Krypto-Technologien werden das Finanzsystem nachhaltig verändern. Davon ist Karl-Theodor zu Guttenberg überzeugt. Der frühere Bundeswirtschafts- und Bundesverteidigungsminister lebt heute in den USA und berät als Chairman der von ihm mitgegründeten Beratungs- und Investmentfirma Spitzberg Partners LLC Technologiefirmen in regulatorischen Fragen. Im Sommer wurde sein Engagement für Ripple Labs bekannt, ein Unternehmen aus San Francisco, das ein alternatives Zahlungsnetzwerk entwickelt hat. Im Interview mit ARIVA.DE erklärt zu Guttenberg seine Beweggründe – und warnt Banken davor, langfristig den Anschluss zu verlieren, wenn sie neue Technologien ignorieren.
Sie stammen aus Bayern, waren Bundesminister einer konservativen Partei, die Wert auf Brauchtum und Tradition legt. Kryptowährungen hingegen gelten bislang eher als Spielwiese für Nerds und Anarchos. Woher kommt Ihr Interesse an digitalem Geld?
Karl-Theodor zu Guttenberg: Während meiner gesamten politischen Arbeit in Deutschland standen immer auch Innovation und neue Technologien im Fokus – insbesondere jene, die unsere Lebensqualität und Wirtschaftskraft zu steigern vermochten. Kryptowährungen bieten – in die richtigen regulatorischen Rahmenbedingungen eingebettet – eine enorme Chance, unser etabliertes Bezahl- und Finanztransfersystem einfacher und kostengünstiger zu gestalten. Natürlich tummeln sich weiterhin zahlreiche „Anarchos“ in dieser Szene, aber vor allem in den USA sind mittlerweile auch erfahrene Unternehmer und seriöse Investoren in den komplexen Bereich der Kryptowährungen eingestiegen. Die Tatsache, dass Websites wie Expedia, Overstock oder Dell Bitcoin-Zahlungen akzeptieren, zeigt, dass Kryptowährungen inzwischen eine deutlich gestiegene Glaubwürdigkeit und Wertschätzung genießen.
Warum ist unser traditionelles Bezahl- und Finanztransfersystem reif für grundlegende Veränderungen? Was ist schlecht daran?
zu Guttenberg: Unser aktuelles Finanzsystem ist veraltet und ineffizient. Es gibt zahlreiche Ansatzpunkte zur “disruption“ – interessanterweise gibt es im Deutschen keine wirklich adäquate Übersetzung dieses Ausdrucks. Denken Sie nur an die Transaktionsgebühren, die Händler zahlen müssen und anschließend direkt an ihre Kunden weiterreichen. Oder den milliardenschweren Markt jener Überweisungen, bei denen Migranten für mitunter exorbitante Gebühren ihr hart verdientes Geld an ihre Familien in den jeweiligen Herkunftsländern überweisen.
Sie sind als Berater für das US-Unternehmen Ripple Labs tätig, in dessen Netzwerk Nutzer anonym und schnell Überweisungen in verschiedenen Währungen tätigen können. Zudem hat Ripple auch eine gleichnamige, digitale Geldeinheit in Umlauf gebracht. Wie kam Ihr Kontakt zu Ripple Labs zustande?
zu Guttenberg: Ich kam mit Chris Larsen, dem Gründer und CEO von Ripple Labs, durch meine regelmäßigen Reisen nach San Francisco ins Silicon Valley in Kontakt. Ich bin fast jeden Monat an der amerikanischen Westküste, um Einblicke in die dortige Tech-Szene zu erhalten. Was Chris und sein Team bei Ripple anlangt, so war ich schnell von der revolutionären Idee und der langfristig orientierten Vision des Unternehmens angetan. Ripple ist nicht nur ein Protokoll zur Optimierung von Währungs- und Zahlungstransaktionen. Im Prinzip erlaubt Ripple auch eine grenzenlose Konvertierung weltweit. Ripple arbeitet aber auch an ganz anderen Themen. Dazu zählt das Mitte Juli vorgestellte “smart contract” Protokoll “Codius”, bei dem rechtlich verbindliche Beziehungen zwischen Geschäftspartnern mit Hilfe eines Computercodes festgelegt und anschließend schnell und automatisiert ausgeführt werden.
Worin liegt der Nutzen internetbasierter Zahlungsmechanismen?
zu Guttenberg: Die offensichtlichsten Vorteile internetbasierter Zahlungsmechanismen liegen in ihren deutlich geringeren Transaktionskosten, der weiten geografischen Verbreitung sowie der Geschwindigkeit und Bedienungsfreundlichkeit, mit der Nutzer Überweisungen durchführen können. Viele Kryptowährungs-Enthusiasten sind davon überzeugt, dass es sich hierbei um die bedeutendste Innovation seit Beginn des Internets handelt. Dies ist sicherlich eine starke These, aber man darf nicht vergessen, dass Kryptowährungen noch vergleichsweise jung sind, jedoch über ein Zukunftspotential verfügen, dass sich heute noch gar nicht ermessen lässt.
Zur Person:
Karl-Theodor zu Guttenberg wurde 2009 für die CSU als Bundesminister für Wirtschaft und Technologie ins Kabinett von Kanzlerin Merkel berufen. Zwei Jahre später wechselte er an die Spitze des Verteidigungsministeriums. Nachdem die Uni Bayreuth dem studierten Juristen und Politikwissenschaftler seinen Doktortitel aberkannte, legte zu Guttenberg seine politischen Ämter nieder und stieg aus der Tagespolitik aus. Als Chairman der von ihm mitgegründeten Beratungs- und Investmentfirma Spitzberg Partners LLC in New York berät zu Guttenberg heute Technologiefirmen unter anderem in regulatorischen Fragen. Im Sommer wurde sein Engagement für Ripple Labs bekannt, ein Unternehmen aus San Francisco, das ein alternatives Zahlungsnetzwerk entwickelt hat.
Foto/Copyright: Spitzberg Partners LLC
Interview: Eike Schäfer
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