Ich hoffe der Skandal erschüttert so einiges.
Mein Hauptaugenmerkt liegt dabei auf Ernst & Young. Wenn es nach mir geht sind die Geschichte. Analog zu Arthur Andersen und Enron.
Über Braun und den kompletten Vorstand braucht man nichts mehr zu sagen. Die sind ruiniert und wäre ich an deren Stelle würde ich ernsthaft über Selbstmord nachdenken (das ist keine Aufforderung Selbstmord zu begehen, ich sage nur, ich würde darüber nachdenken).
Ihr braucht euch jedenfalls keine Sorgen zu machen, dass Braun und Marsalek da glimpflich heraus kommen. Durch WDI hat manch ein Fonds 100 Mio Euro verloren. Die werden zunächst mal Braun auf den letzten Cent seines sichtbaren Vermögens verklagen. Er wird alles was er in Deutschland/Österreich besitzt verlieren. Nun ist es bei einem Betrüger diesen Ausmaßes natürlich naheliegend, dass er auch noch dass ein oder andere geheime Konto in einem Shithole-Country besitzt. Auch dieses Geld ist alles andere als sicher. Es gibt für solche Fälle spezialisierte Privatdetektive. Die bekommen 2% der gefundenen Summe. Wenn man vermutet, dass Braun irgendwo 200 Mio aus dem Indien-Deal herumliegen hat, ist das genügend Anreiz für diese Leute ihn für den Rest seines Lebens zu jagen. Braun hat Familie. Ich bezweifle, dass er für seine Tochter ein Leben auf der Flucht durch Drittwelt-Staaten wünscht.
Herr Marsalek scheint ja, so wirkt es von außen, der Haupttäter zu sein und befindet sich wohl auf der Flucht durch Asien. Man kann spekulieren ob er wirklich das kriminelle Mastermind ist oder ob er "nur" in die falschen Kreise geraten ist. Man weiss es nicht und wird es wahrscheinlich nie wissen. An ein Happy End für ihn glaube ich keineswegs. Es ist naiv zu glauben dass ein Mensch wie Marsalek in einem Drittwelt-Land mit 500 Mio. Euro lange überleben würde. Die Geschichte hat so viel Staub aufgewirbelt - Marsalek wird nirgendwo sicher sein. Er wird verfolgt von der Polizei, von Detektiven und genauso von den Kriminellen, bei denen er jetzt womöglich Zuflucht sucht. Die wissen ja, dass er praktisch vogelfrei ist und ein paar hundert Millionen Euro schwer.
Die Produkt-Vorständin, die ebenfalls fast 20 Jahre für Wirecard arbeitet, wird sicherlich auch die nächsten 10 Jahre vor Gericht erscheinen dürfen. Die könnte aber genügend Abstand zu den Themen haben, so dass nicht nachweisbar ist, dass sie etwas wusste. Sie könnte also möglicherweise glimpflich herauskommen, wird aber nie wieder einen Job auf Management Level ausüben können. Ich wünsche ihr, dass sie von ihrem Gehalt genügend gespart hat um 10 Jahre einen Anwalt zu bezahlen und den Rest ihres Lebens ohne Job auszukommen.
Eine Sonderrolle hat für mich der CFO. Der ist zwar erst seit kurzem in dieser Rolle und vielleicht kein Teil des Betrugs gewesen, hat aber garantiert seine Sorgfaltspflicht massiv verletzt. Sofern ihm nachgewiesen werden kann, dass er in irgendeiner Form vorsätzlich weggeschaut hat, wird auch er auf den letzten Cent verklagt werden. Und auch er wird garantiert nie wieder einen entsprechenden Job bekommen.
Kommen wir zu EY. Der gesamte Skandal konnte so lange unbemerkt bleiben, weil EY leider jahrelang versäumt hat die tatsächlichen Cashbestände der Firma zu ermitteln. Das ist ein Skandal ungeahnter Tragweite. Klar, EY wird sich so lange es nur irgendwie geht damit herausreden, dass sie vorsätzlich getäuscht worden sein. Aber das ist eine Frage für die Gerichte. Die werden entscheiden müssen ob EY wirklich keine Chance hatte den Betrug zu erkennen oder ob der Betrug nicht möglicherweise doch viel zu einfach von statten gehen konnte, weil EY all zu bereitwillig weggeschaut hat. Wenn letzteres der Fall ist, ist EY möglicherweise auch Geschichte.