Ich habe die letzten Tage etwas dazu gelesen.
Schnelles Internet
Mobilfunker buhlen um knappe Frequenzpakete
Von Thomas Heuzeroth 30. September 2009, 17:23 Uhr
Aus der größten Mobilfunkversteigerung in der Geschichte der Bundesrepublik können nur drei der vier Mobilfunk-Netzbetreiber als Sieger hervorgehen. Dabei entscheidet die Auktion über das Geschäft der nächsten 20 Jahre. Das große Hauen und Stechen zwischen den Konkurrenten hat längst begonnen.
Es wird das letzte Mal sein, dass sie in vertrauter Runde in Berlin zusammenkommen. Dabei könnte es ein historisches Abschlusstreffen werden. Was die Vertreter des alten Bundestags und des Bundesrats im Beirat der Bundesnetzagentur am 12. Oktober in ihrer letzten Sitzung beratschlagen, lässt die Mobilfunker in Deutschland die Luft anhalten. Es geht um die größte Auktion von Mobilfunkfrequenzen, die es je in Deutschland gab.
Die Netzagentur will im kommenden Jahr auf einen Schlag mehr Frequenzen versteigern, als derzeit von allen Mobilfunkern zusammen überhaupt genutzt wird. „Es geht um die Marktchancen für die kommenden 20 Jahre“, macht der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, unmissverständlich klar. Der Regulierungschef zurrt in diesen Tagen die Bedingungen fest: Wer darf wie viel ersteigern? Und was muss dann mit den Frequenzpaketen geschehen? Am 12. Oktober soll der endgültige Fahrplan dafür stehen.
Eine Branche im Déjà-vu: Wie vor neun Jahren werden sich die Mobilfunker auch diesmal in einer ehemaligen Kaserne in Mainz treffen und in voneinander abgeschirmten Räumen ihre Gebote abgeben. Bei den UMTS-Frequenzen kannten die Firmen kaum Grenzen. Nach einem heftigen Bietergefecht nahm der damalige Finanzministers Hans Eichel 51 Milliarden Euro ein, was ihm den Spitznamen „Hans im Glück“ eintrug. Im Nachhinein schütteln die Beteiligten den Kopf ob der hohen Summen. Zwei der ersteigerten Frequenzpakete mussten zurückgegeben werden, weil die ehemalige Telefónica-Tochter Quam und Mobilcom keine Netze daraus bauten.
Der Finanzminister kann sich freuen
Nun macht der Staat auch diese Pakete in einer Art Frequenz-Recycling erneut zu Geld. Kein Unternehmen könnte sich solche Gebote heute noch leisten. Experten taxieren den Wert der zu versteigernden Frequenzen auf vier bis fünf Milliarden Euro. „Der Auktionserlös ist nicht das vorrangige Ziel der Versteigerung“, sagte Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, der „Welt am Sonntag“. „Wir wollen nicht, dass Unternehmen dadurch in die Knie gehen.“ Dass sich der nächste Finanzminister trotzdem über die Summe freut, will aber auch Pfaffenbach nicht bestreiten.
Die seinerzeit häufig geäußerte Sorge, Milliardenzahlungen für Frequenzen könnten notwendige Netzinvestitionen hemmen und die Tarife für Nutzer anheben, teilt Regulierungschef Kurth nicht. „Die Furcht war auch bei der UMTS-Versteigerung vor neun Jahren unbegründet“, sagte er im Gespräch mit der WELT. „Wir haben heute im europäischen Vergleich niedrige Tarife und die beste Netzqualität.“
Bereits vor der Versteigerung ist es zum Dauerstreit zwischen den Mobilfunkern gekommen. „Je näher der Termin kommt, desto größer wird offenbar das Interesse“, sagt der deutsche Vodafone-Chef Fritz Joussen. Kurth spricht von einer „natürlichen Nervosität“ bei allen Beteiligten. Tatsächlich haben alle Mobilfunker mit einer Armada von Lobbyisten versucht, Einfluss auf die Politiker zu nehmen.
Knappe Frequenzen
Der Streit geht vor allem um einen Frequenzbereich, den bislang die Rundfunksender in Deutschland nutzten. Weil die Übertragung der Programme auf die digitale Technologie umgestellt wurde, sind diese Frequenzen, die als digitale Dividende bezeichnet werden, frei geworden. Obwohl sie nur einen kleinen Teil des zu versteigernden Spektrums ausmachen, gelten sie als Perle der Auktion. Der Grund: Diese Frequenzen zwischen 790 und 862 Megahertz sind im Vergleich zu den UMTS-Frequenzen niedrigwellig und eignen sich besonders dazu, ländliche Regionen mit drahtlosem Internet zu versorgen, weil dafür nur wenige Antennenstandorte notwendig sind.
Doch ausgerechnet die digitale Dividende ist ein knappes Gut. Nur sechs Pakete à fünf Megahertz können versteigert werden. Wirtschaftlich lässt sich ein Netz nur mit mindestens zwei dieser Pakete betreiben. Damit können nur drei Bieter zum Zuge kommen. Einer der vier Mobilfunker wird also leer ausgehen. Dass ein branchenfremdes Unternehmen die Frequenzen ersteigert, ist unwahrscheinlich. Ohne schon vorhandene Mobilfunk-Basisstationen wäre der komplette Neubau eines Netzes zu kostspielig. Die kleineren Netzbetreiber O2 und E-Plus setzen daher alles daran, die Auktionsbedingungen soweit anzupassen, dass sie nicht zu den Verlierern gehören.
Dabei werfen sie einen historischen Nachteil ins Spiel. Weil die kleineren Mobilfunker später gestartet sind als T-Mobile und Vodafone, haben sie in bestimmten Frequenzbereichen trotz späterer Nachbesserung nur wenig Spektrum bekommen. Die nächste Versteigerung könnte das ausgleichen. „Die anstehende Auktion bietet die einmalige Chance, diese Benachteiligung zu beseitigen“, sagt Markus Haas, Regulierungschef bei Telefónica O2 in Deutschland. Vodafone will das Argument nicht gelten lassen. „Im Mobilfunk wird in den Städten das Geld verdient. Dort haben E-Plus und O2 schon heute viel mehr und die wertvolleren Frequenzen“, sagt Vodafone-Chef Joussen. „Auf dem Land brauchen O2 und E-Plus nicht mehr Frequenzen, sondern sie müssen wie T-Mobile und Vodafone in Basisstationen investieren.“
Alle Beteiligten betonen nun ihre Nachteile. Tatsächlich sieht auch Regulierungschef Kurth eine ungleiche Verteilung. Einen Ausgleich will er schaffen, indem er Kappungsgrenzen in die Versteigerungsbedingungen einbaut. Sein Regelwerk, das er nun an die Beiratsmitglieder verschickt, sieht nach Informationen der WELT vor, dass T-Mobile und Vodafone höchstens zwei der sechs Frequenzblöcke der digitalen Dividende ersteigern dürfen, E-Plus und O2 je drei, nur ein branchenfremdes Unternehmen dürfte vier Blöcke bekommen.
Harte Konkurrenz
Vodafone und T-Mobile könnten mit einer solchen Lösung gut leben, wie es in Unternehmenskreisen heißt. O2 und E-Plus aber wollten mehr und forderten für T-Mobile und Vodafone die Beschränkung auf nur einen Frequenzblock. „Das wäre ein faktischer Ausschluss aus der Auktion“, konterte die Telekom. „Wir würden dagegen mit Sicherheit rechtlich vorgehen.“ Obwohl dieser Vorschlag sich nicht im Regelwerk der Netzagentur wiederfindet, wird es möglicherweise zu einem Nachspiel vor Gericht kommen. „Herr Kurth hat sich gegen den Wettbewerb im Mobilfunk entschieden“, sagte E-Plus-Chef Thorsten Dirks der WELT. Mit den Auktionsregeln verstoße die Agentur gegen den gesetzlichen Auftrag der Regulierung, für mehr Wettbewerb zu sorgen und damit gegen geltendes Recht.
Nun erwägt auch E-Plus nach eigenen Angaben eine Klage gegen die Netzagentur. Dass ausgerechnet E-Plus die Drohkulisse aufbaut, ist kaum verwunderlich. Im Vergleich zu Telekom, Vodafone und auch der O2-Muttgergesellschaft Telefónica gehört die KPN-Tochter E-Plus eher zu den Unternehmen, denen die Auktion möglicherweise zuerst das Budget sprengt. Nun hofft das Unternehmen auf Unterstützung aus dem Beirat der Netzagentur. In diese Richtung zielt auch die Warnung des E-Plus-Chefs Dirks: „Sollte die Auktion mit diesen Regeln an den Start gehen, sehe ich das Breitbandziel der Bundesregierung ernsthaft in Gefahr.“
Tatsächlich hat die Breitbandstrategie der Bundesregierung überhaupt erst dafür gesorgt, dass die digitale Dividende versteigert wird. Denn freiwillig wollten die Rundfunkanstalten ihre Funkwellen nicht abgeben. Weil Rundfunk in Deutschland aber Ländersache ist, musste erst der Bundesrat zustimmen. Das funktionierte am Ende nur durch den Druck der Bundesregierung: In ihrer Breitbandstrategie hat sie festgeschrieben, dass bis Ende 2010 jeder Haushalt in Deutschland mit einer Internet-Geschwindigkeit von mindestens einem Megabit pro Sekunde erreichbar sein soll. Ohne digitale Dividende sind die weißen Flecken kaum zu versorgen, da sind sich die Beteiligten einig.
Einen Kompromissvorschlag, dem sich O2 und E-Plus verschrieben hatten, wiesen Vodafone und T-Mobile von sich. Damit die großen Netzbetreiber doch noch zwei Frequenzpakete der digitalen Dividende ersteigern dürfen, sollten sie einen Teil ihrer alten Frequenzen abgeben. „Das ist blanker Unsinn”, sagt Vodafone-Chef Joussen. Tatsächlich laufen die Netze in den Ballungsgebieten unter Volllast. „Eine Umverteilung würde die Kapazitäten drastisch reduzieren und das Netz zusammenbrechen lassen.” Auch die Telekom wehrt sich gegen den Vorschlag. Internen Berechnungen zufolge müsste sie bis zu 500 Millionen Euro in das Netz investieren, um die alte Kapazität wieder herzustellen. In kurzer Zeit ist das kaum machbar.
So sieht Joussen hinter dem Vorschlag eine andere Absicht: „Es geht wohl in erster Linie darum, die Konkurrenten zu schädigen. Mit einer solchen Haltung erreichen wir aber nicht die Ziele des Breitbandgipfels und so versorgt man wohl auch nicht zeitnah die weißen Flecken.“
www.welt.de/webwelt/article4685492/...appe-Frequenzpakete.html
Wer seine Ziele zu schnell erreicht, hat sie meist zu niedrig gesetzt.