Die Hintermänner der Ratingagenturen besitzen somit ein enormes Machtpotential durch diese Bewertung: die Ratingagenturen sind keineswegs unabhängige Institutionen, die objektiv und neutral über die Schuldner dieser Welt wachen. Es sind private Firmen, die allein ihren Mitarbeitern und Aktionären verpflichtet sind. Ein Ausdruck dieser Macht ist beispielsweise, dass sich Unternehmen, die auf dem amerikanischen Markt mitmischen wollen, zuvor von zwei „unabhängigen“ Ratingagenturen bewerten lassen müssen. Es gibt in den USA aber nur drei ernst zu nehmende zugelassene Ratingagenturen: Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch mit einem Gesamt-Marktanteil von 93 Prozent – ein Quasi-Monopol.
Ein Blick auf die Besitzverhältnisse, sehr gut recherchiert von Dirk Müller in seinem Buch „Crashkurs“, eröffnet weitere Abhängigkeiten: größter Aktionär bei Moddy’s ist mit über 18 Prozent Berkshire Hathaway, das von Warren Buffet, dem reichsten Mann der Welt, geleitet wird. Zweitgrößter Aktionär ist Davis Advisors, ein familiengeführter Fonds der Davis-Familie, die auch mit der Bank of New York eng verbunden sind und deren Fonds seit Jahr-zehnten überdurchschnittlich gut abschneiden – wohl dank der möglichen tiefen Blicke in die Bücher der großen Unternehmen. Barclays und Goldman Sachs sind weitere Beteiligte von Moody’s.
Standard & Poor’s bietet noch interessantere Strukturen: Eigentümer ist hier der McGraw-Hill-Konzern, dessen Geschäftsfeld hauptsächlich die Bereiche Finanzen, Bildung und Me-dien umfasst. Aus dieser Mischung ergibt sich eine ungeheure Machtfülle: als Herausgeber von Lehrbüchern für Schulen und Universitäten sowie Wirtschaftsmedien wie die Business Week und diversen Fernsehsendern trägt dieser Konzern in großem Maß zur Meinungsbildung der globalen Finanzwelt bei. Gemeinsam mit der Ratingagentur S&P, 100-prozentige Tochter des McGraw-Hill-Konzerns, ergibt sich hier ein Bild der totalen Machtfülle.
Diese „unabhängigen“ Ratingagenturen entscheiden darüber, wer Kredit bekommt und wer nicht, wer Erfolg hat im Wirtschaftsleben und wer scheitern wird. Mit dieser Monopolstellung wird den Ratingagenturen eine Macht zuerkannt, die also über Wohl und Wehe von Unternehmen, ja von ganzen Staaten entscheidet. Ihre Kriterien, mit denen sie die Bewertung vornehmen, sind übrigens streng geheim.