Ich glaube, wir werden in diesen Punkten nie einer Meinung sein. Da Du Dich aber auch schon einige Jahre mit der Elektromobilität beschäftigst, verstehe ich nicht, warum es bei Dir nicht -zumindest teilweise- zu einem Sinneswandel kommt.
"Die Einzigen, die schon heute mit dem EV klar im Vorteil sind, dass sind die Kurzstrecken Vielfahrer, also Taxis, Lieferdienste usw. , die in Ballungsräumen unterwegs sind."
Genau das ist weiterhin falsch! Der einzige Vorteil, den ich gegenüber den Langstreckenfahrern sehe, ist dass dadurch signifikant in den Ballungsräumen der Schadstoffausstoß von Verbrennerfahrzeugen reduziert wird.
"Leider gibt es bis heute keinen Hersteller, der wirklich dafür optimierte Fahrzeuge anbietet. Die bräuchten z.B. einen deutlich kleineren, aber dafür zyklenfesteren Akku."
Warum bitte schön, sollte man dafür einen deutlich kleineren Akku brauchen? Vielleicht weil dadurch das Fahrzeug ein paar Kilo leichter sein könnte? Gerade im Winter benötigt ein BEV in der Stadt wesentlich mehr Energie/km (außer, es fährt permanent herum), da es immer wieder das Fahrzeug aufheizen muß, als im Sommer. Das kann durch größere Akkus noch einigermaßen aufgefangen werden.
"In der Stadt ist ein EV in der Regel beim Energieverbrauch doppelt so effizient, wie auf der Langstrecke."
Wie kommst Du denn auf diese Fehleinschätzung? Gerade bei BEVs ist der Energieverbrauch gleich effizient, egal ob Lang- oder Kurzstrecke. Was aber tatsächlich gilt, ist, dass Verbrenner bei Kurzstrecke wesentlich ineffizienter sind!
"Außerdem hat der reine Verbrenner beim Antrieb in der Stadt auch noch den höchsten Verschleiß auf 100 km bei den Bremsen, beim Getriebe, aber auch bei Kupplung und Motor."
Genau!
"Auf der Langstrecke beim Vielfahrer hingegen, hat das EV im Punkto Kosten Nutzen keine reale Chance."
Das ist nur eine Frage der Haltbarkeit der Fahrzeuge und der Kosten für die benötigte Energie. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Deine Einschätzung "keine reale Chance" falsch ist!
"Ich war selbst fast 20 Jahre nach deinen 40000 km/Jahr Vielfahrer.
Daher mal ein Beispiel, was sogar schon viele Jahre her ist. Längste Fahrt an einem Tag in meinem Leben.
Hinfahrt 630 km , ca 4 Stunden am Einsatzort und danach 630 km Zurück nach Hause.
Reichweite Fahrzeug, damals noch reiner Verbrenner, 700km+ bei gemäßigter Fahrweise. Maximal 160 km/h auf der Autobahn. Am Vortag im Vorbeifahren, also ohne Umweg, vollgetankt. Am Zielort das gleiche Spiel wieder. Benötigte Zeit zusammen 12 Min."
Verrückt. Du bist tatsätzlich 630km ohne Pause auch noch innerhalb 4 Stunden gefahren? Wie unverantwortlich und was für ein Risiko! Ich muß gestehen, ich bin vor 30 Jahren (mit Chauffeur) auch einmal immerhin 550km von Ravensburg nach Aachen in der Nacht von 23:00 bis 2:30 in 3 1/2 Stunden gefahren. Auch wenn es damals noch viel leerer auf den Straßen und viel weniger Geschwindigkeitsbeschränkungen gab, genauso unverantwortlich von mir, auch wenn ich nicht der Fahrer war :-( !
"Nun das EV. Vollgeladen früh gestartet und maximal 300 km gefahren. Dann 30 min Pause und 200 km nachgeladen. dann das gleiche Spiel nochmal und bis zum Ziel gefahren."
Das hört sich ja schon einmal vernünftig an. Also bei vernünftiger Fahrweise vielleicht 15 Minuten langsamer als mit Verbrenner (wenn überhaupt). Und mit dem Model 3 braucht man auch eher 15 Minuten zum Laden, also gar kein "Zeitverlust".
"Am Ziel kein fußläufig erreichbarer Schnellader (in 95% aller Fälle so)."
Das ist witzig: 95% aller Fälle ;-) . Ich glaube, da kennst Du nicht die Realitität. Aber natürlich kommen noch eventuell zusätzlich 10 Minuten Fußweg von/zur Ladestation hinzu. Die aber nach so einer langen Reise wirklich erholsam und eher von Vorteil sind.
"Also 30 min Schnelladen bei Ankunft oder vor Beginn der Rückfahrt. Unterwegs noch zwei mal Schnelladen bis nach Hause."
Das kommt sicher auch heute noch in vielleicht 20% aller Fälle vor. Wobei mit dem Model 3 dass insgesamt vielleicht 50 Minuten Zeitbedarf sind, in denen man sich erholen oder auch arbeiten kann.
"Im günstigsten Fall also 150 Min zusätzlich."
Sorry, aber das ist Blödsinn! 150 Minuten ist meines Erachtens Quatsch!
"Ziehen wir nun zwei Pausen ah 20 Min und die Tankzeit ab, bleiben immer noch 98 min verlorene Zeit."
Was soll das? Du weisst doch inzwischen genau, dass dies keinesfalls "verlorene Zeit" ist!
Da habe ich die An und Abfahrten zum Laden, sowie eventuelle Ladeleistungsbeschränkungen gar nicht mitgerechnet."
Gähn...
"... Der Strom am Schnellader ist heute schon mindesten so teuer, wie der vergleichbare Diesel an der Tanke. ..."
Wenn Du das z.B. mit einem Model S vergleichst: ich keine keinen Diesel, bei dem man kostenlos Tanken kann! Aber das ist natürlich die Ausnahme und der BEV-Vorteil wird hierbei sicher bald schrumpfen...
"Eine Degression , wie beim Akku, kennt der Verbrenner nicht."
Ich weiß nicht, wie Du das meinst. Wenn man bei Tesla ausschließlich an den SuperChargern lädt, kommt es auf Dauer zu einer Reduzierung der Ladeleistung. Dass heißt, dass dadurch bei Langstreckenfahrten, bei den man auf Schnell-Lader angewiesen ist, die Ladepausen länger ausfallen werden.
"Solange also der Verbrenner also 10000 billiger in der Anschaffung ist, ist er Preislich in Augenhöhe."
Das ist vielleicht bei 30.000km/jährlich der Fall. Fährt man mehr km im Jahr oder den Wagen länger, schlägt das Kostenbarometer jedoch immer mehr zugunsten der BEVs aus.
"Wenn ich nun bei dem Vielfahrer nur 50% Schnelladernutzung berechne, so verschwende ich immer noch etwa 1300 min im Jahr, also mehr als 20 Stunden. Das sind in 8 Jahren satte 160 Stunden Lebenszeit."
Hier sieht man gut, wie Du immer noch in den alten Denkweisen gefangen bist. Genau dass ist meist überhaupt keine "Verschwendung".
"Als Unternehmer muss ich aber die stunden meiner Mitarbeiter bezahlen und selber arbeite ich auch nicht gerne für Nasse. Hier entstehen also in den 8 Jahren auch noch mal locker Kosten von 8000 €+."
Da ist genau die Frage: nach eigener Erfahrung ist der Kostenvorteil viel (!) höher als solche angenommenen Kosten in Höhe von 8.000€!
"Ganz anders ist es auf der Kurzstrecke. Da gibt es keine zusätzlichen Standzeiten, der Strm ist beim Normalladen deutlich günstiger und der Verbrenner braucht hier das Doppelte an Energie."
Schon wieder falsch! Warum sollte es da keine "Standzeiten" geben? Richtig ist aber, dass Verbrenner (vor allem Benziner) oft viel mehr an Energie benötigen als auf der Autobahn.
"Bei 40000 km im Jahr spare ich also selbst gegenüber dem Diesel ca. 1500 € im Jahr, also 12000 € in den 8 Jahren. Außerdem dürften auf der Kurzstrecke beim Verbrenner mindestens 5000 € mehr Wartungskosten anfallen. Damit würde der Vorteil von 10000€ auf satte 27000 € anwachsen. Außerdem wird das Kurzstrecken EV sogar noch etwas billiger, weil ein kleinerer Akku ausreicht."
Gähn... So ein kleinerer Akku müsste noch erfunden werden. Aber das schreibst Du oben ja selbst.
"Da ein LiFePo4 Akku, aber im Vergleich zum NMC Akku mindesten drei mal zyklenfester, ist auch er für 300000 Km gut. Sagen wir mal, noch 3000€ gespart. Wenn ich jetzt noch die aktuelle Prämie von 6500 € dazurechne, komme ich auf satte 37500 € in 8 Jahren für das Stadttaxi. Allerdings dürfte das die Strecke wohl in 5 Jahren schaffen. Scheinen unsere Autobauer aber nicht nötig zu haben, dafür optimierte Fahrzeuge anzubieten. Da sollte die Politik vielleicht mal etwas "optimierend" eingreifen."
Was die verschiedenen Akku-Technologien angeht, hast Du sicherlich viel mehr Erfahrung als ich. Mal sehen, ob Du da in Zukunft richtig liegen wirst.