KfW-Investbarometer: Investitionsboom kühlt sich ab
Die Unternehmensinvestitionen in Deutschland werden im zweiten Halbjahr ein wenig langsamer zulegen als bisher, aber weiterhin kräftig zum Wachstum beitragen. Das ist das Ergebnis des KfW-Investmentbarometers, das die Bankengruppe exklusiv für die Financial Times Deutschland berechnet.
Für das Sommer- und das Herbstquartal sagt der Indikator einen Anstieg der Unternehmensinvestitionen um 1,6 und 1,2 Prozent voraus. Im Frühjahr hatte sich der Anstieg von 1,6 auf 1,8 Prozent beschleunigt. "Die Investitionsdynamik der Unternehmen ist jedoch weiterhin robust, dies wird sich im Jahr 2008 mit reduziertem Tempo fortsetzen", sagte Norbert Irsch, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe.
Die Befürchtungen von Experten, die Investitionen könnten nach dem Auslaufen günstiger Abschreibungsmöglichkeiten Ende 2007 einbrechen, scheinen sich nicht zu bewahrheiten. Zwar zeichnet sich ab, dass die Wirtschaft zunächst etwas an Schwung verliert; Ökonomen setzen aber darauf, dass eine erstarkende Konsumnachfrage im nächsten Jahr die zweite Phase eines kräftigen Aufschwungs einleiten wird. Diese Hoffnung wird bisher selbst von den jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten nicht getrübt.
Ausweitung der Investitionen erwartet
Die KfW-Experten machen mehrere Gründe für den anhaltenden Zuwachs bei den Investitionen aus: "Die günstige Arbeitsmarktentwicklung und die weiterhin hohe Kapazitätsauslastung sowie die Auftragseingänge der Investitionsgüterproduzenten sprechen für das Fortdauern der Investitionsdynamik im dritten und vierten Quartal", sagte Irsch. Für das Gesamtjahr 2007 erhöhten die Experten ihre Prognose für die Unternehmensinvestitionen leicht auf ein kalenderbereinigtes Plus von 7,3 Prozent. Das wäre kaum weniger als im vergangenen Jahr. Die Zuversicht werde auch gestützt durch die gestiegene Nachfrage von Mittelständlern nach KfW-Krediten zur Finanzierung ihrer Investitionen.
Auf einen anhaltenden Investitionsboom in diesem Jahr deuteten am Donnerstag auch die Aussagen von Verbandsvertretern des deutschen Maschinenbaus. Der wichtige Zweig der Investitionsgüterhersteller steuert demnach mit gut gefüllten Auftragsbüchern auf das vierte Rekordjahr in Folge zu. So habe die Branche im Juli 15 Prozent mehr Aufträge erhalten als noch im Vorjahr, teilte am Donnerstag der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) mit. "Die jüngsten Ergebnisse lassen weiterhin kein Erlahmen der Wachstumskräfte erkennen", sagte VDMA-Volkswirtin Gesine Schneider.
Für das kommende Jahr sagen die KfW-Experten eine Verlangsamung der Investitionen voraus -allerdings auf hohem Niveau. So erwarten sie jetzt einen Anstieg um 4,4 Prozent, wobei unterm Strich wegen der höheren Zahl von Arbeitstagen am Ende ein Plus von 5,2 Prozent stehen dürfte. "Die guten Fundamentaldaten und die sehr gute Gewinnsituation stimmen uns positiv für die Investitionsdynamik im nächsten Jahr", sagte Irsch. Die leichten Bremseffekte kämen vor allem von der nachlassenden Auslandsnachfrage wegen der erwarteten Abschwächung des Wachstums in den USA.
Es lohne sich, Kapazitäten weiter auszubauenEine Ausweitung der Investitionen erwartet auch Joachim Scheide, Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. "Der Aufschwung geht weiter", sagte Scheide. "Die Firmen sind gut aufgestellt und erzielen hohe Renditen." Es lohne sich, Kapazitäten weiter auszubauen. Im ersten Quartal 2008 werde der Zuwachs allerdings etwas zurückgehen, weil Unternehmen ihre Investitionen in die zweite Jahreshälfte 2007 vorziehen dürften, erklärt der Ökonom. Sie profitierten so noch von den degressiven Abschreibungsmöglichkeiten, die im Zuge der Unternehmenssteuerreform Anfang 2008 wegfallen. "Die Vorzieheffekte sind aber nicht so stark, dass wir für das erste Quartal 2008 einen Einbruch erwarten", sagte Irsch.
Zuletzt signalisierten auch die Geschäftserwartungen der Investitionsgüterhersteller für die nächsten sechs Monate einen guten Start ins Jahr 2008. Das geht aus dem Branchenindex des Ifo-Geschäftsklimas hervor. Zwar trüben sich die Erwartungen seit Mai auf hohem Niveau ein, "der Indikator liegt aber weiterhin im positiven Bereich", sagte Gernot Nerb, Leiter der Branchenforschung im Ifo-Institut. Gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen sieht er derzeit keine Anzeichen, dass sie ihre Investitionsvorhaben deutlich herunterfahren wollen.
Ganz so optimistisch ist David Milleker, Chefvolkswirt bei Union Investment, jedoch nicht. Im Gegensatz zu seinen Kollegen sieht er die gesamten Bruttoanlageinvestitionen im ersten Quartal nahezu stagnieren. "Sinken werden sie aber nicht", sagte der Ökonom.
Von André Kühnlenz und Harry Pannenbecker (Berlin)
Quelle: Financial Times Deutschland
J.B.