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News - 02.10.04 15:50
Börsenausblick: Experten sehen Dax und Euro im Aufwind
Der Dax dürfte in der kommenden Woche die wichtige Marke von 4000 Punkten überwinden. Auch beim Euro sin Höchststände in Sichtweite. Stärker unter Druck geraten dagegen voraussichtlich die Bondmärkte.
Die Finanzmärkte stehen in der kommenden Woche im Zeichen der US-Arbeitsmarktdaten. An den Börsen rechnen Marktbeobachter mit weiteren Kursgewinnen. Die Anleihen dürften hingegen unter Druck geraten und die Kurse fallen. Da die Experten für den Devisenmarkt keine Impulse vom G8-Gipfel erwarten, spielt bei den Währungen zunächst vor allem die Markttechnik eine Rolle. Strategen trauen dem Euro weitere Kursgewinne zu.
Im Dax stehen die Chancen gut, dass der Index die 4000-Punkte-Marke knackt. "Die Flaute ist vorbei", sagte Berndt Fernow, Aktienstratege bei der Landesbank Baden-Württemberg. Für viele Fondsmanager wäre ein Anstieg über 4000 Punkte ein Kaufsignal. Seit Mitte September war der deutsche Leitindex dreimal an dieser Marke gescheitert. Aus der psychologischen Marke sei daher nun auch ein technischer Widerstand geworden, sagte der Charttechnik-Experte Reza Darius Montassér vom Bankhaus Reuschel & Co. "Wenn der Dax über 4000 Punkte steigt, kann er schnell auf 4100 Zähler zulaufen." In Richtung 4100 Zählern sieht auch Fernow den Index klettern.
Dax führt Europas Indizes an
Am vergangenen Freitag schloss der 2,6 Prozent fester bei 3994,96 Zählern. Damit notierte der Index wieder deutlich oberhalb der 200-Tage-Linie. Im Wochenverlauf gewann der deutsche Leitindex, der zeitweise deutlich eingebüßt hatte, 2,2 Prozent. Auch die anderen wichtigen europäischen Indizes legten zu, wenngleich schwächer als der Dax. Der gewann 1,1 Prozent. Der FTSE-100 in London kletterte um 1,8 Prozent. Der CAC-40 legte um 1,5 Prozent zu.
Gebremst werden könnten die Aktienmärkte allerdings, wenn Öl sich wieder verteuert. "Die Tendenz an den Aktienmärkten steht und fällt mit der Entwicklung des Ölpreises", sagte Stefan Schießer, Chefaktienstratege der DZ Bank. Der jüngste Anstieg über die Schallmauer von 50 $ pro Barrel (159 Liter) der US-Rohölsorte West Texas Intermediate hatte aber nicht mehr stark auf die Kurse gedrückt. "Ich sehe darin ein Signal dafür, dass der Ölpreis seine Bedeutung als Hauptbelastungsfaktor verliert", sagte Schießer. "Sobald sich eine Beruhigung abzeichnet, hilft das den Aktienmärkten", sagte Fernow. "Das wäre das realistische Szenario."
Vorteile und Risiken im hohen Ölpreis
Die Experten von Commerzbank Securities wiesen aber daraufhin, dass der hohe Ölpreis für einige Branchen besonders viele Risiken berge. "Bei Unternehmen, die nur begrenzte Möglichkeiten haben, ihre zusätzlichen Kosten auf die Kunden abzuwälzen, belasten die gestiegenen Energiepreise die Gewinnentwicklung", schreiben sie im Ausblick auf diese Woche. Dies betreffe beispielsweise Chemie- und Autokonzerne. Auf der anderen Seite dürften Unternehmen wie Siemens und Schneider von den hohen Energiekosten profitieren, weil dadurch die Nachfrage nach Strom sparenden Geräten steige.
Gespannt erwarten die Anleger den Start der Berichtssaison in den USA. Da die Konzerne Alcoa und General Electric ihre richtungsweisenden Ergebnisse zum dritten Quartal erst am Donnerstag und Freitag veröffentlichen, rechnen Marktbeobachter zunächst mit einem ruhigen Handel. Die Aktienstrategen von Sal. Oppenheim gehen davon aus, dass in dieser Berichtssaison die meisten Firmen mit ihren Zahlen die Erwartungen treffen, fürchten aber, dass einige Unternehmen wegen der gestiegenen Ölpreise und der hohen Rohstoffpreise ihre Investoren negativ überraschen werden.
Schwächeres Gewinnwachstum in den USA
Bei der beginnenden Ertragssaison dürfte das Gewinnwachstum der US-Unternehmen zum ersten Mal seit über einem Jahr an Tempo verlieren. Die Wachstumsrate für die im Standard & Poor's 500 gelisteten Unternehmen hatte in den vergangenen vier Quartalen konstant über 20 Prozent gelegen und im zweiten Quartal dieses Jahr 25,7 Prozent erreicht. Dagegen sollten die Ergebnisse im dritten Quartal durchschnittlich nur noch um 14 Prozent wachsen, hieß es zuletzt beim Datendienstleister Thomson First Call. Die negativen Vorankündigungen übertreffen bislang die positiven im Verhältnis zwei zu eins.
Zahlreiche US-Analysten hatten ihre Prognosen für das gerade zu Ende gegangene Quartal in den vergangenen Wochen bereits nach und nach gesenkt. "Viele Unternehmen haben vor Enttäuschungen gewarnt", sagte Analyst Joe Liro von Stone & McCarthy, "aber ausgehend von den allseits gesenkten Prognosen kann es durchaus zu positiven Überraschungen kommen, die den Ton für das neue Quartal setzen könnten."
Arbeitsmarkt gibt die Richtung vor
Mit gemischten Gefühlen erwarten die Volkswirte wichtige Daten vom Arbeitsmarkt. Nachdem die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe zuletzt infolge der Serie von Hurrikanen an der US-Ostküste entgegen den Erwartungen gestiegen waren, scheinen weitere Überraschungen nicht ausgeschlossen. "Die längste Zeit des Jahres haben die Arbeitslosenzahlen die Stimmung an den Märkten maßgeblich beeinflusst", sagte John Shepperd von Dresdner Kleinwort Wasserstein. "Dies wird auch diesmal so sein."
Er rechnet mit 110.000 neuen Stellen im September, fürchtet aber negative Auswirkungen durch die von mehreren Hurrikanen bestimmte Wetterlage. Andere Experten vertreten hingegen die Ansicht, dass die negativen Einflüsse schon in den Erwartungen berücksichtigt sein dürften. Den Konsensprognosen zufolge sollte die Zahl der neu geschaffenen Jobs im September auf 153.000 steigen. Die Experten rechnen damit, dass die Arbeitslosenquote leicht von 5,4 auf 5,5 Prozent zunimmt.
Für den Euro ist vieles offen
Auch am Devisenmarkt hängt die Kursentwicklung maßgeblich von den US-Arbeitsmarktdaten ab. Da diese erst am Freitag veröffentlicht werden, halten Strategen zunächst technische Faktoren für bestimmend, sehen aber unterschiedliche Kursentwicklungen.
HVB-Experte Armin Mekelburg sieht den zunächst maximal bis 1,25 $ steigen, dort befänden sich technische Widerstände in Form von Verkaufsoptionen. Ob die Marke fällt, hänge vom US-Arbeitsmarktbericht ab. Sollte dieser mit über 150.000 neu geschaffenen Stellen gut ausfallen, könnte die Einheitswährung auf 1,23 $ fallen. Ein Wert unter 80.000 hingegen ließe den Euro fester notieren.
Helaba-Stratege Schwarz erwartet ebenfalls eine Konsolidierung des in der aktuellen Spanne. Zum Wochenauftakt rechnet er mit Gewinnmitnahmen, die den Euro ein wenig unter Druck bringen dürften. "Nach der starken Woche erwarte ich für den Euro kurzfristig keine großen Kursgewinne", sagte er.
Mit einem deutlich steigenden Eurokurs rechnet Folker Hellmeyer, Devisenstratege der Bremer Landesbank. Er erwartet eine negative Überraschung vom US-Arbeitsmarkt. Ein weiteres Hemmnis für das US-Wirtschaftswachstum sei der Rückgang der Steuererleichterungen im zweiten Halbjahr. "Ich sehe den Euro weiter im Aufwind", sagte der Devisenexperte. Investoren würden zu Wochenbeginn sukzessive Euro kaufen, was zu einem Kursanstieg in kleinen Schritten führen dürfte. Sollte das Juli-Hoch von 1,2461 $ nach übertroffen werden, sei "eine deutliche Bewegung nach oben" möglich. Konkret bedeute das Kurse von bis zu 1,27 $.
USA fordern Aufwertung des Renminbi
Die Devisenstrategen von Dresdner Kleinwort Wasserstein (DrKW) sind skeptischer. Sie rechnen damit, dass der Euro deutlich unter dem Juli-Hoch bleibt. Bevor diese Marke erreicht werde, würden Investoren Verkaufspositionen aufbauen, die den Kurs dann wieder drücken. "In den letzten Wochen hat jegliche signifikante Euro-Rally zu Verkaufsinteresse geführt, und zwar weitgehend unabhängig von der Qualität der US-Datenströme", heißt es in ihrem Devisenreport. Sie erwarten kurzfristig Rückgänge bis 1,2020 $, wo sich neue Einstiegsmöglichkeiten böten.
Wenig Impulse dürfte der G8-Gipfel für die Währungsmärkte liefern. Auch wenn die USA ihre Forderung nach einer Aufwertung des chinesischen Renminbi und anderen asiatischen Währungen verstärken, erwarten Strategen keine großen Veränderungen gegenüber den Abschlusskommuniqués von Florida und Dubai.
"Solange die Chinesen nicht mitmachen, werden sich die übrigen asiatischen Staaten auch nicht bewegen", sagte HypoVereinsbank-Experte Mekelburg. Eine breit angelegte Anpassung der Devisenmärkte sei fällig. Der Aufwertungsdruck liege zurzeit auf wenigen Währungen, vor allem Euro, Yen, britischem Pfund und Schweizer Franken. "Der Markt wird von den Ergebnissen das G8-Gipfels enttäuscht sein, es wird keine Aufwertung des Renminbi geben", sagte auch Dieter Schwarz, Devisenstratege bei HelabaTrust.
Am Bondmarkt rechnen Analysten mit fallenden Kursen und somit steigenden Renditen. Daniel Pfändler, Anleihestratege bei DrKW, hält 4,10 Prozent für zehnjährige Bundesanleihen und 4,25 Prozent für US-Treasuries gleicher Laufzeit für möglich. "Die Märkte dürften weitere Fed-Zinserhöhungen einpreisen", sagte er.
Zinserhöhungen sind eingepreist
Nachdem die US-amerikanische Notenbank Fed im September die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf 1,75 Prozent erhöht hatte, gehen Marktteilnehmer von einer Erhöhung auf 2 Prozent bei der nächsten Notenbanksitzung nach der US-Präsidentenwahl im November aus. Die Kursentwicklung beim Bund-Future sieht der DRKW-Experte dementsprechend negativ. Das wichtigste Kursbarometer für die Bondmärkte habe seinen Aufwärtstrend vom September nach unten durchbrochen und könnte nun die Marke von 114,80 Punkten angreifen.
Von den Notenbanksitzungen der Europäischen Zentralbank und der Bank of England, die am Donnerstag stattfinden, erwarten die Strategen keine großen Impulse. Das Hauptinteresse dürfte der Rede von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet gelten. Die nächste Zinserhöhung in der Euro-Zone sehen die Devisenexperten von DRKW im Frühjahr, die Analysten der Deutschen Bank erst im zweiten Halbjahr 2005. Die englische Notenbank hatte erst am 5. August die Leitzinsen um 25 Basispunkte auf 4,75 Prozent angehoben. Nun gehe es lediglich um die Frage, ob die Zinsen bereits ihren Höhepunkt erreicht hätten. Experten prognostizieren die nächste Zinserhöhung für November.
Quelle: Financial Times Deutschland