Bedenkliche Entwicklung?
von Jochen Steffens
Vielleicht erinnern Sie sich, dass es bei den vielen Konsolidierungen der letzten Jahre oft zu einem scharfen, plötzlichen Einbruch kam. Dazu hatte ich immer wieder geschrieben, dass mir dieser Kursrückgang zu plötzlich und zu schnell sei und dass eben diese Geschwindigkeit der Kursverluste darauf hinweise, dass es sich um kein entscheidendes Top handle.
Desweiteren wies ich bei solchen Konsolidierungen immer wieder daraufhin, auf die Gegenbewegungen zu achten, da die Dynamik dieser Gegenbewegungen ein Hinweis auf die innere Stärke des Marktes ist.
Das ist der Dax mit den verschiedenen, großen Konsolidierungen. Die meisten Konsolidierungen starteten aus einer fast linearen Aufwärtsbewegung heraus, sehr plötzlich, so dass es aussah, als wären die Kurse einfach „abgebrochen“ (blaue Kreise).
Genau diese Art der Kurseinbrüche entstehen nur selten bei einem Top.
Top mit „Ansage“
Lediglich bei der großen Seitwärtsbewegung 2004 war es anders. Damals sprachen jedoch die Fundamentals nicht für ein großes Top. Einige von Ihnen werden sich sicher noch erinnern können, dass ich diese Seitwärtsbewegung aufgrund der fundamentalen Rahmendaten vorausgesagt hatte. Tatsächlich war aber die damalige Entwicklung, mit diesen beständigen Lower Highs und Lower Lows, aus charttechnischer Sicht riskant. Erst durch die Auflösung nach oben kam es zu einem klaren Bullensignal. Wenn solche Seitwärtsbewegungen nach oben aufgelöst werden (am besten noch mit einem Fehlsignal nach unten wie hier), ist das sehr bullish, wie man auch am weiteren Verlauf erkennen kann. Festzuhalten bleibt, dass aber auch 2004 der Dax zunächst nicht stark eingebrochen ist und es folglich danach zu einer "langen" Konsolidierung kam.
Auch bei der gerade laufenden Korrektur haben wir im Dax keinen solchen, einfachen „Abbruch“ des Kursverlaufs hinter uns, sondern es kam zunächst zu einem hochvolatilen Hin und Her. So bildete sich ähnlich wie 2004 zunächst eine Seitwärtsbewegung (grünes Rechteck), bevor die Kurse schließlich wegbrachen. Das ist insofern für eine kurze Korrektur untypisch und damit gefährlich. Es war eine klare Warnung und tatsächlich könnte demnach die aktuelle Entwicklung ein Hinweis auf ein größeres Top sein, zumindest jedoch auf eine längere Korrektur!
Das Allzeithoch verzerrt
Allerdings muss man in diesem Zusammenhang bedenken, dass es sich hier um eine Sondersituation handelt: Diese Seitwärtsbewegung ist an einem extrem wichtigen Widerstand, nämlich dem Allzeithoch entstanden. Ein Umstand, der den bearishen Charakter dieser Kursbewegung schwächt. An wichtigen Marken kommt es fast immer zu einem längeren Kampf, der zu solchen Seitwärtsbewegungen führt. Dass es dieses Mal nicht zu einem plötzlichen scharfen Einbruch gekommen ist, ist demnach kein eindeutiger Hinweis auf eine längere Korrektur.
Trotzdem ist dieser Vergleich geeignet, um darzustellen, wo der gravierende Unterschied zwischen den Konsolidierungen der letzten Jahre, die alle durchweg bullish waren und der aktuellen Konsolidierung besteht.
Die Gegenbewegung ist wichtig
Wie oben geschrieben: Achten Sie auf die Stärke der Gegenbewegungen.
Häufig kam es in den letzten Jahren zu impulsiven Gegenbewegungen, die auch oft direkt einen neuen Aufwärtstrend einleiteten.
Doch schauen Sie sich diesen Dax-Chart an. Man kann fast schon nicht mehr von einer Gegenbewegung reden. Nach dem Einbruch kam es lediglich zu einer weiteren Seitwärtsbewegung. Eine dynamische Gegenbewegung hätte die Kurse vielleicht an die 7800 Punkte, mindestens jedoch an die 7750er Marke treiben müssen.
Dies ist ein klares Zeichen von Schwäche. Tatsächlich wurde das Rechteck nach unten gebrochen. Noch besteht zwar die geringe Möglichkeit, dass dieses Rechteck eine Bodenformation darstellt, sollten die Kurse aber nun weiter dynamisch fallen, wird es kritisch.
In diesem Fall wäre es mehr als fraglich, ob es zu einer normalen „abc“ Korrektur kommen kann. Diese sähe wie folgt aus:
Wesentlich wahrscheinlicher ist eine Art „5er“ Abwärtswelle, die wie folgt aussähe:
Wenn es also im Dax noch zu einem weiteren Abverkauf kommt, sich demnach kein Boden ausbildet, könnte es, nach einer kleinen Gegenbewegung, zu einer weiteren Abwärtsbewegung bis runter zu großen Widerstandszone bei 6200-6400 Punkten kommen. Dort müssten wir dann weiter Analysen erstellen.
Denken Sie bei allen charttechnischen Ansätzen zurzeit aber daran: Wir haben Sommer und die Sommermonate sind prädestiniert für Fehlsignale in beide Richtungen. Und diese häufen sich gerade auch im kurzfristigen Bereich.