Wir haben es jetzt schwarz auf weiß. Spanien funkt das erste S.O.S. Europa ist in wenigen Wochen schon um eine
"finanzielle Attraktion" reicher. Eine Immobilienkrise breitet sich gerade über das Land aus.
Die Toreros auf dem Häusermarkt werden jetzt reihenweise von ihren eigenen Bullen umgerannt, bevor ihnen das
passiert, was man inzwischen schon anschaulich in den ersten US-Zeltstädten beobachten kann. Wenn man sich den
spanischen Häusermarkt und die Verschuldung der dortigen Bürger genauer anschaut, bleibt einem nur ein "Au Backe!"
im Halse stecken. Vor der Wahl Anfang März durfte das offenbar noch niemand wissen. Heute sind wir ein Stückchen
schlauer. Die Hausverkäufe brachen im Januar im Vergleich zum Vorjahr um 27% ein, meldet das Statistikamt. 26%
weniger Hypothekenkredite wurden vergeben. Es ist wie in den USA. Vielleicht sogar schlimmer. Im vergangenen Jahr
wurden 14% weniger Wohnungen verkauft. Und ich höre noch das Pochen der Werbetrommel für diese tollen
spanischen Pfandbriefe, die Anfang des Jahres schon mal "suspekt" geworden sind. Alles toll! Alles gut besichert! Na
womit wohl? Na mit Immobilien, oder das, was man da so kennt. Ich erinnere mich auch noch an die weiß angemalten
Hohlblocksteine, die es auf Mallorca im letzten Jahr schon für 200.000 Euro zu kaufen gab. Es wurde noch wild gebaut,
da schossen schon die Schilder mit der Aufschrift "Se vende" (zu verkaufen) wie Pilze aus dem Boden. Auch auf fast
jedem vierten Luxusboot im Hafen von Cala d'Or war "Se vende" zu lesen. Jetzt schießt der Schilderwald auf dem
Festland ins Kraut. Mit dem Immobilienmarkt bricht der wichtigste Konjunkturpfeiler der Spanier weg. Und jetzt?
Angesichts der nunmehr massiven Schwäche rechnen Volkswirte für dieses Jahr mit einem drastischen Einbruch des
Wirtschaftswachstums. Doch wo bitteschön waren diese Experten und haben Feuer!!! gerufen, als die kreditfinanzierten
Sandburgen im Preis begannen zu rutschen? Auf dem Sonnenauge blind? Das war keine Leistung, und schon gar keine
aus Leidenschaft. Vor wenigen Monaten noch wurde dem Anleger ein immerwährenden Häuserboom versprochen und
spanische Jumboanleihen angepriesen. Selbst Praktikanten in der dritten Ausbildungswoche sahen in ihrem
Sommerurlaub, dass das so nicht gutgehen kann. Und es ging nicht gut. Diese vielen "Se vende" - Schilder mussten
einem schon im letzten Sommer "spanisch" vorkommen.
Spanien hat wie Italien, Portugal und Griechenland unglaublich und lange Zeit von den niedrigen Zinsen in der Eurozone
profitiert. Letztlich konnten diese Länder plötzlich die Früchte der Stabilitätspolitik der Deutschen Bundesbank ernten,
ohne jemals etwas dafür getan zu haben. Die unverhoffte Politik des billigen Geldes ließ den Verschuldungsmotor in
diesen Ländern immer schneller laufen. Und dies war dann der Treibsatz für den Konsum und die Betonburgen, die nun
überall oft unverkäuflich herumstehen.
Doch diese Häuser sind nicht das einzige Problem am Mittelmeer. Das Land, dass seine frühere Peseta bei jedem
Problem abwerten konnte, besitzt nun den starken Euro, der jeden Export abwürgt. Abwerten geht nicht mehr. Zudem
sind die Spanier bis zur Halskrause verschuldet. Über drei Viertel aller Spanier (76 Prozent) geben mehr als 40 Prozent
ihrer Einkünfte zur Begleichung von Hypothekenschulden und Konsumentenkrediten aus. Das sind 13 Prozent mehr als
noch vor fünf Monaten. Die Zahlen wurden am Wochenende von der Agencia Negociadora de Productos Bancarios
veröffentlicht. Ich habe es nicht geprüft, aber das klingt nach S.O.S. und dem Ruf nach der Feuerwehr mit einem ganz
dicken Löschschlauch.
Die EZB sollte schon jetzt mal die Geldbeutel zurechtlegen. Da gibt es bestimmt genügend Probleme zu lösen, und sei
es mit frisch gedrucktem Geld. Oder die Zinsen senken? Oder beides? Ich wüßte nicht, was ich täte für ein Land, in dem
die Inflation schon siedet. Und auch Herr Steinbrück sollte seine Geldbörse dicht am Mann halten, wenn europäische
Hilferufe an sein Ohr dringen. Schließlich hat Deutschland im letzten Jahr einen Leistungsbilanzüberschuss von 200
Mrd. EUR eingefahren.
Die Buchmacher nehmen inzwischen gerne Wetten auf die nächsten umfallenden Kandidaten an. Großbritannien?
Irland? Frankreich? Griechenland? Der ganze Ostblock? Ich befürchte, sie werden alle der Reihe nach kippen.
Übrigens, drei von elf Spaniens Immobilienkönigen sind wieder aus der Forbes-Liste verschwunden. Die Götter
kümmern sich gerade um die restlichen acht.
Nichts währt ewig.
Frank Meyer - TV-Moderator bei n tv
www.frank-meyer.tv/
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