ein Alarmzeichen für die Demokratie
@Resie
Die große Frage, die sich stellt, lautet daher:
"Wie kommt es, dass keine Partei in der Lage ist, ein Programm vorzulegen, dem mindestens sechzig Prozent der Wähler rundum zustimmen können? Liegt es an den Wählern, die ach so unterschiedliche Ziele verfolgen, oder liegt es an den Parteien, denen es nicht gelingt, es wenigstens einer deutlich sichtbaren Mehrheit recht machen zu wollen?"
Nichts Konkretes
Wir hören aus Berlin nichts Konkretes über eigene Vorschläge zur Reform der EU, obwohl deutlich zu erkennen ist, dass jedes Weiter so! die Probleme innerhalb der EU und die Probleme der EU mit ihren Partnern im Außenverhältnis nur verschärft. Statt aber gegenüber Macrons Vorschlägen klar Stellung zu beziehen und in den Dialog zu treten, findet auch hier nur ein interessiertes Wegschauen und Aussitzen statt.
Wir hören aus Berlin nichts Konkretes zum Zustand der Bundeswehr und zu den Forderungen der USA an die NATO-Staaten, insbesondere an Deutschland gerichtet, 2% des BIP für Rüstung auszugeben. Man gelobt feierlich beim Gipfeltreffen, das Ziel anzustreben, und verabschiedet langfristige Haushaltspläne, in denen kaum etwas davon zu finden ist.
Wir hören aus Berlin nichts Konkretes zur Zuwanderungsfrage. Die EU-Außengrenzen müssten gesichert werden, schallt es aus dem Kanzleramt, während Bulgarien und Österreich vor der sich gerade formierenden, neuen Flüchtlingswelle auf der Balkanroute mit alarmierenden Tönen warnen.
Wir hören aus Berlin nichts Konkretes über das Verkehrskonzept der Zukunft. Ja Fahrverbote sollten vermieden werden, hieß es: Aber nun sind sie halt mal da! Ja, der öffentliche Nahverkehr soll gestärkt werden, heißt es seit einer gefühlten Ewigkeit, aber es geschieht nichts. Die Elektromobilität soll rasant ausgebaut werden. Aber die Infrastruktur dafür existiert nicht, noch nicht einmal wie der zusätzliche Strombedarf gedeckt werden soll, wird erwogen.
Wir hören aus Berlin nichts Konkretes zur Sicherheit der Stromversorgung nach dem beschlossenen Kohleausstieg: Aber der Blackout wird schon jetzt jede Woche wahrscheinlicher.
Wir hören aus Berlin nichts Konkretes über die Sicherstellung der Versorgung mit Öl und Erdgas: Aber die USA drohen mit Sanktionen wegen North Stream 2, und ganz verstohlen lässt man Terminals für Flüssiggastanker errichten, an denen wir das so umweltfreundlich gewonnene US-Fracking-Gas, nachdem es um die halbe Welt geschippert wurde, entladen wollen.
Wir hören aus Berlin nichts Konkretes zum Euro, außer dem bescheuerten Slogan: Scheitert der Euro, scheitert Europa. Wir hören nichts darüber, wie mit den inzwischen bei fast einer Billion Euro angelangten Target 2 Salden umgegangen werden soll. Wir hören nichts über die Null-Zins-Politik der EZB.
Wir hören aus Berlin nichts Konkretes über die zu erwartenden Folgen der fortschreitenden Digitalisierung. Es gibt keinen Masterplan für die massiven Instandhaltungsrückstände an Straßen, Brücken, Schulen, Schwimmbädern. Es gibt keinen Masterplan für die Wiederherstellung einer sicheren und pünktlichen Bundesbahn.
Wir hören aus Berlin nichts Konkretes zu den Probleme der Mieter, außer, dass man deren Sorgen ernst nehmen müsse.
Wir hören aus Berlin nur immer wieder, dass man die Probleme nicht alleine lösen könne, dass es starke Partner brauche, dass die EU unverzichtbar sei, und dass man auf die dort getroffenen Entscheidungen warten müsse, weil Alleingänge schädlich seien.
aus Artikel Egon W. Kreutzer: Chronischer Zerfall der Mehrheiten ein Alarmzeichen für die Demokratie