Da ich beim Thema Bau die letzten Monate und Jahre persönlich involviert war und bin kann ich hier mal meine Einschätzung geben.
Ich bin nach wie vor in vielen Baugruppen auf Facebook und Co. vertreten.
Dort gab es dieses Jahr schon diverse News die die Branche so langsam aber sicher am Wachstum stoppen.
Erst war der KFW Hammer (KFW55 über Nacht weg - pro Wohneinheit fehlen da 27 TE). Dann waren die Lieferketten eh schon außer Kontrolle und dann folgte noch der Krieg und die rasante Preisrallye der Materialien geht weiter.
Und nun eben noch der "starke" Anstieg der Zinsen.
Ich merke das für viele Paare/Bauherren die monatliche Kreditrate so bei 2.000 Euro als absolutes Maximum liegt.
Damit braucht man heutzutage in ganz vielen Gegenden Deutschlands kein Haus mehr bauen/planen.
Das ist die traurige Realität.
12x2.000 und das ganze auf 30 Jahre (!!!) ergibt gerade mal 720 TE.
Unter 30 Jahren braucht man es mit der monatlichen Summe eigentlich kaum noch zu probieren.
Da sind jetzt noch keine Zinsen dabei. Und bei der Laufzeit macht es einen riesigen Unterschied ob 1,0 % oder mittlerweile weit über 2 % Zinsen. Da ist der Unterschied rein bei den Zinsen gleich nochmal ein 6-stelliger Betrag.
Mit früheren Zeiten ist dies auch nicht unbedingt vergleichbar. In Zeiten von Zinsen von 6 Prozent und mehr hat das Haus einfach nicht ansatzweise so viel gekostet. Natürlich waren auch die Gehälter niedriger aber nicht in dem Ausmaß.
Zudem früher auch das Thema der Schwarzarbeit und einiges einfach und gängiger war als heute.
Da gab es auch nicht zig Nachweispflichten und andere bürokratische Hindernisse wie in der aktuellen Zeit.
In einer großen Bauherrengruppe auf FB würde ich sagen das grob 70 % zur Zeit ihr Projekt auf Eis gelegt haben. Man bekommt ja ohnehin keine oder kaum noch verbindliche Angebote. Unser Architekt, der für ein renommiertes Büro hier in meiner Gegend arbeitet, hat für 2023 ganze NULL Aufträge bislang.... Die Preissteigerungen bei den Materialien geht unvermindert weiter. Ein Ende ist noch lange nicht erreicht.
In meinen Augen tut es nächstes Jahr einen großen Schlag für die Baubranche. Es werden sich wirklich nur noch die reichen Menschen ein eigenes Haus bauen können. Wer dann als reich gilt muss jeder selbst beurteilen.
Aber ein Einfam.Haus + Grundstück von 500qm + X baust du in den wenigsten Gegenden in meinen Augen noch unter 700 TE.
Der typische Bauherr ist jetzt auch nicht unbedingt 20 Jahre alt und hat noch 45 Jahre zu arbeiten. Ich würde eher das Durchschnittsalter auf 30 + X setzen. Da gibt es bei manchen Berufen schon das Problem noch 30 Jahre dort tätig zu sein.
Wie gesagt - alles meine persönliche Einschätzung der Lage. Ich arbeite beim größten Elektrogroßhandels des Landes - auch dort ist die Auftragslage unser Kunden aktuell noch mehr als gut. Für nächstes Jahr sieht die Stimmung aber nicht so positiv aus.
Die Elektriker wissen auch nicht mehr wie sie die ganzen Steigerungen noch weitergeben sollen.
Eine normale Hausinstallation mit herkömmlichen Material lag sonst bei grob 15 TE. Mittlerweile sind es 30 TE.
PV-Anlage mit kleinem Speicher - weitere 20 TE.
Sanitär/Heizung mit Fußbodenheizung und Wärmepumpe plus Bad und Gästebad wird unter 6-stellig schon knapp.
Von Keller und Rohbau und den anderen Gewerken gar nicht erst zu sprechen.
Helma hat da sicherlich Vorteile da sie die Materialien haben oder noch gültige Einkaufsbedingungen verhandelt haben und nach wie vor Festpreise anbieten können. Das nimmt dem Bauherren natürlich die Ungewissheit. Ohne eine Festpreisbindung ist es zur Zeit ein wahnsinniger Drahtseilakt der einen riesigen Puffer bedarf - und nerven aus Drahtseilen.
Ich bin echt gespannt wie diese Branche nächstes Jahr dasteht.