Spanien hat eine funktionierende Wirtschaft?
Woraus soll die denn bestehen?
Die Baubranche und der Tourismus waren die tragenden Säulen.
Der Immobiliensektor hatte in der Vergangenheit etwa ein Drittel des BIP erwirtschaftet.
Gleichzeitig ist mit dem Immobilienboom die durchschnittliche Verschuldung pro Person bereits 2005 auf 125 Prozent des Jahreseinkommens angestiegen.
Man kann sich ausrechnen, was das Platzen der Immobilienblase für Auswirkungen auf die Binnenwirtschaft haben musste und immer noch hat.
Die privaten Haushalte, die ihre Schulden nicht mehr bedienen konnten verarmen. Abgesehen von den menschlichen Dramen geht das natürlich auch auf den Konsum.
Die Arbeitlosenquote liegt saisonbereinigt bei 20,7 %
Die Jugenarbeitslosigkeit von unter 25-jährigen liegt gar bei 44,6 %
(Die Zahlen sind von 2011, mittlerweile dürften diese weiter angestiegen sein)
Spanien ist zwar (immer noch) die 12 größte Volkswirtschaft der Welt, daraus sollten m.E. allerdings keine voreiligen Schlüsse über die Aufstellung ihrer Wirtschaft getroffen werden.
Die Immobilienpreise sind weiterhin am Fallen und es platzen auch immer noch nach und nach mehr und mehr Hypotheken.
Der Tourismus ist rückläufig. Sollte sich die wirtschaftliche Situation in Europa insgesamt weiter verschärfen, wäre wohl gleichsam mit weiteren Rückgängen im Tourismus zu rechnen.
Weiteren wichtige Stützen wären dann die Kommunikations- und Informationstechnik,
und auch die Landwirtschaft.
Überdies gibt es erhebliche Unterschiede zwischen stark industrialisierten Regionen , wie dem Baskenland, Madrid etc. die noch vergleichsweise gut dastehen und den eher landwirtschaftlich geprägten Region, wie Andalusien oder Extremadura, wo es mehr als schlecht aussieht.
Das Gefälle ist extrem.
Wenn man mal einen Blick in den Ibex 35 wirft, ergibt sich folgendes Bild:
- 7 Unternehmen aus dem Baugewerbe
(mit einer Marktgewichtung von mittlerweile insgesamt nur noch 6,73%)
- 9 Unternehmen aus dem Bereich Banken/Finanzdienstleistungen/Versicherungen
(mit einer Marktgewichtung von insgesamt: 33,17%)
- 5 Unternehmen aus dem Bereich Versorger
(mit einer Marktgewichtung von insgesamt: 14,79 %)
Daneben Hinsichtlich der Marktgewichtung nennenswert:
- Telefonica mit 20,64 % (Telekomunnikation)
- Repsol mit 7,65 % (Öl und Gas)
- Inditex mit 7,55 % ( Textilunternehmen - Mutterkonzern von Zara! immerhin)
Der Finanzsektor hat zusammen mit der Baubranche und den Versorgern somit eine Marktgewichtung von 54, 69% nimmt man Telefonica noch dazu kommt man dann bereits auf 75,33 %.
Dabei handelt es sich auschließlich um Sektoren, die sehr problembehaftet sind.
Die Telekomunikationsbranche mag zwar insoweit krisensicher sein, als dass auch in schlechten Zeiten immer noch telefoniert wird.
Auf der anderen Seite ist es jedoch ein stark umkämpfter Markt, mit eher schwachen
Wachstumsaussichten (hat ja bereits jeder ein Telefon - zumindest in den Industrieländern!)
und hartem Preisdruck mit rückläufigen Margen.
Innovativ und besonders aussichtsreich sieht die Zusammenstellung und Gewichtung der 35 wichtigsten spanischen Unternehmen nicht gerade aus.
Repsol und Inditex sind sicherlich kleine Lichtblicke - aber insgesamt ist da wenig zu verbuchen, dass allzu große Hoffnung auf ein spanisches Wirtschaftswunder aufkommen ließe.
Man darf ja auch die Geschichte der Spanier nicht ganz ausser Acht lassen.
Bis 1982 regierte noch das faschistische und wenig produktive Franco-Regime.
Bis dahin war Spanien noch ein unterentwickeltes Agrarland.
Als Wirtschaftsmodell haben sie sich dann Anfang der 90er weitestgehend auf die Bauwirtschaft und den Tourismus verlassen - und haben es verpasst ihre Ökonomie in die Breite auf andere Sektoren zu diversifizieren.
Dass sie besser als die Griechen dastehen, ist sicherlich richtig (was für eine Kunst) aber eine gesundes und zukunftsträchtiges Wirtschaftsmodell sieht in meinen Augen anders aus.
Auch die Spanier hätten die besten Chancen ihre Wirtschaft zu stabilisieren und zu erneuern, wenn sie eine eigene Währung hätten.
Es wird ihnen m.E. über kurz oder lang aller Wahrscheinlichkeit nach sogar kaum etwas anderes übrig bleiben - genauso wenig wie den Griechen.
Alles anderes ist wohl leider reines Wunschdenken.