Nach den überraschend schwachen Zahlen von Vestas und den gruseligen Zahlen von Gamesa mal ein Blick auf die Analystenschätzungen zu den Nordex Q3- Zahlen, die Nordex in genau einer Woche veröffentlichen wird. Die Analystenschätzungen zu Nordex sind durchaus optimistisch.
In wie weit Nordex von den Problemen betroffen wird/wurde wie Vestas und Gamesa (Transport, größere Projektverzögerungen. Lieferketten, hohe Rohstoffkosten) ist natürlich für einen Außenstehenden so gut wie nicht einzuschätzen. Jedoch ist klar, dass man Vestas und schon gleich gar nicht Gamesa Eins zu Eins mit Nordex miteinander vergleichen kann. Hab ja in der letzten Woche eine längere Post dazu geschrieben.
Ich bin weiterhin zu Nordex optimistisch. Auch wenn mein Nordex Invest aktuell nicht allzu hoch ist. Raus nac der KE bei knapp 19 € und wieder rein mit 800 Nordex Aktien vor 2 Wochen bei um die 13 €. Hat aber eher nichts mit Nordex zu tun, sondern mit meinem Depot Chancen/Risikomanagement.
Die Ausgangsposition von Nordex ist eine grundlegend andere wie bei Vestas und vor allem bei Gamesa. Die kurz/mittelfristige Nordex Strategie ist eigentlich klar mit dem massiven Ausbau der indischen Gondel/Rotorblattfertigung wie auch den "radikalen" Umbau der brasilianischen Produktion von Acciona Mühlen auf die Nordex Turbine N163. Von Indien aus sollen so ab Mitte 2022 alle Märkte außerhalb Europas bedient werden bis auf Brasilien, da dort Nordex wegen den Local Content Regelungen vor Ort produzieren muss. In Brasilien werden nur noch N163 Mühlen installiert bzw. produziert. In Brasilien hat Nordex in den letzten 12 Monate 216 Nordex Mühlen N163 (1,2 GW) verkauft. Die erste N163 Errichtung in Brasilien dürfte dann wohl im Juni/Juli 2022 anstehen. Flankiert wird diese Strategie bzw. der größere "Konzernumbau" mit der Installationszunahme der margenstarken Delta4000-Reihe (2020 Anteil: 32%, 2021 Anteil rd. 60%, 2022 Anteil aktuell bei 82%). Dazu kommt noch, dass Nordex nun alle Altverträge (großteils Südafrika und Brasilien) aus 2018 endlich abgearbeitet hat, die alles andere als hohe Margen hatten. Durch die große Kapitalerhöhung bekommt Nordex dazu noch eine viel größere finanzielle Flexibilität in sein Geschäft rein und die sollte dafür sorgen, dass Nordex trotz einer nur geringen Nettofinanzverschuldung im Jahr nicht mehr etwas über 100 Mio. € an Zinsen bezahlen muss. Diese notwendige Finanzflexibilität wurde wohl von Nordex etwas unterschätzt, denn Nordex bearbeitet mittlerweile viel mehr Projekte über 300 MW, als das noch vor 2 Jahren der Fall war und diese Zwischenfinanzierungen inkl. Bürgschaften scheinen wohl recht teuer zu sein.
So jetzt aber weg von meinen Einschätzungen hin zu den Analysteneinschätzungen, denn die sind mal gar nicht so schlecht.
Die Q3 Umsatzerwartung liegt zwar niedriger wie die erzielten Umsätze in Q1 und Q2, aber das ist eigentlich klar, denn es gab wegen den ganzen Corona Einschränkungen im letzten Jahr größere Projektverzögerungen, vor allem in den USA und Südafrika, und so wurden zwangsläufig Umsätze von 2020 ins 1. Hj. 2021 verschoben worden. Darum auch der exzellente 2021er Halbjahresumsatz mit 2,7 Mrd. €.
Von den Analysten wird ein Q3-Umsatz von 1,19 Mrd. € erwartet bei einer besseren EBITA-Marge mit 4,5% gg. Q2 (Q2 EBITA-Marge: 4,0). Mit dem von den Analysten erwarteten EBITA von 53 Mio. € wird nach den Analystenschätzungen am Ende ein kleiner Nettogewinn in Q3 herausschauen von 11 Mio €. Im Groben und Ganzen liegen diese Analystenschätzungen an dem Gesagten des Nordex Managements Mitte August beim Q3 Conference Call.
Analystenschätzungen zu den Q3 Nordex Zahlen im Überblick:
Umsatz: 1,19 Mrd. € (Q2: 1,42 Mrd. € Q1: 1,25 Mrd. €)
EBITA: 53,7 Mio. € (Q2: 58,0 Mio. € - Q1: 10,4 Mio. €)
--- EBITA-Marge: 4,5% (Q2: 4,0% - Q1: 0,8%)
EBIT: 15,9 Mio. € (Q2: 22,5 Mio. € Q1: - 28,1 Mio. €)
Netto: 11 Mio. € (Q2: - 9,1 Mio. € - Q1: - 54,7 Mio. €)
EPS: 0,07 € (Q2: - 0,08 € Q1: - 0,47 €)
Sollte es keine Sonderkosten in Q3 gegeben haben (z.B. Mühlencrash Haltern oder größere Projektverzögerungen), dann sollte es mit der Margenverbesserung in Q3 auch in Q4 weiter gehen. Zumal im 2. Hj. der Anteil der margenstärkeren Delta4000 Reihe weiter zugenommen hat bzw. weiter zunehmen wird (1. Hj. ca. 1.500 MW Delta4000 bzw. einen Anteil von 50% - 2. Hj. ca. 2.600 MW Delta4000 bzw. einen Anteil von 75%), fast keine Altaufträge aus dem Jahre 2018 mehr abgearbeitet werden müssen im Gegensatz zum 1. Hj. und die spanische Produktion nach dem Umbau von Acciona Mühlen auf Nordex Mühlen zunehmend effizienter werden sollte inkl. eines größeren Ausstoßes. Dazu kommt noch, dass ab dem 2. Hj. Nordex aus der neuen indischen Rotorblattproduktion von TPI Composites N149 Rotorblätter bezieht.
In Q4 erwarten die Analysten einen großen Sprung bei der EBITA-Marge auf 8,1%. Der Q4 Umsatz soll bei 1,2 Mrd. € liegen, das EBITA bei 98 Mio. €, das EBIT bei 61 Mio. € und der Nettogewinn bei 47 Mio. € (EPS: 0,29 €). Auf 2021er Gesamtjahressicht würde damit Nordex auf eine EBITA Marge von 4,3% kommen. Die wäre Inline mit der Nordex EBITA Margenguidance, die zwischen 4 bis 5,5% liegt, und auch Inline mit dem was Nordex Chef Blanco im Q2 Conerference Call gesagt hat, dass er bei der Umsatzprognose (4,6 bis 5,2 Mrd. €) keine Probleme sieht, aber es sein könnte, dass die EBITA Marge eher am unteren Rand der eigenen Prognose (4 bis 5,5%) liegen könnte. Ich persönlich gehe ohnehin von einem etwas besseren Jahresumsatz aus wie die Analystenschätzungen. Das 2021er Auftragsbuch würde es gut hergeben, dass Nordex in diesem Jahr auf einem Umsatz nahe 5,2 Mrd. € kommen wird (Analysten: 5,05 Mrd. €).
Die von den Analysten erwartete positive Ergebnisentwicklung wird sich nach deren aktuellen Einschätzungen im kommenden Jahr fortsetzen. Für 2022 liegt der Durchschnittsanalystenumsatz aktuell bei 5,13 Mrd. €, der in den letzten 6 Wochen kontinuierlich leicht angestiegen ist. Beim EBITA werden für 2022 356 Mio. € prognostiziert, das in den letzten 8 Wochen um rd 8% nach unten korrigiert wurde. Das würde einer EBITA Marge von 6,9% entsprechen. Beim Nettogewinn gehen die Analysten von 90 Mio. € aus, was einem EPS von 0,56 € entsprechen würde. Von den Analystenschätzungen her sollte Nordex somit im kommenden Jahr ganz locker in der Gewinnzone wieder landen können.
Wenn Nordex diese Schätzungen in 2022 erreichen könnte, dann wäre die Nordex Aktie bei dem Kursniveau von 14 € alles andere als teuer. Ganz im Gegenteil. Ich betrachte ja bei der fundamentalen Bewertung eigentlich immer das EV EBITA Multiple, da die EV Bewertung genauer und meines Erachtens auch viel besser ist wie die schnöde KGV Bewertung. Beim EV Multiple werden die nicht cashseitigen Abschreibungen ignoriert (kommt damit also nahe an die Cash Flow Entwicklung ran, die ja nicht von bilanziellen Kniffen beeinflusst wird), die verschiedenen Steuerquoten werden auch ignoriert inkl. Steuererleichterungen wie z.B. Bilanzierung von Verlustvorträge oder latende Steuern, aber dafür wird die Verschuldung komplett in die Betrachtung integriert.
Nordex wird aktuell nach den Analystenschätzungen mit einem 2022er EV EBITA Multiple von gerade mal 4,7 bewertet (2022 KGV: 25). Ich sage mal ein EV EBITA Multiple von mindestens 7 bis 8 ist bei Nordex absolut gerechtfertigt. Vestas z.B. wird mit dem 15fachen seines EV EBITA Multiple bewertet (2022 KGV: 43) und Gamesa mit dem 18fachen seines EV EBITA Multiple (2022 KGV: negativ). Selbst die chinesische Goldwind wird deutlich höher bewertet wie Nordex mit dem 13fachen des EV EBITA Multiple.
Ohne Frage Nordex ist aktuell nach den Analystenschätzungen krass gegenüber der Peer Group unterbewertet. ABER am Montag kommender Woche muss Nordex jetzt erstmal zeigen ob man auf Kurs bleibt oder nicht und da gibt es nun halt nach den Vestas/Gamesa Zahlen schon ein Fragezeichen dahinter.
Der kommende Montag wird richtig spannend werden, denn so viele Unsicherheiten wie nach den Zahlen von Vestas und Gamesa gab es bei Nordex sehr selten.