Steinhoff vielleicht ein Turnaround Unternehmen (3)
Zur Erinnerung: Manager Magazin, den 02.07.2018, dort heißt es:
«Milliardenschweres Eigenkapital Steinhoff-Aktie deutlich unter Buchwert - Anleger lässt das kalt. Was der Bericht der Wirtschaftsprüfer aber auch formulierte und die Börse am späten Freitagnachmittag nicht mehr antizipierte, ist das auf 2,4 Milliarden Euro taxierte Eigenkapital. Daraus würde sich ein Buchwert von 58 Cent je Aktie ergeben, berichtet das "Handelsblatt". Waren die Kursverluste in der Vergangenheit also übertrieben? Nun teilen auch andere Unternehmen wie etwa die Deutsche Bank das Schicksal, dass ihre Aktie unter Buchwert notiert - im Fall des deutschen Branchenprimus waren es zuletzt etwa 40 Prozent, was man als großes Misstrauensvotum der Anleger interpretieren darf. Bei Steinhoff allerdings liegt die Aktie mit 8,5 Cent immer noch meilenweit von den taxierten 58 Cent entfernt. Auch wenn das ein Kursplus von 18 Prozent abbildete, rechnen die meisten Anleger offenbar mit einer Pleite bei Steinhoff.»
Auch mit dem heutigen Kurs von ca. € 0.16 ist noch nicht einmal annähernd der Buchwert erreicht. Was benötigen wir an Kennzahlen aus der Bilanz, um eine brauchbare Fundamentalanalyse zu fertigen. Da wir derzeit keine aktuellen Unternehmenszahlen haben, möchte ich lediglich einmal darstellen, was wir benötigen, um uns ein einigermassen brauchbares Bild von Steinhoff machen zu können:
1.§Bilanzsumme (Gesamtvermögen bzw. Gesamtkapital)
2.§Eigenkapital und Eigenkapitalquote
3.§Fremdkapital, Fremdkapitalquote und Verschuldungsgrad
4.Liquiditätskennziffern§
5.§Buchwert und Marktwert
Leider kann ich hier nur auf untestierte Zahlen des Jahres 2016 zurückgreifen, die natürlich zur heutigen Beurteilung nicht herangezogen werden können. Ich möchte hier lediglich aufzeigen, wie man mit vorhandenen Kennzahlen im Rahmen einer Fundamentalanalyse (übrigens bei jedem Unternehmen anwendbar) zu verfahren hat.
Zu 1. Die Bilanzsumme:
Sie betrug bei Steinhoff im Jahre 2016 € 4.97314 Milliarden.
Zu 2. Eigenkapital und Eigenkapitalquote:
Das Eigenkapital betrug im Jahr 2016 € 2.44523 Milliarden. Die Eigenkapitalquote berechnet sich aus Eigenkapital (€ 2.44523 Milliarden) geteilt durch die Bilanzsumme (€ 4.97314 Milliarden). Im Falle Steinhoff wären das ca. 49,17 %.
Mit dieser Eigenkapitalquote wäre Steinhoff sehr gut gegen Verluste, Überschuldung und letztlich sogar einer Insolvenz gewappnet gewesen.
Zu 3. Fremdkapital, Fremdkapitalquote und Verschuldungsgrad:
Fremdkapital sind Verbindlichkeiten, also Schulden. Das Fremdkapital (bei Steinhoff € 2.52791 Milliarden) wird ins Verhältnis zur Bilanzsumme (€ 4.97314 Milliarden) gesetzt, die Formel lautet für die Ermittlung der Fremdkapitalquote: Fremdkapitalquote = (kurzfristiges und langfristiges Fremdkapital), hier € 2.52791 Milliarden geteilt durch die Bilanzsumme (€ 4.97314 Milliarden). Bei Steinhoff betrugen im Jahr 2016 die Gesamtverbindlichkeiten € 2.52791 Milliarden. Das entspricht nach unserer Formel einer Fremdkapitalquote von ca. 50,83 %.
Auch hier liegt im Jahre 2016 bei Steinhoff die Fremdkapitalquote noch im Rahmen. Die Eigenkapitalquote und Fremdkapitalquote sollen in der Summe 100 % ergeben. Je höher die Eigenkapitalquote ist, desto geringer ist die Fremdkapitalquote und umgekehrt.
Der Verschuldungsgrad eines Unternehmens wird errechnet, indem das Fremdkapital in Relation zum Eigenkapital gesetzt wird. Die Formel lautet: Verschuldungsgrad = Fremdkapital geteilt durch Eigenkapital.
Hier bei Steinhoff wäre also der Verschuldungsgrad wie folgt zu berechnen: € 2.52791 Milliarden geteilt durch € 2.44523 Milliarden. Der Verschuldungsgrad läge daher bei 103,38 %. Ein Verschuldungsgrad von unter 200 % wird üblicherweise als positiv gewertet.
Zu den Liquiditätskennziffern des ersten, zweiten und dritten Grades kann an dieser Stelle keine verlässliche Angabe gemacht werden. Aus der Gewinn- und Verlustrechnung aus dem Jahre 2016 ergibt sich zwar ein Ergebnis vor Steuern von € 20.962 Milliarden, (nach Steuern € 18.837 Milliarden), um aber die jeweiligen Liquiditätsgrade, 1,2,3 zu berechnen, bräuchte man von Steinhoff Angaben über die flüssigen Mittel, kurzfristigen Verbindlichkeiten, kurzfristige Forderungen, Vorräte usw. Man muss an dieser Stelle aber auch anmerken, dass selbst wenn man all diese Zahlen hätte, keine Aussagen zum gegenwärtigen finanziellen Status von Steinhoff gemacht werden könnten, zumal jede Bilanz nur eine Stichtagsbetrachtung darstellt und man davon ausgehen muss, dass sich sowohl die liquiden Mittel als auch die kurzfristigen Verbindlichkeiten seit dem Bilanzstichtag vermutlich verändert haben werden.
Zu 5. Zum Buchwert und Marktwert werde ich, wenn gewünscht, in einem gesonderten Beitrag etwas sagen, da ich weiterhin befürchten muss, dass mein Beitrag wegen Überlänge wieder gesperrt wird.
Schönen Tag noch!
Zusatzbemerkung: Da die Bilanz von 2016 nicht testiert ist und neuere Zahlen nicht vorliegen, haben die vorliegenden Rechenbeispiele keine Bedeutung, sie sollen aber dem Foristen einen Einblick vermitteln, wie eine Fundamentalanalyse hergestellt wird. Sollten einmal verlässliche und testierte Zahlen vorliegen, kann man sich ein genaueres Bild von Steinhoff machen.