Die Mülltrenner der Banken-Straße
von Christian Kirchner und Elisabeth Atzler
Eine Spezialeinheit der US-Investmentgesellschaft Blackrock sortiert die toxischen Wertpapiere von AIG und Bear Stearns. Dafür gibt es 50 Mio. Dollar pro Jahr - und unschätzbare Informationen.
Zwischen Triumph und Tragödie liegen in New York rund fünf Kilometer. Ganz im Süden Manhattans, im Financial District, befindet sich die Maiden Lane. Sie verläuft, nur einen Steinwurf von Ground Zero entfernt, entlang der Rückseite des Gebäudes der US-Notenbank Fed. Die Straße gab auch dem von der Notenbank garantierten Finanzvehikel ihren Namen, in dem vor über einem Jahr die US-Bank JP Morgan alle Schrottanleihen deponieren durfte, die sie nicht im Zuge der Rettung des Rivalen Bear Stearns vor der Pleite übernehmen wollte.
Und weil das so gut funktioniert hat, wiederholte die US-Notenbank das Manöver noch einmal mit den toxischen Papieren des Versicherers AIG - und legte Maiden Lane II und III auf. Insgesamt liegen in diesen "Maiden Lanes" so nunmehr Schrottpapiere im Nennwert von rund 140 Mrd. $ (100 Mrd. Euro) . Die kleine Straße ist damit so etwas wie der Ground Zero der Finanzkrise.
Fünf Kilometer weiter nördlich, in der 52. Straße und unweit der noblen Fifth Avenue, sitzt Blackrock. Die Aktien der US-Investmentgesellschaft liefen in den letzten sechs Monaten rund 40 Prozent besser als der marktbreite Index S&P 500. Und mit der Übernahme von Barclays Global Investors hat Blackrock ihre Position als die mit Abstand größte Investmentgesellschaft der Welt regelrecht betoniert. Doch trotz des Firmensitzes im schicken Midtown Manhattan ist Blackrock derzeit mit einer besonderen Form der Mülltrennung beschäftigt: Die Gesellschaft verwaltet einen Großteil der Ramschpapiere in den Vehikeln Maiden Lane I bis III. Für die Betreuung erhält Blackrock laut der Nachrichtenagentur Bloomberg in diesem Jahr rund 50 Mio. $ - und einen immensen Informationsgewinn. "Der Zugang zum Informationsfluss - die Informationen zur Preisgestaltung, das Wissen, wer kauft und verkauft, das Marktwissen - wird letztlich wichtiger sein als die tatsächlichen Provisionen", sagte Charles Peabody, Analyst bei Portales Partners, zu Bloomberg.
Blackrock hat mehr staatliche Aufträge zur Bewertung und Verwaltung von notleidenden Wertpapieren erhalten als irgendein anderer Vermögensverwalter. Die besonders schwierigen Fälle landen bei der wenig bekannten Geschäftseinheit Blackrock Solutions. Sie bewertet komplexe und oft illiquide Wertpapiere und berät Banken oder andere Investmentfirmen dabei, wie diese Institute ihre problematischen Anlagen einschätzen und bestenfalls loswerden können. Auch in Deutschland ist Blackrock aktiv, der Konzern hat der Staatsbank KfW geholfen, mit dem milliardenschweren Problemportfolio der Mittelstandsbank IKB fertig zu werden. Die KfW hatte im Juli 2007 eine rund 8 Mrd. Euro große Zweckgesellschaft von der IKB übernommen, um das Mittelstandsinstitut zu retten.
Blackrock ist bei solch kniffligen Aufgaben derzeit weltweit unterwegs und zählt zu den gefragten Bewertungsspezialisten - auch deutsche Landesbanken haben entsprechende Experten beauftragt. Allein in den vergangenen zwölf Monaten hat die Gesellschaft komplexe Papiere im Wert von umgerechnet rund 2150 Mrd. Euro bewertet.
"Das Wichtigste dabei ist meiner Meinung nach der Prestigegewinn", sagte Jeffrey Hopson, Analyst bei Stifel Nicolaus & Co., zu Bloomberg. "Aufträge von der US-Regierung sind beeindruckend für jeden, den sie möglicherweise als Kunden umwerben", so Hopson.