DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Die Mobilfunkkonzerne haben einen neuen Wachstumsmarkt
ausgespäht: Die Übertragung von TV-Bildern auf das Handy. Der Startschuss soll
Anfang kommenden Jahres fallen, die breite Vermarktung mit der
Fußball-Europameisterschaft im Sommer anlaufen. Die Firmen sehen eine große
Nachfrage. So hat Marktführer T-Mobile bei jedem Vierten seiner über 30
Millionen Kunden eine Bereitschaft für bewegte Bilder auf dem Mobiltelefon
ausgemacht. Zusammen mit den Wettbewerbern Vodafone D2 und O2 haben die Bonner
eine Konsortium gebildet, um Handy-TV zum Durchbruch zu verhelfen.
Die Zeiten, in denen das Mobiltelefon ausschließlich zum Telefonieren diente,
sind damit endgültig vorbei. Mit dem Einstieg in die TV-Übertragung wollen die
Unternehmen wegbrechende Umsätze im Mobilfunkgeschäft ausgleichen. Zum Start
sollen mit dem Standard DVB- H (Digital Video Broadcasting-Handheld) mindestens
16 Programme auf die kleinen Handy-Bildschirme übertragen werden. Voraussetzung
ist allerdings, dass das Konsortium die von den Landesmedienanstalten
ausgeschriebenen Sendelizenzen gewinnt. Um diese bewirbt sich auch eine Allianz,
an der die Medienunternehmen Hubert Burda Media und Holtzbrinck beteiligt sind.
In einigen Studien wird dem neuen Geschäftsfeld bis zum Jahr 2010 ein
Umsatzpotenzial von 450 bis 500 Millionen Euro bescheinigt. Experten zeigen sich
allerdings skeptisch, da aus ihrer Sicht das Geschäft schleppend anlaufen wird.
'Wir glauben, dass Handy-TV kommen wird. Allerdings sind viele Annahmen zu
hoch', sagt Nikolaus Mohr von der Unternehmensberatung Accenture. Erst ab 2011
oder 2012 würden die Nutzerzahlen steigen.
Ein Blick über die Landesgrenzen hinaus gibt ihm Recht. So boomt Handy-TV zwar
in Südkorea - in Italien und Großbritannien bleibt das junge Geschäft mit
Penetrationsraten von rund einem Prozent hinter den Erwartung zurück. Auch in
Deutschland floppte mobiles Fernsehen bisher. Mit dem aus Korea stammenden
Format DMB, das nur die Übertragung weniger Programme erlaubt, wagten debitel
und mobilcom (heute Freenet) erste Gehversuche. Mit wenigen tausend Kunden blieb
DMB aber hinter den selbstgesteckten Prognosen zurück.
Trotz der gebremsten Erwartung halten Experten den Einstieg ins Handy-TV für
richtig. 'In Summe geht es darum, den Kunden in der digitalen Welt ein
gesamtheitliches Buket von verschiedenen Diensten zu bieten', sagt
Accenture-Experte Mohr. Mobiles Fernsehen bezeichnet er als Zusatzgeschäft. Die
Marktforschungsgesellschaft Solon sieht einen Bedarf bei der Kundenschaft. 'Es
ist naheliegend, das populärste Medium TV auch unterwegs nutzen zu wollen', sagt
Solon- Experte Henning Röper. Dazu müsse aber das Angebot verständlich und
leicht bedienbar sein. Zudem müssten bekannte TV-Marken mitziehen.
Auf die TV-Sender wartet zusätzliche Arbeit. So ist das bestehende Programm nur
bedingt für mobiles Fernsehen verwendbar. 'Es ist illusorisch zu glauben, dass
jemand auf dem kleinen Bildschirm einen zweistündigen Film anschauen wird', sagt
Mohr. ProSieben und MTV haben sich bereits darauf eingestellt und produzieren
ein spezielles Programm für Handy-TV. Den größten Schub versprechen sich die
Experten von Sport-Übertragungen. 'Bei Fußball oder Olympiade sind Kunden sicher
bereit, für eine auf das Handy angepasste Übertragungsform zu zahlen', sagt
Mohr./mur/so/
--- Von Martin Murphy, dpa-AFX ---