Mir ist das mit den Shorties viel zu einfach. Das was gestern Vestas gesagt hat war alles andere als positiv und die konnten nicht mal sagen welche Mehrkosten sie in den kommenden Quartalen haben werden, wegen den hohen Rohstoffkosten, größere Probleme in der Lieferkette und vor allem ganz offensichtlich große Transportprobleme, die offenbar zu Verzögerungen bei Windparkinstallationen geführt haben. Auch die hohen Transportkosten machen zu schaffen. Das alles hat Vestas alleine in Q3 zusätzliche 50 Mio. € Kosten gebracht. Ob die in Q4 höher sein werden oder nicht, kann Vestas derzeit nicht einschätzen. Da herrscht also momentan schon ein gewisser Chaos ohne Frage. Dazu geht Vestas davon aus, dass diese Probleme/Zustände mindestens bis ins 1. Hj. 2022 rein reichen werden.
Die Unischerheit bei den Mühlenbauer ist seit gestern wieder richtig drin. Das hat nichts mit den Shorties zu tun, sondern mit den gestrigen Vestas Zahlen/Aussagen. So schätze ich das ein und ich denke, dass das auch so stimmt.
Das z.B. sagte Vestas gestern:
"Das dritte Quartal war geprägt von Instabilitäten der Lieferkette und steigenden Energiepreisen sowie beschleunigten Kostenerhöhungen bei Rohstoffen, Transport und Turbinenkomponenten, was die Rentabilität stark beeinträchtigte und die Sichtbarkeit einschränkte“.
Ich will jetzt nicht sagen, dass Vestas derzeit eine Black Box ist, aber einschätzen kann man Vestas nach den Zahlen wie auch den getätigten Aussagen nun wirklich die kommenden Quartale kaum noch.
Vestas hat seine EBIT Marge für dieses Jahr mittlerweile auf 4% nach unten revidiert. Hätte Vestas nicht ein so starkes Service/Wartungsgeschäft mit einem Jahresumsatz von um die 2,4 Mrd. € und einer EBIT Marge von um die 24%, dann würden die Vestas Zahlen übel aussehen. Das ist nun mal Fakt und schlägt sich selbstredend auf die Fundamentals wie auch auf den Aktienkurs nieder. Zumindest temporär.
Wenn der Branchenprimus Vestas Probleme hat, dann könnten das seine Mitbewerber natürlich auch haben. Ist ja irgendwie logisch. Morgen kommt Gamesa mit Zahlen. Mal sehen ob die ähnliche Probleme haben oder sind die derzeitigen Vestas Probleme einfach großteils auch hausgemacht mit z.B. geringe Lagerbestände oder den vielen Vestas Produktionsstätten. Bei Gamesa könnte aber sein, dass die schon im letzten Quartal so gut wie alles abgeschrieben hat bzw. Rückstellungen gebildet haben was abzusehen war. Gamesa hat im letzten Quartal satte 229 Mio. € abgeschrieben bzw. Rückstellungen gebildet. Von dem her könnte es also schon eine positive Überraschung bei Gamesa morgen geben. Ob es so sein wird, keine Ahnung.
Nun ist es aber schon so, dass man das "kleine" Nordex nicht mit Vestas Eins zu Eins vergleichen kann und auch nicht mit Gamesa. Schon alleine darum, weil Nordex mit seinen Märkten regional viel anders aufgestellt ist wie Vestas. Zwar ist bei Vestas wie auch bei Nordex in diesem Jahr der US Markt die Nr. 1, aber bei Nordex ist schon im 1. Hj. im US Markt sehr viel gelaufen (Umsatz USA im 1. Hj. 510 Mio. € - Umsatzanteil 1. Hj. von 19%), so dass ich davon ausgehe, dass Nordex da nicht die Probleme haben wird wie es Vestas gerade hat. Nordex hatte im letzten Jahr so seine größere Probleme in den USA und das hat auch damals gutes Geld gekostet.
Nordex macht rd. 45% seiner Installationen in diesem Jahr in Europa (Vestas etwa 30%) und in Europa gibt es nicht diese extrem chaotischen Transportzustände wie in den USA oder in Asien. Dazu produziert Nordex nach wie vor den Großteil in Europa an 2 Produktionsstätten in Deutschland und Spanien. Ist viel leichter in der aktuellen Fase zu managen als Vestas mit ihren sehr vielen, global weit verstreuten Produktionsstätten. Außerdem wird es bei Nordex im kommenden Jahr eher im 2. Hj. zu vielen Installationen kommen. Das war in diesem Jahr anders. Da gab es im 1. Hj. schon 2,7 Mrd. € an Umsatz. Im 2. Hj. werden es wohl so um die 2,3 bis 2,5 Mrd. € werden. Der hohe 1. Hj. Umsatz hatte viel mit den Verzögerungen in 2020 zu tun wegen Corona. Diese verzögerten Projekte sind dann halt ins 1. Hj. 2021 gefallen. Das könnte Nordex in die Hände spielen, denn irgendwann müssen sich ja diese teilweise chaotischen Transportzustände auflösen.
Brasilien wird im kommenden Jahr der Top Einzelmarkt von Nordex werden mit wohl übr 1 GW an Installationen. Dort sollte eigentlich Nordex so gut wie keine Probleme haben. Die Gondeln werden in Brasilien in der eigenen Produktion hergestellt, die Rotorblätter werden in Brasilien von Aeris gefertigt und die Türme werden vor Ort in der eigenen Concrete Towers Produktion produziert. Soll heißen, dass Nordex in Brasilien eigentlich kaum große Transportprobleme haben sollte.
Alles in allem sehe ich die aktuellen großen Vestas Probleme mit den riesigen Transportprobleme bei Nordex nicht. Zumal Nordex Chef Blanco im Q2 CC im August noch sagte, dass er bei der 2021er Umsatzprognose keine Probleme sieht. Auf der anderen Seite sagte Blanco jedoch, dass aufgrund der Kosten es sein könnte, dass das EBITA eher am unteren Ende der Guidance (4 bis bis 5,5%) landen könnte als am oberen Ende.
Klar ist ja schon, dass Nordex mit den höheren Rohstoffkosten kämpft. Der Stahlpreis z.B. hat sich in den letzten 12 Monate etwas mehr als verdoppelt und man braucht bei den Türmen viel Stahl. Solche exorbitante Preisaufschläge kann man auch nicht gut hedgen. Zwar baut Nordex mittlerweile nicht wenige ihrer Mühlen auf ihren eigenen Betontürme (Concrete Towers) in Brasilien, Mexiko, Spanien und teilweise auch in den USA, aber der Anteil der Stahltüme dürfte dann schon bei um die 70% liegen. Hilft natürlich etwas die sehr hohen Stahlpreise umgehen zu können. Vestas und Gamesa können das nicht.
Da Nordex einen sehr hohen Installationsanteil in Europa hat dürften die Transportkosten/probleme eigentlich auch nicht so ins Kontor schlagen wie es bei Vestas der Fall ist. Aber ein Fakt zeigt schon, dass die Transportkosten/probleme auch bei Nordex ein nicht kleines Thema sind. So hat Acciona die 162 N163 Mühlen für den australischen Windpark MacIntyre "ab Produktion" gekauft. Damit organisiert und bezahlt Acciona den Mühlen/Rotorblatttransport von Indien nach Australien selbst. Das ist ein Novum bei Nordex. Normalerweise sind die Transportkosten beim Mühlenpreis inklusive. Beim riesigen MacIntyre Projekt ist das nicht der Fall. Das zeigt dann schon wie problematisch bei den Unternehmen die ganze schwer kalkulierbare Transportprobleme momentan gesehen werden.
Von größeren Lieferkettenprobleme habe ich bis jetzt bei Nordex nicht nicht viel gehört, aber die gibt es schon. Beim 171 MW großen niederländischen Windpark "De Drentse Monden en Oostermoer" mit 44 strahlungsarme N131/3900 laufen aktuell nur 14 N131, da Sonderteile für die strahlungsarmen Turbinen fehlen. Seit September sollte dieser Windpark eigentlich voll in Betrieb sein. Da dürften dann bei Nordex schon zusätzliche Kosten anfallen.
Ob dieser Turmchrash in Haltern größere finanzielle Auswirkungen bei Nordex haben wird wissen wir auch nicht. Bei den Q3 Zahlen könnten wir es erfahren, wenn Nordex dann hohe Rückstellungen vornehmen müß. Wenn JA, dann wird die ganze Sache recht teuer werden und das würde natürlich voll auf die EBITA Marge gehen. Eine Mühle ist komplett hinüber (Haltern - Kosten inkl. Abbruch wohl bei um die 6 Mio. €), eine weitere Mühle mit dem Ventureturm im Windpark Jüchen wird komplett abgebaut, weitere 18 N149 Mühlen mit Venturetürme sind nach wie vor angehalten und wie es bei dem voll im Bau befindlichen 13,5 MW großen Windpark Fuchsstadt in Bayern weiter gehen wird, der ebenfalls mit der Konfiguration N149/Venture Türme gebaut wird, weiß momentan natürlich auch niemand.
Es gibt also durchaus auch bei Nordex viele unbekannte Variablen und über die zu diskutieren oder zu informieren halte ich für viel zielführender als über Shorties. Aber ich weiß schon, diese ganzen unbekannten Variablen sind natürlich komplex. Da ist das Thema Shorties, die es bei Nordex schon immer gab, auch im letzen Jahr, und da ging es trotz der ganzen Shorties von 12 auf 22 € hoch (da waren seltsamerweise die Shorties dann kein Thema), schon sehr viel einfacher.
Sei wie es sei, der Branchenprimus Vestas hat derzeit größere Kostenprobleme und so ganz frei wird sich da Nordex sicher auch nicht machen können. Fakt ist nun mal, die Peer Group ist definitiv angeknockt und das hat mit den Shorties null zu tun, sondern mit den gestrigen Vestas Zahlen/Aussagen. Mal sehen ob da Gamesa morgen für eine bessere Stimmung sorgen kann oder auch nicht ?