Ein chaotisches Jahr geht für Steinhoff International (WKN:A14XB9) bald zu Ende und Anleger fragen sich weiterhin, was wohl die Zukunft bringen wird. Wenn alles gut läuft, könnte die Holding sich nächstes Jahr unter einem neuen Chef schrittweise wieder zu einem normalen Unternehmen entwickeln. Im Wesentlichen hängt dies von drei Knackpunkten ab.
Knackpunkt 1: Was steht wirklich in der Bilanz?
Am Anfang des ganzen Ärgers standen manipulierte Bilanzen. Aber welche Manager daran mitgewirkt haben und wie die Machenschaften im Detail funktionierten, das können wir nur erahnen. In Kürze werden die Forensiker von PricewaterhouseCoopers ihren Abschlussbericht vorlegen, der hoffentlich etwas mehr Klarheit bringt. Gleichzeitig steht die Bilanzvorlage für das im September abgelaufene Geschäftsjahr 2017/2018 an.
Auch wenn Steinhoff bereits Zwischenberichte vorgelegt hatte, blieben doch immer auch jede Menge Fragen offen. Restrukturierungsmaßnahmen folgten Schlag auf Schlag. Das Geschäft in Österreich und Deutschland wurde abgestoßen, diverse Beteiligungen versilbert und Schulden umgeschichtet. Zu milliardenschweren Abschreibungen kamen noch weitere Verluste hinzu, die das Eigenkapital abschmelzen ließen.
Was wann und wie in die Bilanz gebucht wurde, ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar. Zuletzt lag die Marktkapitalisierung noch bei einer halben Milliarde Euro (Stand 20.11.). Aktionäre setzen folglich darauf, dass das Eigenkapital weiterhin weit darüber liegt und stabilisiert werden kann.
Knackpunkt 2: Kann Mattress Firm noch etwas beitragen?
Der Wert der amerikanischen Matratzentochter könnte letztlich den Unterschied machen. Den Angaben des Managements zufolge läuft das Insolvenzverfahren nach Plan, sodass sich Mattress Firm zügig einer Menge unrentabler Standorte entledigen kann, um dann in einigen Wochen wieder zur Normalität zurückkehren.
Steinhoffs Geldgeber unterstützen das Vorhaben mit Fremdkapital, bekommen aber im Gegenzug die Hälfte der Anteile des Matratzenvertriebs. Das ist bedauerlich, doch immerhin besteht so eine gute Chance, dass das Ruder nachhaltig herumgerissen werden kann und die Tochter zukünftig wieder Gewinne abwirft. Immerhin hat Steinhoff vor dem eigenen Skandal viel in das Geschäft und die Lieferkette investiert, was sich in Verbindung mit den Maßnahmen zur Kostensenkung positiv auswirken sollte, sobald sich der Staub gelegt hat.
Eine Bewertung von gut einer Milliarde Euro könnte dann eine realistische Größenordnung sein, womit das Amerikageschäft für Steinhoff zumindest eine halbe Milliarde zur Stabilisierung des Konzerns beitragen würde. Wird die Unternehmung allerdings gegen die Wand gefahren, dann wird es möglicherweise gefährlich eng. Auch damit müssen wir kalkulieren, wenn man bedenkt, dass das Image ramponiert ist und die Verbraucher immer häufiger im Internet Matratzen shoppen.
Knackpunkt 3: Funktioniert die Expansion der Hoffnungsträger?
Kommt es also hart auf hart, dann müssen die letzten Trümpfe stechen. Ich denke dabei vor allem an die von Polen aus gesteuerte Pepco, die englische Poundland und die französische Conforama. Sie alle investieren heftig in den Ausbau ihrer internationalen Netzwerke.
Poundland übernimmt beispielsweise 20 Standorte des insolventen Konkurrenten Poundworld und rollt die preiswerte Modemarke PEP&CO weiter aus. Conforama treibt gleichzeitig verschiedene Formate voran, sodass vom kleinen Boutiqueambiente bis zum großen Baumarktcharme alles dabei ist, um an den unterschiedlichsten Standorten erfolgreich sein zu können. Pepco wiederum hat zuletzt im schlesischen Gleiwitz einen besonders großen Markt in einem beliebten Shoppingcenter eröffnet und fasst ständig neue Standorte ins Auge.
Es ist gut zu erkennen, wie durch verschiedene Maßnahmen Größenvorteile gehoben werden sollen. Zusätzliche Investitionen in die Digitalisierung der Lieferkette sollten ebenfalls dazu beitragen, die Kostenposition zu verbessern sowie die Leistungsfähigkeit zu steigern. Conforama hat sich zum Beispiel gerade Shippeo ins Boot geholt. Deren globale Plattform für Supply-Chain-Echtzeitdaten soll dabei helfen, eine bessere Vorausschau für die Warenströme zu bekommen.
Insgesamt läuft bei den dreien einiges in die richtige Richtung, finde ich. Trotzdem wäre ein Konjunktureinbruch zum jetzigen Zeitpunkt, wo so viel Neues angepackt wird, fatal. Bekommen sie hingegen Zeit, um ihre Strategien erfolgreich zu entfalten, dann könnte dort richtig viel Wert für die Holding und ihre Aktionäre entstehen.
Hilfreich wäre auch, wenn die nun unter Pepkor (WKN:A2JPBS) firmierende südafrikanische Tochter bei der Bilanzvorlage am 26. November Erfolge zu vermelden hätte. Zwar hat sich die Aktie zuletzt etwas von den absoluten Tiefs erholt, aber nach oben wäre noch viel Luft. Diese Beteiligung stellt eine Art Lebensversicherung für Steinhoff dar, weil sie eine der wenigen großen Vermögensgegenstände darstellt, die schnell liquidierbar sind.
Aktuell liegt die Marktkapitalisierung bei knapp 4 Mrd. Euro, womit Steinhoffs 71 % etwa 2,8 Mrd. Euro ausmachen. Zieht der Kurs also um 20 % an, dann wird die Bilanz um mehr als eine halbe Milliarde aufgepolstert.
Wir nähern uns dem Tag der Wahrheit
Die Nachricht, dass derjenige, der aktuell viele der Restrukturierungsmaßnahmen vorantreibt, ab Januar auf den Chefsessel kommt, wurde vom Markt gut aufgenommen. Louis du Preez wird zwar noch einige harte Nüsse zu knacken haben, aber es ist ein gutes Zeichen, dass er sich der Aufgabe stellt. Ob er allerdings wirklich von einer stabilen Basis aus starten kann, werden wir erst wissen, wenn über die drei hier diskutierten Punkte mehr Klarheit herrsch