Mittwoch, 12.08.2020 16:56 von Frankfurter Börsenexperten | Aufrufe: 502

Marktstimmung: "Bemerkenswerter Kurssprung"

Auf die DAX-Hüpfer reagieren die Profis mit Short-Positionen oder Abreise in den Urlaub, während private Aktien kaufen.

12. August 2020. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Lässt man den Zeitraum seit unserer vergangenen Sentiment-Erhebung Revue passieren, zeigt sich, dass sich das Handelsgeschehen am Aktienmarkt über weite Strecken in recht engen Bahnen und im Rahmen einer Konsolidierung mit einer DAX-Bandbreite von etwas mehr als 2 Prozent abspielte. Bis zum gestrigen Dienstag. Denn das Börsenbarometer dürfte mit einem Plus von vorübergehend 2,8 Prozent an einem einzigen Tag die einen oder anderen Akteure überrascht haben. Denn die Gründe für dieses deutlich sichtbare Ausrufezeichen können nicht so richtig überzeugen.

Auch wenn einige Kommentatoren den starken Anstieg des DAX der überraschend positiv ausgefallenen Erwartungskomponente des hiesigen ZEW-Index zugeschrieben haben, der am selben Tage publiziert wurde, muss doch festgehalten werden, dass sich ein Großteil des Kurssprungs bereits vor Veröffentlichung dieser Zahlen vollzogen hatte. Oder war es die Ankündigung von Staatspräsident Vladimir Putin, Russland habe als erster Staat der Welt einen wirksamen Covid-19-Impfstoff zugelassen, die zu dieser heftigen Reaktion führte? Vielleicht waren es auch die laut geäußerten Gedanken von US-Staatspräsident Donald Trump, er könne – nach den umstrittenen Dekreten vom Wochenende – womöglich auch noch die Steuern auf US-Kapitalerträge senken, die für eine derart starke Nachfrage nach deutschen Standardwerten gesorgt haben.  

Kurzatmige Optimisten

Nun könnte man angesichts der schlechten Begründbarkeit des besagten Kurssprungs vermuten, es habe eine sogenannte Squeeze, eine eilige Glattstellung von Short-Positionen stattgefunden. Allerdings kommen als deren Urheber die von uns wöchentlich befragten institutionellen Investoren wohl kaum in Frage. Im Gegenteil: Der Anstieg des DAX, der allein im Wochenvergleich 1,9 Prozent betragen hatte, sorgte vielmehr für ein Wiederaufflammen des altbekannten Pessimismus. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist um 15 Punkte auf einen neuen Stand von -29 gefallen. Dabei ist das Bullenlager um ein Drittel geschrumpft, wovon sich allerdings zwei Drittel der Befragten mit Gewinnmitnahmen begnügten und sich nicht erneut zu den Pessimisten geschlagen haben. Damit ist – vielleicht auch der Jahreszeit angemessen – die Gruppe der neutral gestimmten Akteure auf den höchsten Stand seit dem 5. Februar angewachsen und ist jetzt so groß wie zwei Wochen vor Beginn des Corona-Crashs.

Stimmungskluft zwischen den Panels vertieft sich

Bei den Privatanlegern hat es dagegen eine Stimmungsentwicklung in die andere Richtung gegeben. Dabei hat sich das Sentiment, gemessen an unserem Börse Frankfurt Sentiment-Index, gegenüber der Vorwoche noch einmal um 8 Punkte auf einen Stand von nunmehr nur noch -8 verbessert. Tatsächlich hat in diesem Panel eine Gruppe von Pessimisten die Notbremse gezogen und ihre bearishen Engagements glattgestellt. Allerdings geht es hier nur um einen verhältnismäßig geringen Anteil von 5 Prozent aller befragten Privatanleger.

Bleibt die Frage, wer sich hinter dem gestrigen Kursanstieg des DAX verbirgt. Zumindest auf den ersten Blick erscheint es wenig plausibel, dass der DAX und auch Aktien der Eurozone von erneuten internationalen Kapitalzuflüssen profitiert haben könnten. Zumal sich der Euro gegenüber dem Dollar seit ein paar Tagen in einem korrektiven Abwärtsmodus befindet. Aber es ist jedenfalls bemerkenswert, dass sich die Abgaben der heimischen institutionellen Investoren bislang nicht stärker in Form von Kursverlusten bemerkbar gemacht haben.

In jedem Fall bedeutet der wiederaufgeflammte, aber in der relativen Betrachtung nicht überbordende Pessimismus eine Verbesserung des DAX-Umfeldes. Denn im Falle von Rücksetzern wäre nunmehr im Gegensatz zur Vorwoche bereits zwischen 12.400 und 12.500 Zählern mit erster Nachfrage der jüngsten bearishen Investoren zu rechnen. Auch hat sich die Gefahr einer zusätzlichen Short-Squeeze, ausgelöst durch dieselben Akteure, aber frühestens oberhalb von 13.300 DAX-Zählern, deutlich erhöht.  

12. August 2020, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de


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