Allerdings muss die Inflation hoch bleiben, damit die Stagflation kommt. Einen großen Anteil an der hohen Teuerung haben die Energiepreise – aber kann sich, zum Beispiel, ein Barrel Öl wirklich noch verteuern, gar die 100-Dollar-Marke reißen? Duarte halt das für wenig wahrscheinlich, aber denkbar – wenn etwa Chinas Energiehunger weiter zunimmt, oder auch die Opec sich darauf einigt, die Preise durch künstliche Verknappung zu treiben. „In den 70ern war es ja auch die Opec, die beim Öl einen Preisschock ausgelöst hat“, mahnt Duarte.
Zudem hänge die Inflation eben nicht nur an der Energie. Auch anderweitig jagte ein Preisschock den nächsten. „China, Vietnam, Indonesien, zwischenzeitlich stand die ‚Werkbank der Welt‘ einfach komplett still“, so der Experte. Hinzu kommen horrende Preise in der Logistik: Noch Anfang 2020 betrug die Frachtrate für einen 40-Fuß-Container 1800 US-Dollar – derzeit sind es mehr als 10.000 Dollar. „Auch essenzielle Güter für den Transport wie Holzpaletten sind so teuer wie noch nie.“
Wie lange eine solche Phase der Stagflation andauert, ist unklar. „Das kommt nicht von heute auf morgen. Die Inflation steigt Jahr für Jahr, und das kann bis zu einer Spitze einige Jahre dauern. Das ist auch eine Frage der Politik. Dort, wo es ohnehin hohe Unzufriedenheit gibt, die Stagflation alles noch unerträglicher macht, wird eine solche Phase eher kürzer sein“, erklärt Duarte.
Fest steht indes: Kommt die Stagflation, wird es wieder besonders diejenigen treffen, die auch schon in der Corona-Krise am meisten litten: „Stagflation trifft an erster Stelle ärmere Personen. Diejenigen, die nicht vom Boom in Aktien und Immobilien oder auch vom Gold preis profitieren oder profitiert haben, weil sie keine Investments haben.“
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