Was gestern gefeiert wurde, kommt heute unter die Räder
von Jochen Steffens
Wohohowooh... Das ist echt heftig! Gestern noch Partylaune, der Dax stieg und stieg. Vor meinem geistigen Auge sah ich schon in leuchtenden Buchstaben den Satz im Investor’s Daily: Sehen Sie, ich habe es Ihnen doch gesagt, die Kreditmarktkrise ist schneller vergessen, als man schauen kann.
Dann heute neue Nachrichten: BNP Paribas musste nach massiven Verlusten in Höhe von ca. 1,6 Mrd. Euro drei Fonds aussetzen. Begründung: Zurzeit könne die Bank den Wert dieser Fonds aufgrund der geringen Liquidität in bestimmten Marktsegmenten nicht mehr vernünftig berechnen. Die Fonds hatten in zehn Tagen knapp ein Viertel ihres Wertes eingebüßt.
Verzeihen Sie mir diese kleine Selbstironie, aber angesichts dieses Hin und Her an den Märkten, kann man doch nur noch ironisch werden. Jetzt ist wieder „Welt unter“, der Dax über die 2 % im Minus
Wohin mit dem Geld?
Ich hab so langsam ein Problem – eine Anlageproblem. Sie wissen, ich gebe auch den Target-Trader heraus, der hauptsächlich im Dax und Stoxx investiert. Rechtzeitig hatten wir hier vor dem Einbruch nahezu alle Positionen verkauft – ein Call auf den Bund und ein Put auf den Stoxx (einen Put haben wir schon mit Gewinn verkauft) bescheren uns Gewinne. Ein Teil dieser Gewinne sichert die wenigen verbliebenen Long-Positionen ab, die ebenfalls Gewinne generieren, wenn es doch wieder steigt. Selbst Gold lief einigermaßen, da habe ich aber nach dem Einbruch heute Bedenken, ob wir nicht auf Kaufkurs ausgestoppt werden.
Darüber hinaus weiß ich zurzeit einfach nicht, was ich empfehlen soll. Ich blättere täglich mein Chartheft durch und sehe keine Aktien mehr, die mich interessieren. Derweil knallt der Markt hektisch rauf und runter. Um diese relativ kurze Spanne mitzunehmen, müsste man zu schnell reagieren. Abends denkt man: „Mist warum bin ich nicht Long gegangen?“, um am nächsten Tag erleichtert festzustellen, wie gut es doch gewesen sei, aus dem Markt zu bleiben. Ich schätze, Ihnen geht es ähnlich.
Mittlerweile zufriedene Leser
Am Anfang haben sich noch einzelne Leser des Target-Traders beschwert, dass ich nichts empfehle. Jetzt nach zweieinhalb Wochen ohne Empfehlung erhalte ich hingegen nur noch bestätigende Mails - verständlich angesichts des Marktumfelds. Ich sehe das so oder so gelassen: Manchmal wird man einfach auch lediglich dafür bezahlt, dass man seine Leser davon abhält, aktiv zu werden und sie eben nicht von einer Anlage in die andere treibt, die dann doch wieder alle ausgestoppt werden.
Unter dem Strich ist Abwarten zurzeit wesentlich gewinnbringender als blinder Aktionismus. Zumindest wenn man NICHT intraday agiert. Ich möchte nicht wissen, wie viele sich in den letzten zweieinhalb Wochen mit Positionen auf beiden Seiten die Finger verbrannt haben!
Einen Zockerschein für den Fall der Fälle
Eventuell empfehle ich heute oder in den nächsten Tagen einen Zockerschein auf eine mögliche Auflösung der Carry-Trades. Aktuell ist mir der Kurs bereits zu sehr angestiegen, der Einstiegskurs ist wichtig. Sollte es 2007 oder 2008 zu einem Einbruch wie 1998 kommen, kann man mit so einem Schein locker über 1000 % Gewinn machen. Ansonsten warte ich auf "klare" Einstiegsignale im Dax/Stoxx und bei einzelnen Aktien, auch die können sehr plötzlich und schnell kommen.
Derweil kann man nur zuschauen und sich darüber freuen, dass alles billiger wird. Ich bleibe nämlich trotz dieser Nachricht von BNP Paribas dabei, dass das Kreditmarktproblem bald wieder vergessen ist, denn irgendwann will ich den Satz von oben noch schreiben. Die letzten beiden Tage (Dienstag/Mittwoch) waren insoweit ein erster Hinweis darauf, wie schnell der Markt vergessen kann.
Telekommunikation
Wirklich überrascht bin ich, wie viele von Ihnen offensichtlich auch Probleme mit ihren Telekommunikationsanbietern haben. Mich erreichten viele Mails, in denen Sie von ähnlichen Erfahrungen berichtet haben. Aber es kamen auch Statements aus der Ecke der Telekommunikationsanbieter selbst. Demnach würde der fast schon ruinöse Preiskampf auf diesem Sektor dazu führen, dass die Unternehmen sparen müssten, wo sie nur könnten. Und da wäre natürlich der Service einer der ersten Bereiche, die diesen Sparmaßnahmen zum Opfer fallen.
Das klingt natürlich auch logisch. Schade, ich würde lieber etwas mehr zahlen und dafür einen zuverlässigen Service haben, aber offenbar bin ich auch hier nicht Mainstream.
Dann möchte ich Ihnen noch für die vielen Tipps danken. Ein oder zwei werde ich vielleicht sogar umsetzen, wenn ich dann die Zeit finde, mich damit genauer auseinanderzusetzen. In diesem Fall werde ich hier von meinen Erfahrungen berichten.
Viele Grüße
Ihr
Jochen Steffens