P 500 Index – ein kleines Minus übrig.

Nun sollen morgen die Gespräche zur Beilegung des US-chinesischen Handelskonflikts beginnen. Und die Rahmenbedingungen hierfür sehen alles andere als günstig aus. Denn die Trump-Administration setzte erst gestern einige chinesische Unternehmen auf eine Sanktionsliste. Und es machten Medienberichte die Runde, wonach im Weißen Haus nach wie vor erwogen wird, Investments von staatlichen US-Pensionskassen bei chinesischen Unternehmen zu beschränken. Erneut reagierten die Aktienmärkte negativ, aber eine relativ belanglose Meldung schien gestern wieder den Tag zu retten: China würde mit der bislang größten Delegation zu den Handelsgesprächen nach Washington reisen. Auch wenn Größe noch kein Garant für einen Verhandlungserfolg ist, scheint es mancherorts Optimisten zu geben, die sogar eine Verschiebung – als Zeichen des guten Willens der USA – der für den 15. Oktober geplanten Erhöhung der US-Strafzölle auf China-Importe erwarten.

Dieser Optimismus scheint sich auch auf die von uns befragten mittelfristig orientierten Investoren übertragen zu haben. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index ist gegenüber der Vorwoche um 26 Punkte auf einen Stand von +13 Punkten gestiegen. Subventioniert wurde diese neue Zuversicht möglicherweise auch durch die günstigen Einstiegskurse beim DAX. Denn seit unserer vergangenen Stimmungserhebung unterschritt das Börsenbarometer die von uns anvisierte Zone zwischen 11.900 und 11.950 Zählern nur ein wenig; und dabei handelt es sich um den Kursbereich, in dem wir die Nachfrage vieler verbliebener institutioneller Bären aus der Vorwoche erwartet hatten. Diese haben nicht nur ihre Gewinne mitgenommen, sondern sich umgehend fast vollumfänglich direkt zu den Optimisten begeben.

Privatanleger bleiben risikoavers

Ganz anders stellt sich hingegen das Stimmungsbild bei den Privatanlegern dar. Dort ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index nur um einen Punkt auf einen Stand von -9 Punkte gestiegen, wobei sich allerdings die Polarisierung zwischen Bullen und Bären um einige Punkte verstärkt hat. Damit ist die Gruppe der neutral gestimmten Akteure auf einen Anteil von 15 Prozent aller Befragten geschrumpft und liegt damit so niedrig wie seit Oktober vergangenen Jahres nicht mehr. Gleichzeitig hat sich die Stimmungslage zu den institutionellen Pendants wieder deutlich vergrößert.

Unter dem Strich ist jedenfalls bemerkenswert, dass sich insbesondere institutionelle Akteure vor den US-chinesischen Handelsgesprächen recht deutlich positionieren – häufig natürlich auch mit leichten Buchgewinnen im Rücken und begünstigt durch eine möglicherweise selektive Informationswahrnehmung. Denn bei den unter dem Strich teils deutlich negativen Rahmenbedingungen für die Verhandlungen zwischen den USA und China stechen als Kontrast immer wieder kleine positive Meldungen und Gesten heraus.

Per Saldo stellt der heutige Optimismus für den DAX zwar eine gewisse Belastung – in Gestalt von Gewinnmitnahmen auf höherem Niveau oder der Gefahr durch negative Nachrichten –, aber per se keine Bedrohung dar. Denn in der relativen Betrachtung gab es während der vergangenen Monate bereits deutlich höhere Sentiment-Indexwerte.

9. Oktober 2019, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de


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