Manchmal geraten hier im Forum die Vorstellungen über das KPMG Mandat und das EY Mandat etwas durcheinander.
Deshalb mal zur Aufklärung:
EY prüft den Jahresabschluß des Wirecard Konzerns als Ganzes nach IFRS. Dafür werden Interviews geführt, Unterlagen angefordert,
eingesehen und analysiert. Bei Widersprüchen werden weitere Interviews geführt und weitere Unterlagen angefordert.
Hat ein WP Zweifel an der Kooperationsbereitschaft von einzelnen Mitarbeitern, Abteilungen oder Legal Entities, so
wird mit dem Auftraggeber ein ernstes Gespräch geführt, um das abzustellen. Wenn das nicht erfolgreich sein sollte,
kann der WP seinen Auftrag nicht ordnungsgemäß erfüllen, wird das Testat verweigern und das Mandat beenden.
Dieses ist bei Wirecard und EY nicht der Fall.
Auch prüft der WP das interne Kontrollsystem, das heisst die Struktur und die Wirksamkeit der internen Kontrollen.
Gehört zum Standard Programm und nimmt mittlerweile eine ähnliche Wichtigkeit und Umfang ein, wie die Prüfung des Abschlusses
an sich.
Dabei wird nicht jede Legal Entity vom WP besucht; geht aus Kapazitäts-, Zeit und Kostengründen auch nicht. Sofern lokale
Gesetzt die Prüfung eines lokalen Abschlusses vorschreiben, wird dieses auch mit in die Prüfung einbezogen. Sofern dieses
nicht notwendig ist, kann eine Prüfung erfolgen, muss aber nicht. Es ist mitnichten etwas negatives, wenn eine Legal Entity
als solche nicht geprüft wird. Der WP entscheidet in der Regel selber, welche Entities Prüfungsschwerpunkt sind.
Auch wenn im Rahmen der Konzernprüfung Entities besucht werden, heisst das nicht, dass das Testat sich auf diese
Legal Entities erstreckt. Der Besuch und die Prüfung sind dann für das Konzerntestat wesentlich.
Die KPMG prüft jetzt nicht, ob EY die Arbeit richtig gemacht hat oder of Wirecard EY Unterlagen oder Sachverhalte
vorenthalten hat. Das ist Aufgabe von EY das zu beurteilen. Eine Überprüfung der Arbeit von EY durch KPMG käme
auch einem Misstrauensvotum gleich, was seitens EY vermutlich zu einer Beendigung der Zusammenarbeit
veranlassen würde. Die Schlagzeile und deren Wirkung können wir uns dann im Geiste mal Vorstellen. Das hätten
einige Medien und Marktteilnehmer gerne, das gibt Ihnen Wirecard aber nicht.
Die KPMG prüft gezielt die Vorwürfe, die die FT zuletzt erhoben hat, einschließlich der MCA-Mathematics Vorwürfe;
nicht mehr und nicht weniger. Wenn diese Vorwürfe entkräftet werden (wovon ich stark ausgehe), ist der Fall für
Wirecard erledigt und für EY wohl auch.
Jetzt kommt leider der Wermutstropfen: Die FT und alle anderen Medien wissen das natürlich und haben sicher den
Entsprechenden Bericht schon in der Schublade. Schlagzeile: <KPMG-Bericht kann nicht zweifelsfrei die Richtigkeit der
Bilanz von Wirecard belegen>. Klar, war ja auch nicht der Prüfungsauftrag. Das war der Prüfungsauftrag von EY, der
jedes Jahr wieder aufs Neue genau das testiert.
Seltsamerweise unterstellen ja viele Journalisten, Wirecard hätte falsche oder unvollständige Berichte vorgelegt und
somit die Öffentlichkeit und EY hintergangen. Kein Journalist schreibt aber, EY hätte schlampig gearbeitet, obwohl
das ja in Anbetracht der Gesamtumstände (lange Historie von Vorwürfen) der Fall sein müsste. Das trauen sie sich
dann wohl doch nicht.
Wir denken uns mal den Rest.