"Anfang März fordert E & Y den neuen Treuhänder auf, die philippinischen Konten offenzulegen und über seine Banken Unterlagen zur Prüfung bereitzustellen. Schon ein paar Tage später bekommen die Prüfer eine Antwort der beiden Institute. Stand 31. Dezember sollen 1,123 Milliarden Euro auf Konten der Bank BDO und rund 813 Millionen Euro bei der Bank BPI gelegen haben. Verteilt ist das Geld ausweislich der Bestätigung auf mehrere Tochterfirmen, darunter Wirecard UK & Ireland und Cardsystem Middle East, sowie die Wirecard AG selbst. Unter den Bestätigungen der beiden Banken gibt es Stempel und Unterschriften. Alles sieht echt aus.
Bei E&Y wurde man argwöhnisch: Zwei Dinge stoßen den Bilanzexperten auf
Eigentlich ist es nicht der Job der Wirtschaftsprüfer, wie Kriminalisten vor Ort zu recherchieren. In der Regel geben sich die Prüfer mit Bestätigungen der Banken und übersandten Kontounterlagen zufrieden. Doch nachdem die Sonderermittler der KPMG in ihrem Bericht von Ende April zahllose Fragen zu den philippinischen Treuhandkonten aufwerfen, wird man bei E&Y argwöhnisch. Vor allem zwei Dinge stoßen den Bilanzexperten auf. Warum sind die angeblichen Kontostände auf den Bescheinigungen der beiden Banken in Euro angegeben, obwohl diese normalerweise in Dollar oder der Landeswährung übermittelt werden? Und warum gehen die Bankbestätigungen innerhalb weniger Tage ein? Oft dauert das Wochen.
Die deutschen Wirecard-Prüfer von E & Y schicken daraufhin einen philippinischen Kollegen los, um mit den Banken zu sprechen. Als der den Instituten die E & Y im März zugesandten Dokumente präsentiert, wird schnell klar: Es gibt Probleme. Die Bank BDO schreibt an E & Y, dass die Bestätigung vom März "spurious" sei, also "falsch". Und dass die betreffende Mitarbeiterin kein Recht gehabt habe, die Bestätigung auszustellen. Außerdem würden die Unterschriften von zwei weiteren Mitarbeitern nicht passen. Die andere Bank in diesem Fall, die BPI, schreibt ebenfalls, die frühere Erklärung sei "spurious". E & Y informiert die deutsche Finanzaufsicht Bafin über diese Erkenntnisse. Auch die Münchner Staatsanwaltschaft, die Wirecard vor zwei Wochen in anderer Sache durchsuchte, interessiert sich für den neuen Fall. Wirecard selbst sieht sich als Opfer."
--------------------------------------------------
Das heißt auf gut Deutsch:
Die E&Y Prüfer wollten die Saldenbestätigungen, haben diese beim Treuhänder angefordert. Diese Bestätigungen wiesen 2 Sonderheiten auf, einmal wurde in Euro abgerechnet und die Bestätigung kam sehr zügig. => Prüfer wurden skeptisch
Dann gingen die Prüfer direkt zu den Banken (BDO/BPI) und diese haben diese Bestätigungen als falsch identifiziert. Somit war klar, dass der Treuhänder falsche Saldenbestätigungen vorgezeigt hat. Soweit so gut oder schlecht.
--------------------------------------------------
Was bedeutet das jetzt? Gibt es die 2 Milliarden gar nicht oder ist nur ein Teil davon nicht auffindbar?
Da gehts um 2 Mrd. Euro? Werden die von einem "Hinterzimmer-Treuhänder" auf den Philippinen verwaltet?
Wurde dieser Treuhänder mit der Aussage der Bank konfrontiert?
=> "Hey Herr XY die Bank sagt diese Saldenbestätigungen sind falsch. Wo ist das Geld hin?"
Wenn diese 2 Mrd. als Sicherheit dienen, dann müsste doch ein Teil vorhanden sein, wenn nicht wie konnte man die Zahlungsausfälle decken?
Wie hat Wirecard eigentlich diese "corona-bedingten Zahlungsausfälle" abgefedert?
Das ist alles sehr dubios, auch die nicht-vorhandene Kommunikation von Wirecard spricht Bände. Für mich stellen sich folgende Fragen:
1.) Seit wann weiß Wirecard von den falschen Saldenbestätigungen?
=>Wenn sie davon wussten, dann sind das zu 100% Ad-Hoc pflichtige Ereignisse!
2.) Wieso wurde weder von Wirecard noch von E&Y dies kommuniziert? Im Artikel steht dies war schon im März bekannt?
Sagt der Wirtschaftsprüfer nicht: "Hey das müsst ihr sofort melden, sonst kommt ihr in Teufels-Küche?" oder ist den
Wirtschaftsprüfern das egal?
3.) War das alles vorsätzlich? Hat Wirecard bewusst betrogen oder hat sich der Treuhänder verselbstständigt?
Es kann doch nicht so schwer sein herauszufinden, ob diese 2 Mrd. FAKE sind oder jemals existiert haben?
Die Aussage: "Die Saldenbestätigungen sind gefälscht" reichen nicht aus, da müssen mehr Aussagen getroffen werden.
4.) Wenn E&Y die BaFin und die Staatsanwaltschaft informiert hat, wieso wurde der Handel dann nicht ausgesetzt, sondern hat man die
Aktionäre ins offene Messer laufen lassen? Die Frage ist "WANN wurde die BaFin/Staatsanwaltschaft von diesen Dingen informiert?"
5.) Eine weitere wichtige Frage wäre: "Wann hat EY diese Bestätigung als Fälschung festgestellt?"
Wenn Wirecard schon vor Wochen davon wusste, dann ist das kriminell.
Wenn Wircard erst vor wenigen Tagen damit konfrontiert wurde, dann ist das ein "Zeitproblem".
(Wo soll man jetzt auf die Schnelle diese Bestätigung herbekommen?)
Fazit: Eine absolute Katastrophe, Vertrauen verspielt, Aktionäre verprellt, Milliarden vernichtet ein wirklicher Skandal. Ich weiß nicht wie ich diesen Skandal derzeit ökonomisch bewerten soll. (Die über 60% Abschlag heute sind aufjedenfall gerechtfertigt)
Wirecard hat dann hinten nach Zahlen rausgehauen => Stimmen die jetzt? Sind die bestätigt worden?
Was mich am meisten stört ist die fehlende Information, weder Wirecard noch Ernst&Young informieren uns. Man sieht nur eine BlackBox und muss alles gutgläubig hinnehmen. Auch wäre ein Zeitablauf der Prüfung interessant, wann E&Y bestimmte Dinge erfahren bzw. wann Wirecard diese Informationen erhalten hat.