Grüner Start in New York
06.12.2005
Die US-Börsen haben den Dienstagshandel im grünen Bereich eröffnet, was vor allem mit einem leicht sinkenden Ölpreis und der stärker als erwarteten Produktivität zu tun hat. Kurz nach der Glocke verbessert sich der Dow-Jones-Index um 33 Zähler, die Nasdaq legt um 9 Punkte zu.
Markus Koch - Wall Street Correspondents
Foto von Dirk Eusterbrock
Die Produktivität der amerikanischen Arbeiter ist im dritten Quartal um 4,7 Prozent gestiegen. Das ist der stärkste Quartalsanstieg in zwei Jahren und besser als die 4,5 Prozent, mit denen die Wall Street gerechnet hatte. Auf das vergangene Jahr gerechnet ist die Produktivität um 3,1 Prozent gestiegen und damit etwa doppelt so stark wie historisch üblich. Die Arbeitsstückkosten, ein wichtiges Barometer zur Messung der Lohninflation, sind um 1 Prozent gesunken. Das ist deutlicher als erwartet und signalisiert dem Markt Entwarnung.
Der Ölpreis fällt am Dienstagmorgen weiter, auch wenn es in weiten Teilen der USA weiter kalt bleibt und die Wettervorhersage mit Schneestürmen an der Ostküste rechnet. Das Schwarze Gold notiert im frühen Handel um 23 Cent leichter auf 59,68 Dollar pro Fass und liegt damit um mehr als einen Dollar unter seinem Zwischen-Hoch vom Montag, als man kurzzeitig auf 60,80 Dollar pro Fass geklettert war.
Im Mittelpunkt des Interesses stehen einige Hightech-Papiere. Der Medienriese Time Warner will weiterhin seine Online-Tochter AOL umstrukturieren. Allerdings scheint es nach aktuellen Berichten nicht mehr um einen Verkauf oder Teilverkauf an einen Konkurrenten wie MSN von Microsoft oder Google gehen. Vielmehr scheint Time Warner eine Partnerschaft mit MSN zu planen, in der ein Online-Anzeigendienst im Stile von Google aufgebaut werden soll. Microsofts MSC würde von Time Warner auch als primäre Suchmaschine eingesetzt und würde damit Google verdrängen. Sicher ist das aber noch nicht, denn bisher läuft die Partnerschaft mit der schnellst wachsenden Suchmaschine für AOL gut. Google tritt einen Teil der über AOL-Kunden erzielten Werbeeinnahmen an die Timer-Warner-Tochter ab.
Der Höhenflug von Apple scheint noch nicht beendet zu sein. Bei der UBS wird das Kursziel der Aktie von 74 auf 86 Dollar angehoben. Außerdem werden die Gewinnschätzungen für das Fiskaljahr 2006 von 1,85 auf 2,10 Dollar nach oben revidiert. Die Zusammensetzung des Umsatzes wirke sich auf die Ertragslage vorteilhaft aus. Während der Umsatzanteil der weniger profitablen iMac-Computer sinke, nehme der mit den Video-iPods erzielte Umsatz prozentual stärker zu. Die Sparte weist besonders hohe Gewinnmargen aus, was sich in der Gesamtbilanz bemerkbar machen dürfte.
Während man an der Wall Street mit Spannung auf die am Donnerstag anstehende Analystentagung von Intel wartet, gibt es gute Nachrichten vom Chiphersteller Altera. Das Management bestätigt die für dieses Quartal angepeilte Umsatzspanne von 286 bis 297 Millionen Dollar. Gleichzeitig werden die erwarteten Brutto-Gewinnmargen von 66,5 auf 66 Prozent leicht angehoben. Allerdings steigen auch die operativen Betriebskosten von 111 auf 114 Millionen Dollar. Auch wenn die Ziele damit letztendlich kaum revidiert werden, steht zumindest keine Enttäuschung bevor.
Ebenfalls unter Beobachtung stehen die Papiere von Sears Holdings. Bei dem Einzelhandelsriesen klingen zur Zeit nicht die Weihnachts-, sondern die Alarmglocken. Das Unternehmen musste im dritten Quartal einen herben Gewinneinbruch einstecken. Basierend auf den schon länger geöffneten Kaufhäusern fielen Umsätze bei der Kette Kmart um 2,8 Prozent und bei Sears um 10,8 Prozent. Schuld daran seien die weniger großzügigen Sonderangebote gewesen, erklärt das Management. Statt den Umsatz um jeden Preis anzukurbeln, habe man die Margen verbessern wollen. Bei Kmart sei zudem das Kundenaufkommen in fast allen Bereichen enttäuschend ausgefallen.
Heißestes Thema auf dem Parkett ist dennoch eine Aktie, die es noch gar nicht gibt: Unter dem Tickerkürzel NYX soll ab Januar die NYSE Group selbst börsennotiert sein; Die Mitglieder der New York Stock Exchange sollen heute dem Merger mit der elektronischen Handelsplattform Archipelago zustimmen. Die Inhaber der Börsensitze profitieren: Seit Bekanntgabe des Deals sind die Preise für die Börsensitze um über 400 Prozent gestiegen. Am Montag wurden zwei Sitze für jeweils 4 Millionen Dollar verkauft, im Januar war noch unter 1 Million Dollar gezahlt worden. Bei insgesamt 1366 Sitzen liegt der Marktwert der traditionsreichen Börse bei etwa 5,5 Milliarden Dollar. Neben Aktien erhält jeder Sitzinhaber im Rahmen des Mergers 300 000 Dollar. Wer bisher auf die Aktien von Archipelago setzte, braucht sich auch nicht beschweren: Die Aktie ist seit Mai um mehr als 350 Prozent gestiegen.