Ein Industriestandort bei Sonnenaufgang (Symbolbild).
Mittwoch, 17.04.2019 10:36 von | Aufrufe: 5683

Chinas grüne Politik: Wird der Umweltsünder zum Klimaretter?

Ein Industriestandort bei Sonnenaufgang (Symbolbild). - © pexels.com

Die Volksrepublik China stand im Jahr 2017 auf Platz eins der Liste der Klimasünder. Nach Angaben des Global Carbon Atlas emittierte China mit seinen rund 1,4 Milliarden Einwohnern insgesamt 9.839 Megatonnen CO2. Der zweitgrößte Emittent – die USA – verursachte ungefähr halb so viel CO2. Chinas Einwohner bekommen die Folgen ihrer hohen Emissionen regelmäßig zu spüren. Nicht selten wird in China der Smogalarm ausgerufen. Fabriken müssen dann schließen, Autos dürfen nicht mehr fahren und die Menschen bleiben freiwillig in ihren Häusern. Doch die chinesische Volksrepublik ist zugleich auch das Land, das am meisten Geld in die Entwicklung und Umsetzung von erneuerbaren Energien steckt. Befindet sich China also auf dem Weg zur Nachhaltigkeit?

Die Volksrepublik lässt sich zum ersten Mal auf verbindliche Klimaziele ein 

Das Jahr 2016 war ein historisches Jahr für China, aber auch für die Weltgemeinschaft. Zum ersten Mal ließ sich die Regierung in Peking in Anbetracht der Probleme auf verbindliche Ziele zum Umweltschutz ein. Im September 2016 ratifizierte sie das Pariser Klimaabkommen und will nun Chinas CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 65 Prozent senken. Ein schwieriges Vorhaben, denn China bezieht noch immer einen Großteil seiner Energie aus Kohle und wird daher auch in Zukunft noch viel Smog produzieren. Nach Angaben des „Spiegel“ nimmt sich die chinesische Volksrepublik aber gleichzeitig vor, bis zum Jahr 2030 den Anteil seiner Energie aus erneuerbaren Ressourcen und Atomkraft um 20 Prozent zu erhöhen und so das Problem der starken Luftverschmutzung in den Griff zu kriegen. Reicht das jedoch für eine langfristig nachhaltige Entwicklung aus?

Damit die Luft in den Großstädten Chinas bereits in der nahen Zukunft ein wenig vom Smog befreit wird, fördert das Land im Rahmen seiner nachhaltigen Umweltpolitik beispielsweise die Anschaffung von Elektroautos. Im Jahr 2018 wurden in Peking insgesamt nur 40.000 Fahrzeuge zugelassen, die mit Benzin fahren dürfen. Gleichzeitig vergab die Stadt 60.000 Lizenzen für Elektroautos an ihre Bevölkerung. In Peking gibt es zudem bereits 100.000 Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Um die Umweltsituation im Land noch weiter zu verbessern, will die chinesische Führung ab dem Jahr 2019 außerdem eine Quote für Elektroautos einführen. Chinesische Autobauer müssen dann mindestens zehn Prozent ihrer Fahrzeuge mit Elektromotoren ausstatten, ab 2020 sollen es dann zwölf Prozent sein. 

Die Förderung der E-Autobranche der chinesischen Regierung könnte für Anleger in Zukunft interessant werden. Der E-Automarkt in China dürfte sich zu einem der größten der Welt entwickeln. In China gibt es bereits mehrere Elektrofahrzeughersteller. Dazu zählen unter anderem Nio, BYD und Geely. Nio ging erst im September an die Börse. Das Unternehmen plant, Teslas neuestem Model X Konkurrenz zu machen. Nach Angaben des „Manager Magazins“ steht für Nio derzeit jedoch ein Nettoverlust von 500 Millionen US-Dollar zu Buche. Die Aktienkurse der beiden Autobauer BYD und Geely könnten für Anleger derzeit eine attraktive Möglichkeit zum Einstieg bieten. Beide haben das Jahr 2018 mit einem Minus von jeweils knapp 30 bzw. 50 Prozent abgeschlossen, gelten aber als Geheimtipp. Unter anderem ist auch der US-amerikanische Starinvestor Warren Buffett in BYD investiert.

Ein Emissionshandel für den Umweltschutz? 

Ähnlich wie die EU startete auch China im Dezember 2017 einen Emissionshandel zur Bekämpfung der starken Umweltverschmutzung. Dabei handelt es sich um ein politisches Instrument, das die hohen Treibhausgasemissionen der chinesischen Unternehmen und damit das Problem der Luftverschmutzung im Land in Grenzen halten soll. Dafür vergibt die Regierung Emissionsrechte an Unternehmen. Den Rahmen dafür bildet das Kyoto-Protokoll aus dem Jahr 1997. Emittiert ein Unternehmen weniger Kohlenstoffdioxid, als ihm zugewiesen wurde, kann es seine übrigen Rechte verkaufen. Gleichzeitig können Unternehmen aber auch Rechte kaufen für den Fall, dass sie ihr Emissionsvolumen nicht einhalten können. 

Nach Angaben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wurde das System seit dem Jahr 2013 in sieben Regionen Chinas getestet – mit einem Emissionsvolumen von 1,2 Milliarden Tonnen CO2. Zum Vergleich: Die EU hat sich ein Cap von 1,8 Milliarden Tonnen CO2 gesetzt. Betroffen von dem nationalen Emissionshandelssystem sind rund 10.000 Unternehmen aus den Bereichen der Chemie, Stahl- und Mineralölverarbeitung, des Flugverkehrs, der Papierherstellung und der Energieproduktion. Insgesamt sollen auf nationalem Level nicht mehr als vier Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen werden. Doch ist das möglich? In China gibt es derzeit über 2.800 Kohlekraftwerke, mehr als 60 neue sind in Planung und rund 250 befinden sich gerade im Bau - Umweltverschmutzung vorprogrammiert. Gleichzeitig stoppte die chinesische Regierung nach Angaben des Global Coal Plant Tracker in den vergangenen acht Jahren aber auch den Bau von mehr als 500 Kohlekraftwerken.

China als Paradebeispiel bei den erneuerbaren Energien?

China ist mittlerweile nicht nur das Land mit dem höchsten CO2-Ausstoß der Welt, sondern auch das Land, das am meisten in die Entwicklung erneuerbarer Energien investiert. Im Jahr 2017 steckten die Chinesen nach Angaben der Deutschen Welle knapp 133 Milliarden US-Dollar in die Forschung und Entwicklung, gefolgt von Europa mit Investitionen von etwas mehr als 57 Milliarden US-Dollar. Im gleichen Zeitraum installierte China Photovoltaik-Kraftwerke mit einer Leistung von 53 Gigawatt, was mehr als der Hälfte der im Jahr 2017 installierten weltweiten Photovoltaik-Leistung entspricht. Auch in der Produktion von Solarzellen liegen die Chinesen weltweit vorne. Etwa 60 Prozent aller Solarmodule wurden laut dem „Handelsblatt“, das sich auf die Internationale Energieagentur beruft, im vergangenen Jahr von chinesischen Firmen produziert. Bei der Windkraft steht China anderen Staaten ebenfalls in nichts nach. Allein die Volksrepublik installierte laut Statista im Jahr 2017 Windkraftanlagen mit einer Leistung von über 188.000 Megawatt – mehr als doppelt so viel wie die USA, die das Land mit der zweitgrößten Kapazität sind. Insgesamt 37 Prozent aller neu installierten Windkraftanlagen wurden 2017 in China gebaut. Das könnte langfristig nicht nur der Umwelt, sondern auch der chinesischen Wirtschaft helfen.

Anleger können bereits jetzt profitieren

Neben nachhaltigen Indizes, die teilweise chinesische Unternehmen führen, gibt es beispielsweise auch den chinesischen Leitindex Hang Seng in einer nachhaltigen Variante, bei der nur Unternehmen ausgewählt werden, die hohe  Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Die Indexfamilie hat dafür fünf nachhaltige Indizes aufgelegt. Ein Beispiel ist der Hang Seng (China A) Corporate Sustainability Index, der 15 Unternehmen umfasst. Dazu gehören unter anderem der Elektrogerätehersteller Haier, das Eisenbahnunternehmen China Railway oder die Bank of China. Auf Dreijahressicht hat der Index rund 50 Prozent an Wert gewonnen. Der Hang Seng hingegen verbuchte im gleichen Zeitraum ein Wachstum von rund 48 Prozent.

Die Volksrepublik scheint also das Potential und die Notwendigkeit für ein Umdenken in der Umweltpolitik und Wirtschaft erkannt zu haben. Trotz riesiger Investitionen in eine nachhaltige Stromversorgung, Verpflichtungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen und des starken Voranbringens erneuerbarer Energien im Verkehrssektor ist China immer noch das Land mit den meisten CO2-Emissionen weltweit, Tendenz steigend. Ob die Regierung in Peking die Klimaziele bis zum Jahr 2030 erreichen wird, bleibt also abzuwarten. Dass sich bereits der chinesische Finanzsektor mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt, kann aber als positives Zeichen gewertet werden.


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