Katjuscha, vorab: danke für Dein tolles Posting!
Zweitens zu Deiner Frage, was die IR konkret hätte machen können: Al Alam ist doch einer DER wichtigsten Begriffe/buzzwords in der Investment Story Wirecards momentan, u.a. wegen: „Aus Transaktionen mit einem TPA-Partner und zwei weiteren Unternehmen soll laut FT im Jahr 2016 etwa die Hälfte des Unternehmensgewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen erzielt worden sein.“ (KPMG-Bericht S.2) und weil die TPAs generell das wichtigste Thema des KMPG-Berichts waren.
So, wenn ich jetzt als IR weiß, dass Al Alam sich auflöst im Rahmen einer internen Restrukturierung, dann MUSS mir klar sein, dass das öffentlich wird, die Gegenseite erfährt, diese das ausschlachtet und dass das den nächsten Kursrutsch bedeutet. Warum warte ich dann passiv bis diese Geschichte aufkommt und der Kurs erst mal zweistellig verliert? Jetzt kann man natürlich sagen, dass man sich kaum/schlecht in die Interna von externen Unternehmen einmischen und diese kommentieren sollte, aber: sie haben es ja gestern nach Börsenschluss doch getan. Wenn das um 17.30 Uhr geht, warum dann nicht früher? Man hat ja auch jahrelang gut miteinander gearbeitet und dreistellige Mio-Umsätze generiert.
Zurückkommend zu Deiner Frage und um noch konkreter zu werden: diese 17.30 Uhr Meldung hätte entweder in die Q-Release reingehört oder separat gemeldet werden müssen (bzw auf die Transparenz-Seite) als Wirecard von Al Alam über die Auflösung informiert wurde. Aber allerspätestens hätte die 2min nach dem MCA Tweet auf die Homepage gemusst!! Aber so ist man IMMER Getriebener des Spiels. Das wäre übrigens mal eine tolle Frage für die HV: „wann wurde WDI über die Schließung Al Alams informiert?“
Und was die schlechte Kommunikation betrifft, gibt es leider zig Beispiele:
- Der WiWo-Artikel auf die Singapur-Lizenz: „WDI nicht erreichbar“, Contra kam erst Stunden später
- Die Kommunikation im Vorfeld des KPMG-Berichts und die Verschiebungen
- Die Zusammenfassung des KPMG Berichts erst drei Tage später
- die interne Verschmelzung der Card Systems kam mE auch erst später
- Die völlige Abwiegelung als die ersten FT Artikel zu Kuo aufkamen
- Die Kommunikation bei den Guthabenzinsen (der Cap auf 10.000)
- Der Rückzug/Verschiebung der FT Klage
- Die bullishen Tweets von MB
- …
Also bei all diesen Dingen reagiert WDI immer nur passiv. Mir ist klar, dass man als Unternehmen per se im Nachteil ist, weil der Quatsch von der Gegenseite einfacher gebracht werden kann. Aber ein bißchen mehr pro-aktiv agieren, sich überlegen was wie wann und wo ausgeschlachtet werden könnte und sich dann dementsprechend besser vorbereiten – das muss doch möglich sein, oder? Wie gesagt, man spielt in der Königsklasse oder will es zumindest.
Drittens zum möglichen Betrug: keine/kaum Widersprüche meinerseits - dass da wirklich systematisch die Bücher frisiert wurden in großem Ausmaß, dem gebe ich max eine einstellige Wahrscheinlichkeit, deswegen bin ich auch nur investiert. Deine Einschätzung zum KMPG-Bericht teile ich.
Viertens: zu der Bewertung auch kein genereller Widerspruch von mir. Das Problem: seit dem 31. Januar 2019 spielen Fundamentaldaten bei Wirecard in meinen Augen keine Rolle mehr. Interessiert einfach keine Sau mehr, die Aktie ist zu einer reinen Glaubensfrage und zu einer Event-News-Aktie verkommen. Ob das Wachstum nun 20, 30, 40% reinkommt, who cares? So lange Wirecard nicht in der Lage ist, die anderen Dinge zu klären, passiert hier mE wenig bis gar nichts. Da ist es egal, ob das KGV bei 5, 10, 15, oder 20 steht. Dann soll sich MB ne KKR, die Samwers oder sonstwen suchen und ein going private machen – dann können ihm Aktienkurse, KGVs, MCA und FT ziemlich egal sein.