Das Geschäftsmodell ist gut - wenn es denn existiert. Ich investiere in Firmen bei denen ich denke, das Geschäftsmodell hat Zukunft.
Dass die Führung des Unternehmens völlig indiskutabel operiert, stellte ich schon damals fest.
Ich halte mich an den Grundsatz: Ein Kaufmann realisiert keinen Verlust, ehe er nicht eingetreten ist.
(Die 300 Stück auf Null abzuschreiben - man muss immer mit Totalverlust rechnen - tut weh, aber ist keine existentielleGefahr für mich)
Viele glauben, das MUSS das Ende sein, das ist es nicht! So sind ja Geldflüsse testiert worden und waren - wenn ich nicht irre - zu 2/3 auch belegbar. Das Unternehmen KANN also gar keine reine Luftnummer sein - wie hätte man über Jahre so viele Mitarbeiter bezahlen können und wieso steckt der Boss ordentlich Geld in sein Unternehmen, wenn er doch am Tag des Gerichts nur in die Karibik verduften will?
Was mich aber immer etwas stutzig machte, war die Tatsache der hohen Kreditaufnahme bei einem Unternehmen, das angeblich einen soliden Cashflow liefert. Aber manchmal kann Fremdkapital (v.a. zu N ullzinsen) eben billiger sein, als Eigenkapital (das ja hoffentlich über dem Interbankensatz rentiert).
Ich stellte damals fest, daß wir entweder in einem Superunternehmen sitzen oder in einem der größten Kriminalfälle aller Zeiten.
Könnte nun Letzteres sein.
Noch bin ich in der Lagebeurteilung gespalten. Die dermaßen kurzfristige Absage der Zahlenpräsentation ist einfach unglaublich. Die Ausrede, EY haben mal eben so zwischen Frühstück und Vormittagstee erklärt, nun leider kein Testat geben zu können ist ein reiner Betrug! Die Prüfer berichten (und ich war viele Jahre in einem anderen DAX-Unternehmen in leitender Funktion) über den Fortschritt laufend an das Finanz- und Rechnungswesen und haben das Recht aus JEDER Abteilung JEDEN Beleg anzufordern.
(So wie bei Wirecard gegenüber KPMG "Ach ne, hab grad keinen Bock auf 'nen Termin mit euch!" oder "Die Unterlagen kriegen sie nicht, ich mache aber wenn ich Zeit habe ein Foto mit dem Handy von den Kopien." - ein solches Verhalten gegenüber den Buchprüfern hätte mich binnen Minuten den Job gekostet). Also von "uneingeschränktenm Testat" zu schwafeln und 4 Stunden vor der Bilanzpressekonferenz dann den Offenbarungseid zu leisten, das ist schon nicht mehr dumm, unprofessionell oder dilettantisch, das ist bereits kriminell.
Die einzige Rettung wäre eine Bilanzverkürzung, die Treuhandkonten als Verlust buchen und weiter zu arbeiten und den Fall zu klären, denn es ist ja Vieles nachweislich in Ordnung. Voraussetzung: Wenn es denn was zu klären gibt und wir nicht den krassesten aller Fälle haben, nämlich dass das Geld nicht weg ist, sondern niemals da war. Auch DAS ist noch im Bereich des Möglichen.
Ein weiteres Risiko bleibt: Wirecard sitzt mit seiner Geschäftsidee in einem wachsenden Markt, aber es kann sein, daß da nie wieder was draus wird.
Ich persönlich sehe es so: Investieren ist alles ab 5 Jahre. sonst ist es Zockerei. So gesehen - wenn die Pleite nicht eintritt - bleibe ich eben investiert.
Zuerst muss der "Fog of War" sich lichten. Dann sehen wir, was Sache ist. Panik ist ein schlechter Ratgeber. Börse ist dazu da, den maximalen Schmerz zu erzeugen. Diesmal eben für die long investierten...
Das nur, um hier meine Sicht der Dinge zu geben.