Guten Morgen,
nachdem ich die Gelegenheit hatte mir gestern Abend noch die Aufnahme der gesamten gestrigen Veranstaltung rein zu ziehen möchte ich hierzu auch nochmal meinen Senf dazugeben:
Ganz allgemein möchte ich einmal sagen, dass ich im Großen und Ganzen zufrieden bin. Es gab auf der einen Seite wenig Neuigkeiten, aber auf der anderen Seite haben uns die Vortragenden auch vieles bestätigt was hier im Forum schon einige in den letzten Monaten durch mühsame Recherche herausgefunden haben. Das alleine hat mir schon mal einen ganzen Brocken Unsicherheit genommen. Aber der Reihe nach:
1) Governance
Dieser Beitrag von Heather Sonn war für mich in der Tat einer jener Beitrage die am wenigsten Neuigkeiten beinhaltet haben. Wir wissen alle, dass im Zuge der Governance wirklich viel aufgearbeitet wurde und das Unternehmen von Heather Sonn und den neuen Compliance und Risk Officer den man von PwC abgeworben hat wieder transparent wird. Das war für uns wie gesagt nichts Neues. Der einzige Punkt der mich aufhören hat lassen war jener, dass sie meinte, dass die restriktive Kommunikation des Unternehmens gegenüber dem Markt hier und heute enden wird. Gut so!
2) Financial Restructure & Forensic Investigation
Hier sind die ersten wahren News des Tages durch du Preez verlautbart worden. Das CVA stehe kurz bevor - wie wir alle wissen kamen dann am Abend noch die News. Auch hat er nochmal im Rückblick gezeigt, was das Management in den vergangenen 20 Monaten alles geschafft hat (Folie 10). Er meinte, dass wenn seine Kinder ihn Fragen was er im Büro tut, dann erklärt er es ihnen wie mit einem verknotetem Teller Spaghetti - seine Aufgabe ist es die Nudeln wieder auseinander zu fädeln, ohne dass sie reißen. Darum zieht er jede Nudel einzeln heraus - nicht so wie das unsere "warum steigt der Kurs verdammt noch mal nicht?!!!"-verzweifelte Pusher Fraktion, die lieber an dem Spaghettihaufen ziehen würde bis die Nudeln reißen und an der Wand in der ganzen Küche kleben ;-) ..alles in allem meine Hochachtung für das Management, es hat in den vergangenen 20 Monaten die Probleme Schritt für Schritt aufgearbeitet!
Folie 11 gab dann noch einen Überblick über die PIK Zinsen. Wer nachgerechnet hat wird im Schnitt auf rund 860 Mio. EUR Zinsen per anno kommen - der Forist Damage hatte das ja bereits einmal nachgerechnet, das war für mich die Bestätigung. Die PIK läuft seit Dezember 2018 (wurde später nochmals von Diepernik angesprochen), der Anstieg bei den Finance Costs (other borrowings) in den Halbjahreszahlen ist also dadurch zu erklären. Mit dem CVA werden diese jetzt bis Ende 2021 gestundet.
Zur Forensic Investigation gab es nichts wirklich Neues. Einzig die Anmerkung dass es keinen "further impact" auf die Zahlen 2017 & 2018 geben wird ist nochmal gut zu wissen.
3) Litigation
Du Preez hat hier angemerkt, dass man derzeit einen guten Überblick über die Klagen verschafft hat. Man unterscheidet allgemein zwischen "vendor-claims" also z.B. der Klage von Wiese und "shareholder claims" wie z.B. jene von TILP. Du Preez meinte dass sich die Klagen in Südafrika eher ziehen werden, in den Niederlanden geht es normalerweise schneller. Das dürfte wohl auch 2020 in den Fokus rücken. Auch hat er angekündigt, dass voraussichtlich in der gerade laufenden Phase 2 der PwC Untersuchung weitere rechtliche Schritte gegen das Umfeld von Jooste eingeleitet werden. Bezüglich Jooste arbeite man mit den südafrikanischen Behörden zusammen, an denen ist es auch eine strafrechtliche Verfolgung einzuleiten. Für mich klang es jedoch so, als wäre das nur noch eine Frage der Zeit.
4) Financial Reposting and Restatement Process
Mit Alex Watson hat man sich eine unabhängige Professorin in das Supervisory Board geholt, die eine Aufarbeitung der Bilanzen 2017 & 2018 aus einer unabhängigen Perspektive vorangetrieben hat. Man hat alles getan um so schnell wie möglich fertig zu werden, musste aber auf die PwC Ergebnisse warten. Sie meinte "students will study this process for decades" - da hat sie recht, denn dieser Restatement-Prozess muss wirklich eine Riesenaufgabe gewesen sein, die man sehr souverän gemeistert hat. Die Dame ist sicher ein Bonus für uns in Sachen Transparenz.
5) Financial Results Overview (Halbjahr 2019)
Diepernik hat uns im Grunde keine großen News gebracht, denn die Zahlen kannten wir bereits. Jedoch brachte er wie bereits erwähnt nochmals die Anmerkung, dass die SEAG und SFHG Zinsen mit dem CVA bis 2021 gestundet werden. Mit 188 Mio. EUR SEAG und 104 Mio. EUR SFHG Zinsen im ersten Halbjahr sind das also fast 300 Mio. EUR - ein ganzer Brocken. Positiv war zudem die Anmerkung, dass Ostern 2019 auf die zweite Hälfte des Geschäftsjahres gefallen ist (April) und somit Q3 vergleichsweise stark ausfallen wird. Wir dürfen uns also schon auf den 29.08. freuen!
6) Strategy and Management Focus
Dieser Teil war sicher einer der interessanteren Parts der Präsentation. Du Preez hat die Zukunftsvision von Steinhoff offenbart, die einige Foristen wie z.B. Mysterio hier bereits vorhergesehen haben. Man will weg von einer zentral gesteuerten Holding (man erinnere sich an die Zeit vor 2018 mit Cash Pooling & co) hin zu einer Retail-Beteiligungsgesellschaft. Das hat zum einen den Grund, dass man mit weiteren Verkäufen und IPOs wie z.B. Pepkor Europe Geld auftreiben möchte, um die Schulden dann auch zu tilgen (und nicht nur die Zinsen). Christo Wiese hatte das bereits einmal in einem Interview auf CNBC Africa angekündigt, dass das Unternehmen mit Assets die Schulden tilgen wird. Zum anderen hat man bei dieser Struktur den Vorteil, dass man die Treasury Costs der Holding (Administration Costs & co) noch weiter drücken kann. Wenn man nur noch Beteiligungen großteils <50% hält und Dividenden daraus bezieht, dann kann man sich den Großteil der Holding Struktur sparen. Ob man auch die Kontrolle übe die beiden Pepkors abgeben wird ist fraglich, ich denke hier wird man sich zumindest 50% behalten.
Die 3 Stufen des Plans (CVA -> Klagen -> Restrukturierung und Refinanzierung) machen ebenfalls Sinn. Hier hat du Preez auch nochmals erwähnt, dass diese Schritte durchaus parallel erfolgen werden (!) man wartet also nicht mit einer Refinanzierung bis die letzte Klage gelöst ist. Allerdings macht es absolut Sinn den Großteil der Klagen zu lösen, bevor man zu den Banken geht. Bei einem Corporates Rating werden auch Rechtsstreitigkeiten des potentiellen Schuldners miteinbezogen, das führt zu einem höheren Risiko für die Bank, ergo zu einem schlechteren Rating des Kunden (also Steinhoff), ergo zu einem höheren Zinssatz für eine Refinanzierung. Daher wird man bei den Klagen jene beseitigen die man kurzfristig klären kann und sich dann eine Refinanzierung holen. Dazu hat man im Grunde bis Ende 2021 Zeit. Zu diesem Zeitpunkt wird man dann mit dem Cash das man ohnehin schon großteils generiert hat die PIK Zinsen begleichen und die Schulden eventuell noch etwas senken (durch einige weitere Asset Verkäufe die nicht aus dem Kernbereich stammen, bzw. dem Börsengang von Pepkor Europe). Wenn man dann noch den Großteil der Rechtsstreitigkeiten aus dem Weg geräumt hat, dann bekommt man einen akzeptablen Zinssatz von den Banken und die Zinsbelastung reduziert sich deutlich. Durch das bis dahin weiter gesteigerte segmental EBIT (das sich bereits jetzt sehen lassen kann!) bleibt somit mehr EBT übrig und man kann nach 2021 weiter aus dem operativen Geschäft tilgen. Alles in allem eine gute Strategie - um nicht zu sagen die einzig plausible Strategie.
7) Fragen
Hier kam nicht mehr allzu viel sinnvolles von den Zuschauern. Du Preez hat erwähnt, dass das Management seit dem 12.08. nicht mehr in einer Closed Period gem. 5.2.3. der Insider Trading Policy ist und theoretisch das erste mal seit Dezember 2017 wieder Aktien erwerben darf. Was er vergessen hat zu erwähnen ist, dass gem. 5.2.2. desselben Dokuments vor Quartalszahlen eine 30 tätige Sperrfrist für das Management besteht, in welcher wir uns bereits befinden. Wer sich diesbezüglich Käufe durch Louis & Heather erhofft muss sich also noch bis zum 29.08.2019 gedulden.
Die Frage nach dem "was tun Sie für den Kurs" hat du Preez absolut richtig beantwortet. Nämlich dass ein Kurs durch Angebot und Nachfrage basierend auf den Ergebnissen eines Unternehmens selbst findet. Obwohl hier einige im Forum auf diese Aussage einen halben Nervenzusammenbruch bekommen haben, hat du Preez natürlich völlig recht. Denn er und seine Kollegen tun seit 20 Monaten nichts anderes als dafür zu sorgen, dass das Unternehmen überlebt und irgendwann wieder gewinnbringend aus dem operativen Geschäft arbeiten kann - und dadurch wird dann auch Shareholder Value (wie in seiner Einführung erwähnt) maximiert, was im Grunde nur eines bedeutet: nämlich steigende Kurse.