Rapides Wachstum
Dossier Q-Cells sagt Rivalen Probleme voraus
von Mark Krümpel und Claus Hecking (Thalheim)
Der weltgrößte Solarzellenhersteller Q-Cells hält trotz der Finanzkrise an seinen ehrgeizigen Wachstumsplänen fest. Im Interview mit der FTD bekräftigte Konzernchef Anton Milner ungeachtet des globalen Konjunkturabschwungs seine Prognose für 2009.
So solle der Umsatz von Q-Cells um fast 70 Prozent auf 2,25 Mrd. Euro bei einer Ebit-Marge von 20 Prozent steigen, die Produktion von 600 auf mehr als 1000 Megawatt Spitzenleistung.
Die Q-Cells-Aktie brach am Montag um 18 Prozent ein, nachdem die "Berliner Zeitung" Milner mit dem Satz zitiert hatte, er rechne wegen der Finanzkrise mit einem schwächeren Branchenwachstum. Hiervon betroffen sei aber nur die Konkurrenz, präzisierte der Q-Cells-Chef gegenüber der FTD. So liege in China zurzeit der Bau von Solarfabriken mit einer Kapazität von 2500 Megawatt pro Jahr mangels Liquidität auf Eis. Q-Cells' Finanzierung hingegen ist Milner zufolge schon jetzt fürs komplette Jahr 2009 unter Dach und Fach.
"Die Krise hat auch gute Seiten", sagte der 46-jährige Brite. So könne seine Branche ihre Kosten für die Stromerzeugung aus Solarenergie voraussichtlich schneller senken als bislang erwartet. Der Preis für den wichtigsten Rohstoff Silizium etwa, der bis zu 50 Prozent der Herstellungskosten einer Zelle ausmacht, sei zuletzt abgestürzt: von etwa 500 $ im vergangenen Jahr auf rund 200 $ je Kilogramm heute.
"Außerdem gehen die Leitzinsen herunter - und damit, so hoffen wir, auch auf Dauer die Finanzierungskosten für Privatkunden, die ein solches System auf ihrem Dach installieren wollen", sagte Milner. Zinsen seien der zweitgrößte Kostenblock. "Auch bei großen Solarprojekten bringen niedrigere Zinsen Vorteile."
Geringere Kosten bei Solarstrom
Milner zufolge könnte Solarstrom dank rapide fallender Kosten schneller wettbewerbsfähig werden als gedacht. "Im kommenden Jahr wird der Strom vom Dach in Süditalien gleich teuer sein wie der Strom aus der Steckdose", prophezeite er. "In Deutschland werden wir diese Netzparität 2014 bei privaten Haushalten erreichen." Bislang rentiert sich die Herstellung von Solarstrom für hiesige Anlagenbetreiber nur dank massiver Subventionen, die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegt sind.
Auch Q-Cells profitiert vom EEG. Das Unternehmen aus Thalheim in Sachsen-Anhalt ist 2007 zum Weltmarktführer im Solarzellenbau aufgestiegen. Nun gilt es auch als Kandidat für den Dax. Die Deutsche Börse entscheidet am Mittwoch über Veränderungen in Deutschlands oberster Aktienliga. Mutmaßliche Absteiger sind Continental und die Hypo Real Estate. Dafür dürften Salzgitter und Beiersdorf aufrücken. Q-Cells habe aber bei der darauf folgenden Umstellung gute Chancen, sagen Analysten. Schon heute ist das Unternehmen mit einem Börsenwert von mehr als 2 Mrd. Euro viel höher bewertet als etwa Infineon. Zudem ist auch der Verbleib der Postbank im Dax wegen der geplanten Übernahme durch die Deutsche Bank mittelfristig fraglich.
"Unser Ziel ist es, spätestens 2010 in den Dax aufzusteigen", sagte Milner der FTD. "Aber das ist kein geschäftliches Ziel, sondern eher ein Statusziel." Viel werde davon abhängen, wie sich die Märkte in den nächsten Jahren entwickeln. "Das mittel- bis langfristige Potenzial der Solarbranche ist stärker als jemals zuvor."
Seit Wochen warnen Marktexperten vor den Folgen einer Rezession auf die Solarbranche. Aufgrund der Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe könne die Nachfrage nach Fotovoltaikmodulen einbrechen, weil viele Projekte verschoben oder nicht realisiert würden, orakeln etwa die Analysten der Deutschen Bank. Zudem machen fallende Öl- und Gaspreise Solarenergie unattraktiver. Andererseits will der künftige US-Präsident Barack Obama bis zu 150 Mrd. $ in den Ausbau erneuerbarer Energien investieren, um sein Land unabhängiger von Öl zu machen. Davon würden auch deutsche Hersteller profitieren, prophezeite Milner.
Weitere Hebel für die Wettbewerbsfähigkeit von Solarstrom sind technologischer Fortschritt sowie Kosteneinsparungen durch zunehmende Massenproduktion. "Pro Megawatt Spitzenleistung hat Q-Cells seine eigenen Produktionskosten in den vergangenen zwei Jahren halbiert", sagte Milner. "Wir werden das in den kommenden beiden Jahren wieder schaffen."
mfg
S.H.